Geflüchteter Festspiele-Mitarbeiter darf trotzdem erben

Ein Mitarbeiter der Festspiele soll mehr als eine Million Euro veruntreut haben und tauchte 2002 unter. Dennoch darf er von seiner verstorbenen Mutter 367.000 Euro erben, so der OGH.
Seit 22 Jahren wird nach dem spurlos verschwundenen Vorarlberger mit internationalem Haftbefehl erfolglos gefahndet. Gegen ihn ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue und der Veruntreuung anhängig. Der Beschuldigte soll als Leiter der Personalverrechnung der Bregenzer Festspiele mehr als eine Million Euro veruntreut haben. Im April 2002 tauchte der Vorarlberger, der seinen Job bei den Festspielen per 31.3.2002 kündigte, unter.
Geschwister wollten ihn für tot erklären lassen
Seine nach dem Tod der Mutter im Juli 2020 erbenden Geschwister beantragten für das Erbschaftsverfahren vergeblich, ihn gerichtlich für tot erklären zu lassen. Ihr Antrag wurde, wie berichtet, auch vom Obersten Gerichtshof (OGH) abgewiesen.
Nun wurde in einem weiteren Gerichtsverfahren auch die Klage einer Schwester rechtskräftig abgewiesen, den geflüchteten Bruder für erbunwürdig zu erklären. Nach dem Landesgericht Feldkirch und dem Oberlandesgericht Innsbruck stufte jetzt auch der OGH den beklagten Geflüchteten für erbwürdig ein.
Deshalb erhält der 1957 geborene Mann 367.000 Euro als Pflichtteil aus dem Nachlass seiner verstorbenen Mutter. Die Erblasserin hatte ihn in ihrem Testament auf den Pflichtteil gesetzt und die Anrechnung einer ihm 1994 geschenkten Liegenschaft angeordnet.
Keine Erbunwürdigkeit
Die Zivilgerichte meinten, es liege weder eine Zufügung schweren seelischen Leids in verwerflicher Weise noch eine gröbliche Vernachlässigung der Pflichten eines Kindes gegenüber seiner Mutter vor und daher keine Erbunwürdigkeit. Denn dem Beklagten sei es bei seinem Verschwinden um seine Freiheit gegangen und nicht darum, seine Mutter zu kränken. Die Kränkung sei zwar eine erhebliche, aber nur eine indirekte Folge des spurlosen Untertauchens. Weil der Kontaktabbruch zur Familie seit 2002 nur eine Folge der Flucht vor den Strafverfolgern gewesen sei.
Der Beklagte habe, so die Gerichte, keine direkten Schritte zur Kränkung der Mutter gesetzt. Zumal er seine Klage von 2002 gegen die Mutter um ein Fahrrecht bei seiner geschenkten Liegenschaft mit ihrer gefälschten Unterschrift nach zwei Wochen zurückgezogen habe und damit noch kein versuchter Prozessbetrug vorliege. Die Kränkung war nach Ansicht des Landesgerichts Feldkirch wohl eine direkte Folge der medialen Berichterstattung, die dazu geführt habe, dass die Mutter aus Scham ihr Haus nicht mehr verlassen wollte.