Nationalfeiertag und warum man ihn feiern soll

Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern feiern die Österreicher den Nationalfeiertag eher selten.
Am kommenden Sonntag ist in Österreich Nationalfeiertag. Für viele bedeutet das in erster Linie ein freier Tag – Gelegenheit, auszuschlafen, wandern zu gehen oder die letzten warmen Herbsttage zu genießen. Große Feiern, Straßenumzüge oder Feuerwerke, wie sie in anderen Ländern üblich sind, bleiben hierzulande meist aus. Während in den USA der sogenannte „Fourth of July“ mit Paraden und Festen zelebriert wird, geht es in Österreich deutlich ruhiger zu.
Nationalstolz
Dass der Nationalfeiertag bei uns ein maximal besinnlicher Anlass, sofern er überhaupt einer ist, hat historische Gründe. Das Verhältnis vieler Österreicher zu Begriffen wie „Nationalstolz“ ist geprägt von der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der schwierigen Aufarbeitung der NS-Zeit tat man sich lange schwer damit, nationale Symbole unbeschwert zu feiern.
Historischer Hintergrund
Dabei steht der Nationalfeiertag nicht für Überheblichkeit oder Abgrenzung, sondern für etwas anderes: die Wiedererlangung der Unabhängigkeit und die politische Selbstbestimmung des Landes. Grundlage dafür war der österreichische Staatsvertrag, der am 15. Mai 1955 unterzeichnet wurde und die Besatzungszeit nach dem Krieg beendete. Nur wenige Monate später, am 26. Oktober 1955, beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität – Österreich erklärte darin, keinem Militärbündnis beizutreten und keine ausländischen Stützpunkte auf seinem Boden zuzulassen.
Diese Entscheidung gilt bis heute als zentrale Säule der österreichischen Außen- und Sicherheitspolitik. Der Nationalfeiertag erinnert seither an diesen historischen Moment. 1965 wurde der 26. Oktober schließlich offiziell zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Inzwischen ist der Tag nicht nur ein Symbol der Neutralität, sondern auch ein Anlass, über den Wert von Freiheit, Frieden und Unabhängigkeit nachzudenken.
Bewusst und nachdenklich
Jedes Jahr organisiert das Bundesheer am Heldenplatz in Wien eine Leistungsschau, bei der Ausrüstung, Einsätze und internationale Kooperationen vorgestellt werden. Viele Ministerien, Museen und öffentliche Einrichtungen öffnen ihre Türen für die Besucher. Dennoch bleibt der Tag für die meisten Österreicher eher ein stilles Gedenken als ein rauschendes Fest.
Vielleicht ist genau das typisch österreichisch: die leisen Töne, die Reflexion statt der großen Geste. Und vielleicht liegt darin auch eine Form des Stolzes – nicht laut, nicht überheblich, sondern bewusst und nachdenklich. Denn der Nationalfeiertag erinnert uns daran, wie wertvoll es ist, in einem freien und unabhängigen Land zu leben. In diesem Sinne hat die NEUE Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen wie Wirtschaft, Kunst, Kultur und dergleichen dazu befragt, was der Nationalfeiertag für sie persönlich darstellt.

“Der Nationalfeiertag erinnert mich daran, in welch stabilem und freien Land wir leben dürfen – wirtschaftlich, demokratisch und gesellschaftlich. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Neutralität und Unabhängigkeit bedeuten für mich nicht, sich rauszuhalten, sondern Brücken zu bauen und Verantwortung zu übernehmen – gerade in Europa. Wir haben alle Möglichkeiten, unsere Zukunft aktiv zu gestalten: mit Mut, Ideen und dem Willen, Dinge besser zu machen. Das sind wir auch der nächsten Generation schuldig, die in einem starken, offenen und zukunftsfähigen Europa leben soll.”
Thomas Gabriel, Unternehmer

Ich bin allen sehr dankbar, die damals den Frieden für Österreich besiegelt haben, dafür eingestanden sind und es heute immer noch tun. Es ist ein Privileg in einem so schönen und sicheren Land wie Österreich/Vorarlberg leben zu dürfen. Für mich und meine Familie keine Selbstverständlichkeit.
Ulrike Bitschnau, Obfrau Landestrachtenverband

Der Nationalfeiertag ist – wie der Name schon sagt – für mich ein Feiertag, der den Beginn einer neuen, demokratischen Zeit markiert: den Beschluss des Gesetzes über die Österreichische Neutralität. Das „Feiern“ sollte dabei durchaus wörtlich genommen werden – denn zu feiern bedeutet, etwas Erhabenes und Würdevolles zu begehen, zugleich aber auch etwas Seltenes und sehr Schönes zu erleben.
Werner Matt, Stadtarchivar Dornbirn

Ein Nationalfeiertag muss nicht immer mit Patriotismus zu tun haben. Er erinnert uns auch daran, dass eine kulturelle Identität aus mehr als nur einer Nation besteht, nämlich aus Verbindung, Vielfalt und Weltoffenheit. Die eigenen Wurzeln nicht zu vergessen ist wichtig, aber ebenso braucht es den Blick nach vorne und den Mut, gemeinsam ein positives Zukunftsbild zu gestalten, ohne sich auf Traditionen auszuruhen.
Diana Eglseder, Geschäftsführerin Startup Vorarlberg GmbH