Debatte um Beugehaft für Impfgegner

APA
Die FPÖ schürt Ängste um angebliche Beugehaftpläne der Regierung gegen Impfverweigerer.
Es war nicht die erste alarmistische Aussendung der FPÖ zur Pandemiebekämpfung der Bundesregierung, die am Montag über die APA verbreitet wurde: „Regierung koppelt offensichtlich Impfzwang mit Beugehaft“ titelte die freiheitliche Verfassungssprecherin Susanne Fürst.
Die geplanten Strafen gegen Impfverweigerer seien „noch nicht alles“, empörte sich die Abgeordnete: „Die Regierung verschweigt den Österreichern nämlich, dass sie sich klammheimlich im Verfassungsausschuss vergangene Woche die Möglichkeit der Verhängung einer Beugehaft für Menschen, welche die vorgeschriebenen Covid-19-Impfungen verweigern, verschafft hat.“
Änderung notwendig
Tatsächlich hat die Regierungskoalition am 2. Dezember im Verfassungsausschuss die seit langem notwendige Reparatur einer Bestimmung zur Beugehaft beschlossen – mit den Stimmen von SPÖ und Neos.
Die Reparatur war notwendig geworden, weil der Verfassungsgerichtshof im Oktober 2020 Teile des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes gekippt hatte. Die Höchstrichter hatten kritisiert, dass eine Beugehaft zur Durchsetzung verwaltungsrechtlicher Verpflichtungen dem damaligen Gesetz nach unbegrenzt und ohne Prüfung der Verhältnismäßigkeit möglich war. Die Beugehaft wird im Verwaltungsrecht ohnehin nur äußerst selten verhängt, wenn etwas vom Betroffenen erzwungen werden soll, das kein anderer leisten kann.
Die Reparaturfrist läuft heuer am 31. Dezember ab und wurde vom Gesetzgeber wieder einmal ausgeschöpft.
Mehr Rechtsschutz
Mehr Rechtsschutz
Die Behörde kann eine Beugehaft verhängen, wenn sie jemanden zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung bewegen möchte, die nicht auch jemand anderes für ihn wahrnehmen kann. Die Beugehaft muss aber verhältnismäßig, darf also nicht im Vergleich zum Ziel der Behörde überschießend sein. Gegen einen Bescheid über die Beugehaft soll es nun zusätzliche Rechtsschutzmittel, ähnlich dem Verfahren bei der Schubhaft, geben.
Das ist weder unüblich, noch steht die Gesetzesänderung zur Beugehaft in einem Zusammenhang mit der Impfpflicht. Der Entwurf zu deren Regelung sieht einen Einsatz der Beugehaft nicht vor, wie der Vorarlberger Verfassungsjurist Peter Bußjäger von der Universität Innsbruck auf NEUE-Anfrage bestätigt. Werden beide Novellen wie geplant beschlossen, kann es also gar keine Beugehaft für Impfverweigerer geben.
Laut Bußjäger könnte die Möglichkeit zum Einsatz der Beugehaft zwar „rein theoretisch“ noch ins Gesetz über die Impfpflicht aufgenommen werden, eine solche Regelung wäre seiner Ansicht nach aber „wahrscheinlich verfassungswidrig.“ Ein Freiheitsentzug ist in Österreich nur zulässig, wenn er „nach dem Zweck der Maßnahme notwendig“ und „nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.“ Diese Verhältnismäßigkeit würde bei einer Durchsetzung der Impfpflicht aber wohl fehlen.
Außerdem werden verwaltungsrechtliche Freiheitsstrafen in eigenen Arresten wie etwa jenem in Bludenz vollzogen, deren Kapazitäten wohl nicht ausreichen würden.
Aufruf zum Protest
FPÖ-Verfassungssprecherin Fürst sieht hingegen drohende Haftstrafen für alle, die sich nicht für die „Zwangsimpfung“ entscheiden wollen und spricht von „unanständigen totalitären Anwandlungen der ÖVP“. Die Bürger sollten außerdem als „ein klares Zeichen gegen Haftdrohungen für nicht geimpfte Menschen“ Stellungnahmen gegen die Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes auf der Parlamentshomepage abgeben.
Der Bericht des Ausschusses liegt nun im Nationalrat. Da die Verwaltung der Materie auch in die Zuständigkeit der Länder fällt, muss vorab noch deren Zustimmung eingeholt werden.