Sabine Meyer feiert ihr letztes Konzert

Die 66-Jährige beendete ihre aktive Konzertlaufbahn mit einem letzten Auftritt bei der Schubertiade. 40 Jahre lange war sie dem Festival eng verbunden.
Am Freitag musizierte Sabine Meyer gemeinsam mit dem Leonkoro Quartett eines der großen Klarinettenquintette, bevor sie am Sonntag gemeinsam mit einem hochkarätigen Vokalensemble und mit Helmut Deutsch am Flügel ihr nun wirklich letztes Konzert bei der Schubertiade gab.
Klangschön
Zuvor zeigte das Leonkoro Quartett, warum es zu den derzeit vielleicht interessantesten Ensembles der Streichquartettszene gehört, selbst wenn die Umstände wegen einer Umbesetzung noch spannender sind. „Leonkoro“ bedeutet in Esperanto „Löwenherz“, das bekannte Kinderbuch von Astrid Lindgren stand Pate für das Ensemble, in dem die Brüder Jonathan und Lukas Schwarz an erster Violine und Violoncello den klanglichen Rahmen bilden. Indem nun an Stelle von Amelie Wallner die Japanerin Tsukushi Sasaki als zweite Geige an die Seite der Bratschistin Mayu Konoe trat und sich mit großer Präsenz und Klangschönheit einbrachte, wirkte es, als seien auch die Mittelstimmen Geschwister, die mit größter Selbstverständlichkeit harmonieren.

Filigrane Raserei
Im Sonnenquartett op. 20/4 von Joseph Haydn bestach die intensive Kommunikation, die nicht nur vom Primarius, sondern auch vom Cellisten ausgeht und auf die anderen überspringt. Im langsamen Variationensatz stellte sich jedes Instrument allein und im fein ausgehorchten Verbund mit den anderen vor, im Scherzo war das Widerborstige von Haydn wunderbar herausgearbeitet, bevor sich die vier in filigraner Raserei zu einem Tanz auf der Bogenspitze sammelten. In Felix Mendelssohns a-Moll-Quartett op. 13 bestaunte man einmal mehr die Reife des jungen Komponisten, glänzend und bohrend umgesetzt und mit warmem Klang und großer Empathie dargeboten.
Farbenreich
Mit der Interpretation des Klarinettenquintetts von Johannes Brahms, das so wunderbar in den Herbst passt, galt es dann, die Klarinettistin Sabine Meyer bei ihren letzten Auftritten zu begleiten. 40 Jahre war sie der Schubertiade verbunden, immer wieder hat man sie als Solistin und Kammermusikerin erlebt, im Trio di Clarone mit ihrem Ehemann Reiner Wehle und ihrem bereits verstorbenen Bruder Wolfgang Meyer, mit ihrem Bläserensemble oder als Partnerin von Sängerinnen. Das Repertoire für die Klarinette mag relativ schmal sein, doch immer erweckte sie es mit Farbenreichtum, unendlich wirkendem Atem und Entdeckungsfreude zum Leben, nie gab es ein routiniertes „schon wieder“ …
Betörend feine Dynamik
Nachdem sie als Hochschulprofessorin bereits in Pension gegangen ist, wird die 66-Jährige im November auch ihre Konzerttätigkeit beenden. Dafür hat sie sich bei der Schubertiade in diesem Jahr vier Mal mit verschiedenen Streichquartetten zusammengetan, um die großen Quintette von Mozart, Reger, Weber und eben Brahms zu musizieren, das jetzt den herrlichen Schlusspunkt setzte. Betörend die fein differenzierte Dynamik im Zusammenspiel mit Primarius Jonathan Schwarz oder die silbrig gesponnene Oberstimme im langsamen Satz, in dem sich hochexpressive Registerwechsel auftaten. Nach den geisterhaften Wasserfallpassagen des Scherzos erlebte man den finalen Variationensatz in all seiner orchestralen Intensität, aber auch seiner Zerbrechlichkeit und dem großen „Ausatmen“ im stillen Schluss.
Sie flüstert und jodelt
Ihren letzten „offiziellen“ Auftritt aber hatte sich Sabine Meyer am Sonntag für Schuberts „Der Hirt auf dem Felsen“ vorbehalten: Hier ist die Klarinette der Spiegel der Sopranstimme, sie verströmt sich in langen Kantilenen, sie flüstert und jodelt und sie verschmilzt derart mit der Sopranistin, dass die eine aus der anderen hervorzuwachsen scheint – mit der Stimme von Christiane Karg verbindet sich Sabine Meyers Klarinette auf besonders innige Weise! Dieses beflügelte Zusammenspiel der Künstlerinnen war ein letzter Höhepunkt in einem Ensembleabend, der neben Christiane Karg die glutvolle Stimme der Mezzosopranistin Sophie Rennert, den lyrisch-dramatischen Tenor von Ilker Arcayürek und das sonore Fundament von Bariton Samuel Hasselhorn vereint hatte: Der Vorarlberger Hornist Anton Doppelbauer bot zusammen mit Arcayürek die sehnsüchtigen Kantilenen von Schuberts „Auf dem Strom“, die Stimmen wechselten sich allein, zu zweit oder im kraftvollen Quartett ab und wurden von Helmut Deutsch in unvergleichlich differenzierter Weise auf Händen getragen.

Ende der 50. Schubertiade
Damit ist diese intensive 50. Jubiläums-Schubertiade auf bewegende und umjubelte Weise zu Ende gegangen, im kommenden Jahr feiern Gerd Nachbauer, sein Team und eine wie immer hochkarätige Schar von Künstlerinnen und Künstlern dann 50 Jahre Schubertiade: Die Schwerpunkte verschieben sich, zwei auf jeweils fünf Tage verkürzte Episoden in Schwarzenberg treffen auf vier Perioden in Hohenems. Im ersten Block wird jenes Programm präsentiert, das Herrmann Prey und Gerd Nachbauer für die allererste Schubertiade entwickelt hatten, das Hagen Quartett verkündet seine Auflösung nach zwei Konzerten im Juni, neue Ensembles treffen auf vertraute Persönlichkeiten – man darf gespannt sein!
Katharina von Glasenapp