Dieser Vorarlberger legte schon Thomas Gottschalk und Oliver Pocher rein

Nikolai Dörler aus Lustenau ist Regisseur bei “Verstehen Sie Spaß?” und führt seit über 30 Jahren Promis mit der versteckten Kamera hinters Licht. Für die NEUE plaudert er aus dem Nähkästchen.
Barbara Schöneberger sitzt am Empfang des Bayrischen Rundfunks. Eigentlich sollte die Moderatorin von “Verstehen Sie Spaß?” den Kult-Moderator Thomas Gottschalk reinlegen. Aber der konstruierte Gag funktioniert nicht, Schöneberger wird nervös, verliert die Nerven.
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Was sie nicht weiß: Dieses Mal ist sie das Opfer, das “verladen” wird. In den Plan eingeweiht ist der Lustenauer Nikolai Dörler. Dem Regisseur von “Verstehen Sie Spaß?” und seinem Team ist es wieder einmal gelungen, einen Promi hinters Licht zu führen.


Die berufliche Laufbahn startete für den gebürtigen Kleinwalsertaler in einem Fotolabor in Mittelberg, wo er seine Liebe zur Fotografie entdeckte. “Ich bin klassisch zum Arbeitsamt gegangen und habe gesagt, ich suche eine Lehrstelle als Fotograf. Wenig später bekam ich eine Stelle in Göfis angeboten”, erzählt Dörler. “Das war ein Fotostudio, das aber gleichzeitig auch Filme produziert hat. Neben meiner Fotografenausbildung habe ich auch Videos gefilmt und geschnitten.”

Als sich Dörler nach Abschluss der Ausbildung bei einem Studio in Dornbirn bewarb, arbeitete er fortan als Kameramann. Dort vertrat er Anfang der 1990er-Jahre seinen Kollegen Günter Aßmann bei einem Dreh für die Kult-Sendung “Verstehen Sie Spaß?” in München mit Sängerin Nena. “Die Nummer drehte sich um eine falsche Schlagzeile in einer Klatschzeitung. Doch der Dreh ist aus dem Ruder gelaufen, weil Nena aus dem Gebäude hinausstürmte. Harald Schmidt rannte ihr hinterher und eigentlich wäre die Nummer nichts geworden”, schildert Dörler.
Die Nummer ist gerettet
Doch der Kameramann reagierte geistesgegenwärtig: “Ich kam aus meinem Versteck raus und habe aus dem Fenster das ganze Gespräch am Parkplatz mit der Kamera aufgenommen. Damit war die Nummer gerettet.” Am nächsten Tag traf ein Fax der Produktionsfirma bei seinem Arbeitgeber ein: “Kann dieser Nikolai Dörler in Zukunft immer beim Team dabei sein?” Der Lustenauer schmunzelt: “Durch diesen Glücksfall bin ich bei ‘Verstehen Sie Spaß?’ reingerutscht.”

Neben “Verstehen Sie Spaß?” war und ist Dörler in zahlreichen anderen Produktionen involviert. Eine davon war “Alpenmelodie” im Bayerischen Rundfunk. “Die Produktion hat sich über ein dreiviertel Jahr gezogen. Kurz vor Ende hat der Produzent Werner Kimmig die frohe Botschaft in die Runde verkündet: Wegen großem Erfolg geht es weiter.” Der damalige Regisseur habe alles andere als erfreut reagiert und meinte: “Wie langweilig. Ich bin raus!” Daraufhin habe Kimmig sich an Dörler gewandt und gefragt, ob er die Regie machen will. “Ich habe eingewilligt und von da mit der Regie angefangen.”
Wie läuft ein Gag ab?
Neben anderen Produktionen begleitet Nikolai Dörler hauptsächlich “Verstehen Sie Spaß?”. Von Anfang an ist er in die Entwicklung der einzelnen “Verladen” – so nennen sich die Streiche, bei denen entweder Promis oder “Normalos” reingelegt werden – involviert. “Es gibt zu Beginn die sogenannte ‘Pitchphase’, in der dem Sender ein Gag vorgestellt wird. Da kann ich direkt Input geben: Ist der Vorschlag technisch umsetzbar? Habe ich noch eigene Ideen?” Anschließend wird das Drehbuch ausgearbeitet. “Dieses wird wiederum mir vorgelegt und ich kann beurteilen, ob das technisch umsetzbar ist.”

Nachdem sich die Produktionsfirma für eine Lokalität zum Dreh entschieden hat, kommt Dörler wieder zum Zug und bestimmt, wo die Kameras, Requisiten und der Lockvogel postiert werden. Auch bei der Auswahl des Lockvogels – das ist eine eingeweihte Person, die mithilft, das Opfer hinters Licht zu führen – ist der Regisseur beteiligt. “Am eigentlichen Drehtag gibt es ein Briefing mit dem ganzen Team. Das heißt, ich erkläre ganz konkret, wo die Kameras hinkommen, wer mit den Tönen bestückt wird und wer über ‘In-Ears’ mit mir in Kontakt steht.”
Während dem Dreh
Während dem eigentlichen Dreh steuert Nikolai Dörler die Kameraleute und den Lockvogel via Regieanweisungen. “Die Kunst bei “Verstehen Sie Spaß?” ist es, das Opfer so weit in die Enge zu treiben wie möglich, ohne dass es böse wird. Am Ende des Drehs müssen alle Beteiligten eine Einverständniserklärung unterschreiben, bevor das Material gesendet werden darf.”

Im Anschluss an den Dreh schneidet Nikolai Dörler das gefilmte Material für die Sendung. Vor der Veröffentlichung schaut sich ein Producer den Film nochmals an. “Der Weg von der Produktion bis zum fertigen Film kann zum Teil vier, fünf Monate dauern. Je knapper man zur Sendung dran ist, desto kurzfristiger wird die ganze Geschichte.”
Ein voller Erfolg
Am schönsten sind für Nikolai Dörler jene Verladen, bei denen ein Promi aus seiner Rolle herausschlüpft. “Wir haben mit dem Comedian Paul Panzer einen Rundflug am Hamburger Flughafen verlost. Was er nicht wusste: Für “Verstehen Sie Spaß?” ist das SEK angerückt und hat ihn beschuldigt, Schmugglerware von einem Raubüberfall im Flugzeug zu verstecken. Innerhalb dieser Nummer legte er die Rolle des Paul Panzer ab und fiel in eine Zivilrolle. Das habe ich in 30 Jahren selten erlebt, dass wir einen Promi dazu gebracht haben, quasi zum Menschen hinter der Maske umzuswitchen”, schildert Dörler.
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Eine besonders gelungene Verlade gelang Dörler und seinem Team auch mit Oliver Pocher. “Als Lockvogel haben wir die Dornbirnerin Maria Maksimovic ausgewählt. Sie spielte eine nervige Influencerin, die vorgab, mit dem Bruder seiner Frau verlobt zu sein. Für uns ist es ein kleiner Ritterschlag, jemanden aus der Branche reinzulegen, der täglich damit rechnet, von einer versteckten Kamera gefilmt zu werden”, berichtet Dörler.
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Doch nicht jede Nummer funktioniert reibungslos. „Wir wollten den Fußballprofi Lukas Podolski auf einer Spendengala bei einer Scheckübergabe reinlegen. Doch er ist nicht aufgetaucht. Wir haben den Lockvogel, Per Mertesacker, gebeten, ihn anzurufen. Podolski meinte, er komme heute nicht.“ Der Fußballprofi war bei seiner Großmutter beim Kuchenessen und wollte wegen einer sechsstelligen Spendensumme nicht persönlich auf der Gala erscheinen. „Wir mussten uns wohl oder übel eingestehen, dass diese Nummer nichts wird“, erzählt der Regisseur.
Abseits des Filmsets
Seit über 30 Jahren ist Nikolai Dörler nun schon bei „Verstehen Sie Spaß?“ tätig und war schon bei über 1300 Filmen für die Sendung dabei. Wenn der 53-Jährige nicht gerade hinter der Kamera oder in seinem Schnittzimmer im Keller des ORF-Landesstudios ist, trifft man ihn auf der Skipiste oder dem Mountainbike. Der Vater von sechs Kindern und Großvater von einer Enkelin wohnt mit seiner Familie in Lustenau.
zur person
Nikolai Dörler (53) wuchs im Kleinwalsertal auf und sammelte dort erste berufliche Erfahrungen als Assistent im Fotolabor. Über eine Fotografielehre lernte Dörler auch Kameraarbeit lieben und arbeitete als erst als Kameramann, später als Regisseur. Dörler lebt in Lustenau und ist Vater von sechs Kindern sowie Großvater von einer Enkelin.