Vorarlberg

Chaos in Justiz bei Corona-Gefährdung

09.11.2021 • 17:48 Uhr
Wie Absonderungsverweigerer zu bestrafen sind, muss erst endgültig entschieden werden. <span class="copyright">Hartinger</span>
Wie Absonderungsverweigerer zu bestrafen sind, muss erst endgültig entschieden werden. Hartinger

Bisher fehlt OGH-Rechtsprechung zur Ansteckungsgefahr, die von Coronainfizierten ausgeht.

Rechtsunsicherheit herrscht in Österreichs Strafjustiz bei der Beurteilung der Frage, ob Coronainfizierte, die gegen BH-Quarantänebescheide verstoßen oder in der Öffentlichkeit keine Schutzmaske tragen, damit Mitmenschen in Gefahr bringen oder nicht. Auch am Landesgericht Feldkirch enden Coronaprozesse um das angeklagte Vergehen der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten trotz vergleichbaren Sachverhalten höchst unterschiedlich.

Ausgang hängt vom Richter ab

Ob ein Schuldspruch oder ein Freispruch erfolgt, hängt dabei vor allem vom jeweils zuständigen Strafrichter ab. Denn es fehlt in Österreich weiterhin an höchstgerichtlicher Rechtsprechung, an der sich die Strafrichter an den Landes- und Oberlandesgerichten orientieren können. Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien wurde bislang mit der Thematik noch nicht befasst.
Daher folgten jene Strafrichter des Landesgerichts Feldkirch, die mit Freisprüchen vorgehen, einer Entscheidung des Linzer Oberlandesgerichts (OLG). In Oberösterreich wurde in zweiter Instanz entschieden, dass es vom Ausmaß der Virenlast abhängt, ob von Infizierten mit dem Coronavirus tatsächlich eine Ansteckungsgefahr ausgeht.

Neue Entscheidung aus Innsbruck

Nun liegt allerdings ein Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vor, der Schuldsprüche in Corona-Verfahren wahrscheinlicher macht. Das für Vorarlberg und Tirol zuständige OLG stellt auf die subjektive Tatseite ab. Demnach macht sich schuldig, wer als Coronainfizierter gegen gesetzliche Vorschriften verstößt und so mit bedingtem Vorsatz in Kauf nimmt, dass er Mitmenschen mit dem Coronavirus anstecken könnte.
Das OLG Innsbruck hat mit seinem Beschluss nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft Feldkirch eine Entscheidung des Landesgerichts Feldkirch aufgehoben.
Der zuständige Richter des Landesgerichts hatte im Juni einem unbescholtenen Angeklagten eine Diversion mit einer Geldbuße von 1000 Euro gewährt. Der Berufssoldat hatte im Dezember 2020 trotz möglicher Corona-Symptome gearbeitet und dabei das Tragen einer Maske verweigert. Ein während des Dienstes erfolgter Test ergab bei ihm eine Coronainfektion.
In der vom Oberlandesgericht angeordneten Fortsetzung der Hauptverhandlung wurde der mittlerweile pensionierte 62-Jährige nun am Dienstag am Landesgericht nicht rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 3600 Euro (180 Tagessätze zu je 20 Euro) verurteilt. Davon beträgt der unbedingte, zu bezahlende Teil 1800 Euro.