“Mit einer ungeschickten Begründung kann sich ein Arbeitgeber neue Probleme schaffen”

Österreich schafft eine gesetzliche Regelung, die es Arbeitnehmern in bestimmten Fällen ermöglicht, eine schriftliche Begründung für ihre Kündigung zu erhalten.
Den Unternehmen in Österreich und damit auch in Vorarlberg steht eine weitere Verbürokratisierung ihrer geschäftlichen Tätigkeit bevor. Dieses Mal geht es um das Ende von Arbeitsverhältnissen in Folge einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Die Verantwortung für dieses Mehr an Bürokratie trägt in diesem Fall eine EU-Richtlinie, die in Österreich gesetzlich umgesetzt werden muss. Am Dienstag passierte die geplante Gesetzesänderung den Sozialausschuss des Nationalrates, der Beschluss erfolgt kommende Woche in der Plenarsitzung.
Wurden tatsächlich zustehende Rechte verwehrt?
Konkret sieht die Gesetzesänderung vor, dass Arbeitnehmende zukünftig in bestimmten Fällen schriftlich vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung für ihre Kündigung verlangen können. „Eine Kündigung durch den Arbeitgeber war bisher grundsätzlich nicht zu begründen. Das ändert sich jetzt“, kritisiert Neos-Nationalratsabgeordneter Gerald Loacker im Gespräch mit der Wirtschaftspresseagentur.com. Die gesetzliche Regelung gelte für alle Unternehmen in der Privatwirtschaft, unabhängig von ihrer Größe und der Anzahl der Beschäftigten.
Theoretische Einschränkung wird in der Praxis kaum halten
Die kommende Regelung schränke zwar die Voraussetzungen ein, unter welchen binnen fünf Arbeitstagen ab Zugang der Kündigung eine schriftliche Begründung verlangt werden kann. So müsse der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin behaupten, dass die Kündigung erfolgte, weil er oder sie zustehende Rechte geltend gemacht habe. „Das ist die gesetzliche Theorie. In der Praxis ist so eine Behauptung schnell aufgestellt und es wird sich erst im Nachhinein herausstellen, ob sie korrekt war oder nicht“, so Loacker. Folglich dürfte es zukünftig sehr viele eingeforderte schriftliche Begründungen geben. Arbeitgeber ihrerseits müssen übrigens auch binnen fünf Arbeitstagen nach dem Vorliegen der Forderung die schriftliche Begründung für die Kündigung übermitteln.
Nur “betriebliche” Gründe angeben
Loacker warnt davor, dass mit dieser weiteren Verbürokratisierung für die Unternehmen bestimmte Fallstricke verbunden seien. Man sollte sich in so einem Schreiben auf keinen Fall in eine Rechtfertigungsspirale begeben und aufpassen, was man hineinschreibe. „Mit einer ungeschickten Begründung kann sich ein Arbeitgeber neue Probleme schaffen. Daher ist hier Vorsicht geboten und im Zweifel ist beispielsweise schlicht auf ‚betriebliche Gründe‘ zu verweisen“, rät Loacker.
In den Begründungen für die Gesetzesänderung steht jedenfalls schon einmal zu lesen: „Zweck der Begründungspflicht ist es, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abschätzen können, ob eine Klage Erfolg haben könnte.“
Günther Bitschnau/wpa