Sport

Wer es ernst nimmt, kann Spaß haben

09.12.2025 • 20:48 Uhr
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Der frisch gebackene WBA–Europameister Edin Puhalo (l.) ließ sich ordentlich feiern. Jochen Dedeleit

Die „WBA-Title-Fightnight“ in der Schorenhalle, wo es zwischen Edin Puhalo und Rashad Karimov um die WBA-Europameisterschaft ging und es ein Wiedersehen mit Edin Avdic gab, verkam zur Farce. Der Gegner des Innsbruckers wurde vom ÖBV ab 2026 suspendiert. Zwischen den Boxclubs Dornbirn und Steinadler war alles weniger vorhersehbar.

“Ich habe sie beim BC Dornbirn schon gewarnt: Danach wollen alle Profis werden“, meinte Sulejman Kubat vor der vor drei Wochen vom Team Avdic fixierten „WBA-Title-Fightnight“, bei der es die ersten Profiboxkämpfe in der Schorenhalle zu sehen gab. Edin „Iron Puki“ Puhalo aus Bosnien-Herzegowina setzte sich mit dem Deutschen Rashad Karimov um den Titel des WBA-Europameisters im Cruisergewicht auseinander, davor gab es ein Wiedersehen mit Edin Avdic, der seit vier Jahren in 13 Profikämpfen ungeschlagen ist, als erster Österreicher International Champion der World Boxing Association ist (einer der vier großen Weltverbände) und im Supermittelgewicht auf Fadhili Rajabu aus Tansania traf. Wie erwähnt, diese Worte richtete der Sportliche Leiter des BC Steinadler, der quasi in der ers­ten Veranstaltung des Abends einen Vergleichskampf mit fast einem Dutzend Boxern – unter anderem gegen eine Handvoll Boxer des gastgebenden Boxclubs – auf die Beine stellte, an die Mannen um Toni Schrott, dem Cheftrainer des BC Dornbirn.

Boden der Tatsachen

Nach den beiden Profikämpfen konnte man durchaus geteilter Meinung sein. Je nachdem auf welcher Seite man stand, konnte durchaus eine gewisse Begeisterung aufkommen. Denn die beiden Edins vom Team Avdic hatten nur wenige Minuten zu tun, um ihre Bilanzen aufzubessern, sich gebührend feiern zu lassen und im Fall Puhalos gar einen Gürtel der WBA umgeschnallt zu bekommen.

Die unterlegenen Kontrahenten fanden sich hingegen mehr auf dem Ringboden wieder, hatten demzufolge weit weniger Spaß und müssen sich selbst fragen, warum sie den Weg nach Dornbirn auf sich genommen haben – wobei die Kampfbörsen der NEUE leider nicht bekannt sind. Und ebenfalls nicht bekannt: Weder Toni Schrott noch Vorarlbergs Boxlegende Jürgen König konnten beantworten, wie der „Jaguar“ aus Tansania in seinen zuvor absolvierten 16 Kämpfen 15 Siege verbuchen konnte – und diese dazu noch allesamt durch K.o. Dies kam mehreren Insidern der Boxszene schleierhaft vor. Hinzu kam seine Vorstellung am Samstagabend, die aus welchen Gründen auch immer unterirdisch war. Dennoch wurde für Rajabu bis 5. Jänner 2026 vom Österreichischen Boxverband (ÖBV) nur deswegen eine Suspendierung ausgesprochen, weil er in Dornbirn K.o. ging und deshalb ein ärztliches Attest vorzulegen hat.

Puhalo hatte in seiner bisherigen Karriere in 29 Kämpfen 26 Siege verbucht, davon 25 durch K.o. Der 37-Jährige war im Abschiedskampf von Ex-Cruisergewichts-Weltmeister Firat Arslan (der zu Amateurzeiten in der Schorenhalle seine Auftritte hatte) in Göppingen der Auserwählte, bezog gegen den damals 53-Jährigen eine Niederlage (die NEUE berichtete). Gegen den Nürnberger (38 Siege, davon 34 durch K.o., in 43 Kämpfen) ließ es der Bosnier langsam angehen, um dann in Runde drei ein Feuerwerk seines Schlagrepertoires abzubrennen und den gebürtigen Aserbaidschaner mehrmals in die Knie zwang. Wie der nun Weltranglisten-34. Edin Avdic schnappte sich der frischgebackene Europameister das Mikro von Ringsprecher Walter Hermann, um eine Dankesrede an seine Landsleute unter den rund 400 Boxfans zu richten. Wenige Minuten zuvor hatte der 29-jährige Innsbrucker weniger Geduld mit seinem Gegenüber im Ring. Schon in Runde eins klingelte Avdic den „Jaguar“ an, ließ es dabei aber bewenden, um dann in Runde zwei den Sack am 6. Dezember zuzumachen.

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BC-Dornbirn-Sportdirektor Walter Hermann (r.) mit Sohn Marco (l.) bei dessen Kampf in der Ringecke. Jochen Dedeleit

Events in der Schorenhalle

„Ich kann nichts für die Leistung meines Gegners, ich habe schon gewusst, dass er sich nicht auf meinem Level befindet. Aber in so einem Kampf kann immer alles passieren, darum habe ich den Auftritt sehr ernst genommen“, entschuldigte sich der Supermittelgewichtler, der es zu Amateurzeiten zu neun nationalen Titeln gebracht hat, schon fast für die Kurzarbeit. Dass derartige Vorstellungen das Profigeschäft, und noch weniger seine Protagonisten, voranbringt, ist ihm und seinem Team sehr wohl bewusst. „Aber ich bin mega happy, dass sich das Publikum noch an mich erinnert und sich mit dem Auftritt in der Schorenhalle sozusagen der Kreis schließt“, sagte der Tiroler mit bosnischen Wurzeln, der neben dem Mikro im Ring auch die beiden Nationalflaggen Österreichs und von Bosnien-Herzegowina schwang („Da habe ich keine Scham, diesen Trend verfolge ich nach meinem Kampf in Sarajevo, als ich im Oktober meinen WBA-Titel erfolgreich verteidigen konnte.“).

Dies auch unter den Augen von Monika Palatin, der Präsidentin des Faustkämpferverbands Austria, die weitere Events der Profis in der Schorenhalle nicht ausschloss: „Die Location ist toll, die Stimmung klasse. Einziger Kritikpunkt ist die Kälte in der Halle“, ließ Palatin wissen, womit sie nicht unrecht hatte. Nur wenige Zuschauer entledigten sich ihrer dicken Winterjacke. Schade finde sie die fortdauernden Querelen zwischen Profi- und Amateurlager.

Abubakarow Vizemeister

Letztgenanntes ließ freilich kein gutes Haar an den Profikämpfen, wobei wie erwähnt diejenigen, die ihre Sache ernst nehmen, wohl kaum miteingeschlossen werden dürfen. Dass die Stimmung trotz niedriger Temperaturen beim Kampf von Publikumsliebling Alu Abubakarow hitzig war, ist auch dem Kämpferherz des Dornbirners zuzuschreiben. Nach seiner erneuten österreichischen Vizemeisterschaft war der 22-jährige Mittelgewichtler hoch motiviert und malträtierte Kopf und Körper des Tirolers Emirhan Günjeli derart, dass dieser nach Runde zwei auf­gab. „Alu wäre schon viel weiter, wenn es bei uns wie im Wiener Raum genügend Sparringspartner gäbe“, so Abdullah Ibrahim, angesprochen auf die erneute Vizemeisterschaft seines Schützlings. Jedoch fügt der Dornbirner Trainer sofort an, „dass ich als Coach um jeden Jugendlichen zufrieden bin, den ich von der Straße hole“. Für die Gastgeber waren außerdem Dragan und Ljubisa Mikulovic sowie der Sohn des Ringsprechers, Marco Hermann, im Einsatz, die allesamt Siege einfuhren.

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Abdullah Ibrahim, Mittelgewichtler und österreichischer Vizemeister Alu Abubakarov, Alexander Darbisch und Hannes Judt (v.l.). Jochen Dedeleit

Demiral disqualifiziert

„Ich hoffe, man konnte den Kampf anschauen?“, wollte Letztgenannter wissen. Ein wilder Schlagabtausch zwischen Junioren-Mittelgewichtler Hermann und dem Innsbrucker Arghandiwal Sahil ließ den Vater zuweilen doch zusammenzucken. „Ich habe 50 Kämpfe gemacht, bin jetzt aber nervöser“, so Sportdirektor Walter Hermann, der weiß: „Groß beeinflussen kannst du außerhalb des Rings nicht viel, aber Boxer haben eh ihren eigenen Kopf. Sein Gegner hat den Infight gesucht, weil er kleiner war und hat so doch ein paar Treffer setzen können.“ In den insgesamt zwölf Paarungen der Amateurveranstaltung in der Messestadt standen elf Tiroler aus drei verschiedenen Klubs, vier Dornbirner sowie zwei des BC Gringo Feldkirch und ein Bregenzer, der gegen einen Feldkircher einen Sparringskampf absolvierte.

Den Wertungskampf des Gringo-Boxers Karim Demiral im Schoolboys-Federgewicht gegen Steinadler Anes Catic endete mit einer Disqualifikation des Feldkirchers, der seinen Gegner im Schwitzkasten zu Boden rang.

Von Jochen Dedeleit