Wie fünf Wälder den Staatspreis Design nach Vorarlberg holten

Das Bregenzerwälder Projekt „Schlaf Gut/Stubenwiege“ gewann den renommierten Staatspreis Design. Über Arbeiten unter Zeitdruck und einen Preis, mit dem niemand gerechnet hätte.
Du musst eine Idee haben und du musst zu einem genauen Zeitpunkt fertig werden. Das erzeugt einen Druck, und unter Druck arbeiten Menschen am besten“, bringt der Andelsbucher Johannes Mohr auf den Punkt, warum Handwerkswettbewerbe für ihn wichtig sind. Er ist Teil eines fünfköpfigen Kreativteams aus dem Bregenzerwald, das in einer Woche Zeit ihr Projekt, die „Schlaf Gut/Stubenwiege“ in die Tat umsetzte. Heuer gelang ihnen damit der große Coup: Sie wurden mit dem „Staatspreis Design 2024“ ausgezeichnet. Doch alles der Reihe nach.
Durch Trödelmarkt inspiriert
Zeitsprung ins Jahr 2018: Als der Andelsbucher Jodok Felder bei einem Trödelhändler eine alte Wiege erblickt, kommt ihm ein Gedanke: „Da könnte man doch für die ‚Handwerk+Form‘ etwas Moderneres herstellen.“ Kurzerhand überzeugt er die Designer Georg Milde und Johanna Oberneder, den Polsterer Johannes Mohr und den Tischler Michael Geser von seiner Idee. „Ich habe sie angerufen und gesagt, wir müssen zusammensitzen und etwas entwickeln“, erzählt der Ideengeber. „Jodok hatte uns ein Bild von der Wiege geschickt, mit der Ansage, es sei noch eine Woche Zeit bis zur Abgabe“, erinnert sich Georg Milde.

Abends saßen Felder und Milde mit Tischler Michael Geser zusammen und entwickelten einen Prototypen für die Wiege, die sie bei dem Bregenzerwälder Gestaltungspreis „Handwerk+Form“ einreichen wollten. „Wir haben geschaut, was designtechnisch eine nette Idee wäre. Wiegen und Nester – das sind zwei naheliegende Themen“, erklärt Milde, der zusammen mit Johanna Oberneder das Design des Projekts entwickelte. Der anfängliche Entwurf sei recht aufwändig gewesen: „Michael meinte, das sei in einer Woche niemals umsetzbar. Also haben wir reduziert, reduziert und nochmals reduziert, bis wir beim aktuellen Design herausgekommen sind.“
In mehreren Runden überarbeitete das Team der Designreserve Hittisau innerhalb einer Woche mehrmals die Details der Wiege. „Es ging darum: Zeigt man die Verbindungen vom Holz oder nicht? Wie gestaltet man die Matratze? Wie soll die Auflagefläche aussehen?“, gibt Johanna Oberneder Einblick in die Überlegungen des Duos.
Endgültiges Design
Schlussendlich erhielt die Wiege ihr endgültiges Aussehen: Zwei geschwungene Holzteile bilden die Grundlage für die „Schlaf Gut/Stubenwiege“, dazu kommen die Auflagefläche und kleine Teile an der Unterseite, die eine wippende Bewegung ermöglichen. Alle diese Elemente sind aus Zirbenholz, „das sich bei Betten besonders gut verkauft“, wie Milde erwähnt. Dank Eingriffslöchern auf beiden Seiten kann man die Wiege bequem aufheben.

dominic kummer
Als das Grundgerüst der Wiege fertig war, wurde Polsterer Johannes Mohr beauftragt. Er stellte eine Rosshaarmatratze mit einer Schafwollauflage sowie einen Reinleinenbezug und ein halbrundes Polster aus Schafwolle her. „Ich war total begeistert, als ich die Wiege zum ersten Mal gesehen habe“, berichtet Mohr. Für Designer Milde war das Ziel trotz der kurzen Vorlaufzeit klar: „Wir wollten damit ‚Handwerk+Form‘ gewinnen. Das wurde aber leider nichts.“
Neuer Anlauf, wenig Erwartung
Das Kreativteam wollte aber nicht aufgeben. Einen zweiten Anlauf starteten sie beim Staatspreis Design 2024 in Wien. Dieser begehrte Preis wird vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft alle zwei Jahre verliehen. Allein bei der diesjährigen Ausgabe kamen 218 Einreichungen aus ganz Österreich zusammen. Georg Milde erzählt: „Johannes und ich sind mehr aus ‚Gaudi‘ nach Wien gefahren. Wir hatten eigentlich keine Erwartungen. Wir gingen da hin und wollten einfach eine gute Zeit haben.“
Bei der Preisverleihung am 16. Mai wurden zuerst die Auszeichnungen in der Kategorie „Interior Design“ verkündet. Mohr und Milde gingen davon aus, ihre Stubenwiege würde kurz erwähnt werden. „Als unsere Namen nicht vorgelesen wurden, tippte ich Johannes an und rief: ‚Wir sind für den Preis nominiert!‘“, erinnert sich der Designer lebhaft an den Abend. „Ich dachte, er hat sich geirrt“, fügt Mohr lachend hinzu. Als das Projekt schließlich unter den vier Nominierungen genannt wurde, seien die beiden „sehr happy“ gewesen.
„No Way!“
Die Verkündung des Staatspreis-Gewinners hielt Georg Milde auf seinem Handy fest, die Aufnahme zeigt er der NEUE am Sonntag. Im Video wird verkündet: „Der Staatspreis Design 2024 in der Kategorie ‚Interior Design‘ geht an: Schlaf Gut/Stubenwiege!“, woraufhin Milde ein erstauntes „No Way!“ ausruft. „Ich konnte es gar nicht fassen“, erinnert sich auch Johannes Mohr an sein Erstaunen über den Preisgewinn zurück.
Groß war die Freude und die Überraschung auch bei den daheimgebliebenen Jodok Felder, Johanna Oberneder und Michael Geser, die von ihren Kollegen aus Wien via Handy auf dem Laufenden gehalten wurden. „Ich habe zuerst gar nicht begriffen, dass wir gewonnen haben“, war Designerin Oberneder im ersten Moment überrumpelt.
Zusätzlich zu den materiellen Preisen – einer Glastrophäe und einer Urkunde – sei es besonders ein immaterieller Aspekt, der die Auszeichnung wertvoll mache, erklärt Johannes Mohr: „Man darf den Staatspreis im eigenen Firmenlogo führen und damit Werbung machen.“ Nach der Preisverleihung gab es für die Wiege bereits erste Anfragen. „Etwa zehn Stück haben wir schon verkauft“, berichtet Michael Geser.
Neben der „Schlaf Gut/Stubenwiege“ wurde beim Staatspreis Design 2024 ein zweites Projekt aus dem Bregenzerwald ausgezeichnet. „WALL28 – Ein Licht für die Wand“ von Designer und Architekt Georg Bechter wurde mit einer Nominierung gewürdigt.
Alle Projekte, die beim Staatspreis Design ausgezeichnet wurden, sind im „designforum Wien“ noch bis zum 3. Juli ausgestellt. Danach geht die Ausstellung auf Tour durch die Bundesländer.
