Aufseher verletzten Strafhäftling schwer

Durch einen Halsklammergriff erlitt ein Häftling schwere Hirnschädigungen. Demnach sind der sich wehrende Justizwachebeamte und der Strafhäftling daran zu gleichen Teilen schuld.
Nun liegt in dem seit 2019 anhängigen Verfahren um die Misshandlung eines Häftlings im Feldkircher Gefängnis das im zweiten Rechtsgang ergangene schriftliche Teilurteil des Landesgerichts Feldkirch vor. Demnach haftet die beklagte Republik Österreich dem Grunde nach zur Hälfte für die entstandenen Schäden und für allfällige künftige.
Der klagende Ex-Häftling ist nach Ansicht von Zivilrichterin Sieglinde Stolz wegen der nicht befolgten Anweisungen und seiner massiven Gegenwehr zu 50 Prozent selbst dafür verantwortlich, dass er eine schwere und dauerhaft bestehende Hirnschädigung erlitten hat.
Das Urteil in dem Zivilprozess ist nicht rechtskräftig. Klagsvertreterin Serpil Dogan teilte mit, der Kläger habe Berufung eingelegt. Die beklagte Republik habe die erstinstanzliche Teilentscheidung akzeptiert. Über die Höhe der Ansprüche des Klägers wurde noch nicht entschieden. Der 27-Jährige fordert rund 340.000 Euro.
Selbstverteidigung artet aus
Nach den gerichtlichen Feststellungen wurde der klagende Häftling am 17.10.2017 nach einem Streit mit einem Häftling in der Justizanstalt Feldkirch in einen abgesonderten Haftraum verlegt. Demnach weigerte er sich, sich auszuziehen und zur Eindämmung der Selbstmordgefahr eine spezielle Häftlingskleidung anzuziehen, schlug um sich und trat die Justizwachebeamten.
Dem Urteil zufolge hielten die drei Justizwachebeamten den Häftling fest. Einer der Beamten nahm nach Ansicht von Zivilrichterin Sieglinde Stolz den Insassen in den sogenannten Schwitzkasten und unterband die Blutzufuhr ins Gehirn mit der Halsklammer auch dann noch eine Zeit lang, als der damals 20-Jährige bereits bewusstlos war. Der türkischstämmige junge Mann musste reanimiert werden.
Mit dem zu lange ausgeführten Halsklammergriff hat der Beamte, so die erstinstanzliche Entscheidung, ein rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten gesetzt, für dessen Folgen die beklagte Republik teilweise zu haften hat. Dem Justizwachebeamten wären gelinderte Mittel zur Verfügung gestanden, um die Gegenwehr des Häftlings zu brechen. Damals seien Justizwachebeamte allerdings für derartige Situationen im Umgang mit Häftlingen nicht ausreichend ausgebildet gewesen.
Die für den Vorfall zuständige Staatsanwaltschaft Innsbruck stellte das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die drei beschuldigten Feldkircher Justizwachebeamten ein.