Historische Pläne: So hätte Bregenz aussehen sollen

Rund um den See wurde in der Landeshauptstadt schon immer mehr geplant aus gebaut.
Seit in Bregenz ein Bahnhof gebaut wurde, bilden sie ein unzertennliches Viergespann: See, Schiene, Straße und Stadt. Auch wenn bereits der Bau der Bahn durch die Stadt stellenweise Kritik hervorrief, blieben sowohl Zugs- als auch Straßenverkehr im 19. Jahrhundert im Vergleich zu heute überschaubar.
Doch bereits in der Zwischenkriegszeit mehrten sich Stimmen, die sich an der einschneidenden Rolle der Transitrouten durch die Stadt störten.
Große Pläne für Bregenz
„Wer zum ersten Male nach Bregenz kommt, gibt der Verwunderung Ausdruck über die herrliche Lage der Stadt am See – zugleich aber auch über den Umstand, daß die Bahn die Stadt vom See abdrängt, der ihr Hauptanziehungspunkt ist“, so der Bregenzer Bürgermeister Ferdinand Kinz in einer Stadtvertretungssitzung 1927.
Man habe beim Bau der Bahn die Lage der Stadt nicht berücksichtigt „oder die Mittel nicht gehabt, um dies tun zu können“, mutmaßte der Politiker und Großvater des heutigen Landtagsabgeordneten Hubert Kinz (FPÖ). Jenen, die schon damals für eine Verlegung der Bahn eintraten, erteilte der Bürgermeister jedoch eine Absage. Ein solches Unterfangen sei „wohl ausgeschlossen“. Allerdings sei es möglich „wieder näher an den See zu kommen, wenn die Anlagen dort ausgestaltet werden“.
Weg mit dem Güterverkehr
Hintergund der damaligen Pläne war nicht nur der Wunsch, einen lebenswerteren Seezugang zu erhalten, sondern auch, den unliebsamen Frachtverkehr loszuwerden. Dieser sollte nach Vorkloster verlegt werden, auch weil man damals mit dem baldigen Bau eines Kanals vom Bodensee zum Hochrhein rechnete, der Bregenz an die Nordseeschifffahrt angeschlossen hätte. Der bis in die Zweite Republik immer wieder projektierte österreichische Hafen für die Rheinschifffahrt hätte auch zusätzlichen Eisenbahnverkehr für den Weitertransport der Güter bedeutet, den man sich in Bregenz gern ersparen wollte.

Dementsprechend hatte Kinz auch bei den Bundesbahnen urgiert, man solle „doch einmal Pläne darüber machen, wie die ganze Bahnhofanlage bei uns in Zukunft ausgestaltet werden soll“. Ziel müsse es sein, „den eigentlichen Güterverkehr vom eigentlichen Stadtinnern hinauszubringen“. Das hatte wohl auch damit zu tun, dass das ständige Rangieren der Güterzüge als lästig empfunden wurde. Den Rheinhafen wollte man ebenfalls weit weg von der Innenstadt an der Achmündung sehen; „das ist sicher: die Rheinschifffahrt wird kommen“, gab sich die Landes-Zeitung 1928 gewiss.
Ein höchst ernstes Projekt
Auch bei den Seeanlagen dachte man in den in Bregenz üblichen großen Dimensionen. Günstig für die Pläne zur Erweiterung der Seeanlagen wirkte sich die Einstellung der Trajektschifffahrt aus. Der Zugsverkehr war bis dahin nämlich nicht nur um, sondern auch auf dem See unterwegs. In Bregenz wurden am Molo Eisenbahnwaggons eingeschifft. Der dort errichtete Güterschuppen sollte ebenso der Neugestaltung weichen wie ein Bretterlager am Bahnhof.

Doch damit nicht genug: Kinz wollte den See zwischen Molo und Gondelhafen aufschütten lassen, um auf der so gewonnenen Fläche Grünanlagen zu verwirklichen. Dass das Projekt trotz der bis dahin schon getätigten Aufschüttungen durchaus ambitioniert war, gab der Bürgermeister zu, zeigte sich aber zuversichtlich, die Mittel aufstellen zu können. „Bei alldem handelt es sich um keine Utopie, sondern um ein höchst ernstes Projekt“, versicherte der Bürgermeister. Die Gemeindewahl des Jahres 1929 hinderte ihn jedoch daran, dieses weiter zu verfolgen. Der Großdeutsche Kinz wurde von einem Christlichsozialen abgelöst.
Wieder große Pläne
Die Bundesbahnen stimmten immerhin der Verlegung einer Straße zu, sodass der Grünbereich erweitert werden konnte. Auch die Bahnbaracken am Molo wurden schließlich abgerissen und der dortige Kieshafen verlegt. Die Bemühungen um einen attraktiveren Seezugang waren jedoch damit nicht beendet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ das Land in einer Ausstellung zum Wiederaufbau im Landesmuseum große Pläne wälzen. In Bregenz war mittlerweile ein ganzer Stadtteil dem französischen Artilleriebeschuss zum Opfer gefallen. Am heutigen Parkplatz sollten sich von da an viele Architekten versuchen. So plante einer der Aussteller des Jahres 1946, der Wiener Architekt und Stadtplaner Kurt Klaudy, die Verlegung der Bahn durch den Pfänder und „den Bau eines neuen Stadtteiles am See“.

Die Schienen sollten in der Nähe der Talstation der Pfänderban aus dem Berg und durch einen Tunnel unter der Stadt geführt werden. Für die großangelegten Pläne sollten allerdings etliche Gebäude entlang der Reichsstraße weichen, unter anderem das Gasthaus zum Bären. Auf dem Gebiet des Bahnhofes sollten Hotels entstehen. Die Zeitungskommentatoren zeigten sich angesichts der zu erwartenden Kosten dem Planungsenthusiasmus gegenüber gelassen: „Wir sehen, hier ist kein Grund zur Aufregung, solange nicht zehn Onkel aus Amerika gefunden werden.“
Historische Ansichtskarten
Alte Ansichtskarten, nicht nur aus Bregenz, findet man online unter akon.onb.ac.at. Die Österreichische Nationalbibliothek bietet damit einen kostenlosen Blick in die Vergangenheit.
Dass in Bregenz schon immer mehr geplant als gebaut wurde, stellt sich im Nachhinein nicht nur als nachteilig heraus.
Als besonderes Horrorszenario empfanden die Bregenzer bereits in den 60ern die vom Bund projektierte Autobahn entlang des Seeufers. Sie konnte letztlich nur durch den hartnäckigen Widerstand der Bevölkerung verhindert werden, die sich nicht nur in einer Volksbefragung deutlich gegen die Seeuferautobahn aussprach, sondern auch für den Bau des Pfändertunnels demonstrierte, der letztlich an ihrer Stelle gebaut wurde.
