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Ankommen im Klassenzimmer: Ein Balanceakt

29.08.2025 • 18:49 Uhr
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Auf anfängliche Begeisterung folgt bei Neueinsteigern oft Ernüchterung.APA/TECHT

Eine österreichweite Studie zeigt: Der Start ins Lehramt ist oft herausfordernd. Ob er gelingt, hängt maßgeblich von guter Begleitung und Mentoring ab. Dies unter­streicht auch Anne Frey, Vizerektorin an der PH Vorarlberg.

Der Übergang von der pädagogischen Ausbildung in den Schuldienst ist für viele junge Lehrkräfte in Österreich eine Phase voller Herausforderungen. Eine Studie, „Berufseinstieg im Lehramt“, aller 14 Pädagogischen Hochschulen Österreichs unter der Leitung von Matthias Huber (Pädagogische Hochschule Kärnten) untersucht, wie Berufseinsteiger ihren Start erleben, welche Kompetenzen sie mitbringen, welche Belastungen sie empfinden – und welche Unterstützung sie sich wünschen. Die Untersuchung basiert auf Daten des Forschungsnetzwerks FONEB (Forschung zum Berufseinstieg in das Lehramt in Österreich) und wurde von Autoren aus allen Pädagogischen Hochschulen des Landes getragen. Erfasst wurden mehrere Dimensionen des Berufseinstiegs: Ausgangslage, Kompetenzeinschätzung, Persönlichkeit, Emotionen, Mentoring sowie die Rolle von Schulleitungen. Ziel war es, die Übergangsphase in ihrer ganzen Breite zu analysieren und daraus Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis abzuleiten.

Induktionsphase

Der Start ins Berufsleben gestaltet sich für viele Lehrpersonen herausfordernd – insbesondere im Hinblick auf die Führung heterogener Klassen. Bildungspolitisch wurde daher 2019 mit der Einführung der Induktionsphase, einem umfassenden Unterstützungsprogramm, reagiert. Junglehrpersonen bereiten sich in der letzten Ferienwoche an der Pädagogischen Hochschule auf ihren unmittelbaren Berufseinstieg vor und bekommen an den Schulen eine erfahrene Mentorin oder einen Mentor zur Seite gestellt. Als besonders wirksam erweist sich eine gute Begleitung: Dort, wo ein strukturiertes Mentoring durch erfahrene Kollegen vorhanden ist, fällt der Einstieg deutlich leichter.

Portraits
Anne Frey, Vizerektorin an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg in Feldkirch. PHV

Immer weiter verbessern

An der PH Vorarlberg in Feldkirch ist Anne Frey, Vizerektorin für Lehre und Unterrichtsforschung, für die Umsetzung der Einführungslehrveranstaltungen zur Induktionsphase verantwortlich. Rund 350 Personen sind in der kommenden Woche in Feldkirch und besuchen sämtliche Seminare und Lehrveranstaltungen. Frey stuft die Induktionsphase als „gewinnbringend“ ein: „Die Junglehrerinnen und -lehrer werden im System unterstützt.“ Das formale Konzept wird laufend evaluiert – mit dem Ziel, es „immer weiter zu verbessern und danach umzusetzen“.

Druck spürbar mindern

Laut Studie berichten einige der Befragten, dass solche Programme ausbaufähig seien oder nur formal bestünden. Fast 80 Prozent hingegen schätzen die Möglichkeit, mit Dienstantritt unterstützende Maßnahmen zu erhalten. Großen Einfluss haben auch Schulleitungen: Wertschätzung, transparente Kommunikation und aktive Unterstützung können den Druck spürbar mindern. Bleibt diese Führung aus, steigt hingegen das Risiko von Frustration und vorzeitigem Ausstieg aus dem Beruf.

„Die Ergebnisse der gemeinsam von allen 14 Pädagogischen Hochschulen österreichweit durchgeführten Studie „Berufseinstieg im Lehramt“ ist für die Weiterentwicklung der Aus-, Fort- und Weiterbildung an den Pädagogischen Hochschulen essenziell.“

Beatrix Karl, Vorsitzende der Rektorinnen- und Rektorenkonferenz der österreichsichen Pädagogischen Hochschulen

Persönlichkeit

Lehrperson zu sein bedeutet, Verantwortung für die Entwicklung und das Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler und zugleich für sich selbst zu übernehmen. Ob der Start gelingt, hängt jedoch nicht allein von den Rahmenbedingungen ab – auch die Persönlichkeit spielt laut Studie eine entscheidende Rolle. Wer optimistisch denkt und bereit ist, das eigene Handeln zu reflektieren, kommt besser zurecht. Dagegen können Perfektionismus oder Unsicherheit den Einstieg erheblich erschweren.


Emotional fordert der Berufseinstieg die jungen Lehrerpersonen stark. Phasen von Stress, Selbstzweifeln und Erschöpfung gehören ebenso dazu wie positive Gefühle von Begeisterung und Stolz. Ausschlaggebend für das Durchhalten ist vor allem die Fähigkeit, mit diesen Emotionen umzugehen und Vertrauen in die eigene Wirksamkeit zu entwickeln.

Entscheidender Moment

Die Studie macht deutlich: Der Berufseinstieg in das Lehramt ist ein entscheidender Moment, der über Verbleib oder Abbruch im Beruf mitentscheidet. Österreichs Schulen – und selbstverständlich auch jene in Vorarlberg – stehen angesichts des Lehrkräftemangels besonders unter Druck, hier gute Rahmenbedingungen zu schaffen: hochwertige Mentoring-Programme, gut ausgebildete Mentoren und ein unterstützendes Netzwerk an der Schule.

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Die Studie macht deutlich: Der Berufseinstieg in das Lehramt ist ein entscheidender Moment, der über Verbleib oder Abbruch im Beruf mitentscheidet. shutterstock

Mentoring wichtig

Junge Lehrkräfte bringen viel Motivation mit, stoßen jedoch mitunter an strukturelle und persönliche Grenzen. Der Erfolg ihres Starts hängt wesentlich von Begleitung, Wertschätzung und stabilen Rahmenbedingungen ab. Anne Frey, Vizerektorin der PH Vorarlberg und Mitglied des Kernteams der Studienleitung, unterstreicht die Wichtigkeit des Mentorings und hebt eine hochwertige Ausbildung von Mentoren hervor.

Stärker fördern

Bildungsbehörden und Schulen sind somit gefordert, den Übergang vom Studium in den Beruf qualitätsvoll zu gestalten, damit aus anfänglicher Begeisterung nicht frühzeitige Ernüchterung entsteht. Matthias Huber, wissenschaftlicher Leiter und Projektkoordinator der Studie, abschließend: „Die Studie zeigt: Besonders sozial-emotionale Kompetenzen sind in der Lehramtsausbildung und im Schulalltag wichtig. Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen an Österreichs Schulen sollte diese gegenüber fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen stärker gefördert werden.“