Vorarlberg

Wandertipp: Literarisch durch den Walgau

02.06.2024 • 10:00 Uhr
Herthas Wandertipp 533 Bludesch
Mitten in Bludesch wird der Natur im „Schwarzbachgarta“ Platz geboten. Gerhard vylet (4)

Hertha Glück und Gerhard Vylet spazieren durch Bludesch hinauf nach Runkelina. Dabei freuen sie sich über das Biotop im Zentrum und die Literatur entlang des Wegs.

Ein Zitat des griechischen Philosophen Heraklit begleitet uns durchs Leben: „Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.“ Leider bestehen diese Veränderungen oftmals aus der Zerstörung der Natur, was von Naturfreundinnen und -freunden schmerzhaft zur Kenntnis genommen wird. Umso mehr freut und schätzt man jene Neuerungen, mit denen versucht wird, der Natur wenigstens ein paar Meter Lebensraum zurückzugeben.

Herthas Wandertipp 533 Bludesch
Gerhard vylet (4)

So kann man bei dieser Spazierwanderung einen Streifen besonderes Grün finden und Literatur, die das Herz erwärmt. Direkt beim Start an der Haltestelle „Walgaupark“ wird man von einem schönen Bild der Kunstaktion „Haltestelle Kunst“ begrüßt. Der Wegweiser zeigt nach Zitz St. Nikolaus und wenige Schritte später kann der 2022 errichtete Gemeinschaftsgarten bewundert werden. Besonders bemerkenswert ist, dass der Garten mitten im Zentrum Blu­deschs liegt. An sichtbarer Stelle wird der Natur Raum gegeben. Hinterm Holzzaun, der das Areal zum Gehsteig hin abgrenzt, sind die rechteckigen Beete zu sehen. Diese wurden von Bewohnern der Gemeinden Bludesch und Thüringen gepachtet und werden biologisch bepflanzt. Auch ein grüner Pumpbrunnen ist zu sehen.

Artenvielfalt

Besonders hervorzuheben ist die entlang des Zauns angelegte Biodiversitätsfläche. Hier darf sich die Natur entfalten. Wie in vielen Fachpublikationen zu lesen ist, braucht es mehr solcher Flächen, um die Artenvielfalt zu erhalten. Auch wenn dieser wilde Grünstreifen nicht sehr groß erscheint, ist er doch sehr wichtig. Denn für den Erhalt der Artenvielfalt zählt jeder Quadratmeter. Von der Hauptstraße zweigt links die Alte Landstraße ab und bringt einen zur ältesten Kirche Vorarlbergs, der St. Nikolauskirche.
Die Kirche wird im Jahre 842 als „Cise“ erstmals urkundlich genannt. Der markante Kirchturm aus Tuff- und Bruchstein wurde circa 200 Jahre später errichtet. Hier gelangt man mit einem kurzen Aufstieg über Halde nach „Sandgrube“, wo der „Internationale Literaturweg“ beginnt.

Herthas Wandertipp 533 Bludesch
Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) kommt auf nährstoffreichem Boden vor und wird circa sieben Meter hoch. Außer den Blüten und reifen Beeren sind alle Pflanzenteile giftig. Seit der Jungsteinzeit wird er von Menschen genutzt und als Heilpflanze geschätzt. So ist er auch in der nordischen Mythologie zu finden. Unter anderem ist der Holunder mit der Göttin Hulla (Frau Holle) verbunden. Aus den Blüten kann Sirup, aus den Beeren Gelee gekocht werden.

Literatur entlang des Wegs

Von dem in den Wiesenhang gelegten Feldweg bieten sich immer wieder wunderbare Ausblicke über die Gemeinde Bludesch und den Walgau auf die bewaldeten Hänge unter Schwarz- oder auch Rappakopf und Klamperschrofen, zwischen denen die Mondspitze gerade noch ein bisschen hervorschaut. Bei der Bank ist auch der erste von zehn „Futterplätzen für ‚Stille Laute‘“ des Literaturwegs aufgestellt. Diese schönen Häuschen aus Lärchenholz wurden vom AZV (Ausbildungszentrum Vorarlberg GmbH) in Hohenems mit großer Handwerkskunst gebaut. Darin befinden sich die ausgewählten literarischen Werke verschiedener Autorinnen und Autoren. Entlang des flachen Wegs sind auch mehrere Bänke aufgestellt, die zum Verweilen einladen. Von den Worten inspiriert, können in dieser, zu jeder Jahreszeit schönen Umgebung, die Gedanken und vielleicht auch manche Sorge weit davonfliegen. Fröhlich, die Klänge der Natur im Ohr. Leicht, der ebne Weg unterm Fuß. Frei, der von liebevollen Gedanken beseelte Geist.

Herthas Wandertipp 533 Bludesch

Neue Sichtweisen

Im Wald oberhalb von Gais endet der Literaturweg. Dieselbe Route zurück zu spazieren, eröffnet neue Sichtweisen auf bereits Gesehenes. Was einem besonders gut gefallen hat, kann noch einmal genossen und als positive Erinnerung mit nach Hause genommen werden.

Kurzbeschreibung:

Besonderes: einfache Spazier-Wanderung mit Literatur am Wegesrand und herrlichem Ausblick über die Gemeinde und den Walgau

Anforderung und Gehzeit: circa eineinhalb Stunden Gehzeit und 90 Höhenmeter im Auf und Ab des Wegverlaufs

Markierungen: weiß–gelb

Charakter der Wege: Straße, Forstweg

Kultur und Natur: Gemeinschaftsgarten mit Biotop in Bludesch, Filialkirche Zitz (St. Nikolaus), Literaturweg „Stille Laute“

Anziehen und Mitnehmen: Wanderkleidung je nach Witterung, Handy um Audiodateien abzuhören

Einkehrmöglichkeiten: unterwegs keine, Bludesch bei Bushaltestelle Bäckerei und Café Mangold

Start und Ende: Im Gemeindezentrum von Bludesch, Buslinien 530 oder 560 bei der Haltestelle „Walgaupark“

Biodiversität und Literatur

Der „Schwarzbachgarta“ in Bludesch wurde 2022 von den Obst- und Gartenbauvereinen Bludesch und Thüringen mit Unterstützung der Gemeinden geschaffen. Die 63 Beete wurden an Bewohner der beiden Gemeinden verpachtet. Neben Begegnungszonen, einem Schuppen und dem Komposthaufen versorgt ein Pumpbrunnen den Garten mit Wasser aus dem Schwarzbach. Doch auch an eine Fläche für die Biodiversität wurde gedacht. In prominenter Lage entlang des Zauns zur Straße wurde ein Streifen für die Biodiversität eingerichtet. Dieses Juwel zeigt sich nach zwei Jahren bereits in wunderschöner Wildheit. Sand, Steine, Asthaufen, Totholz und wuchernde Dornen bieten abwechslungsreiche Lebensräume für verschiedene Insekten. Aus dem Gras wird, wenn es sich als „Altgras“ über den Boden legt, ein Altgraspolster, der mit der Zeit ebenfalls eine selten gewordene Heimat für verschiedenste Tierarten bietet.

Der Literaturweg „Stille Laute“ wurde von der Mundart Schriftstellerin Anni Mathes aus Bludesch kreiert. Sie ist seit 1998 schriftstellerisch tätig, zuerst im alemannischen Dialekt, seit 2020 auch in Hochdeutsch. 2012 initiierte sie den ersten „Walgauer Literatur-Nachwuchs-Wettbewerb“. Für ihre Lyrik und Prosa erhielt sie verschiedene Auszeichnungen. Sie betreibt in Bludesch eine „Mund Art Literatur Werkstatt“. Ihr Schaffen findet sich in drei Büchern, auf CDs, in fünf Rheticus-Anthologien und zahlreichen weiteren Publikationen.

Die Filialkirche Zitz St. Nikolaus ist die älteste Kirche Vorarl­bergs. Das frühromanische Langhaus wurde im achten Jahrhundert errichtet und urkundlich erwähnt. Das Fundament lässt einen Vorgängerbau aus dem vierten oder fünften Jahrhundert vermuten. Der Turm stammt aus dem zehnten Jahrhundert.

Quellen: stille-laute.at; bludesch.at; Dehio Vorarlberg; Der große Kosmos Naturführer, 1996; Karte: BEV 1223 Ost Feldkirch, 1224 West Hohenems