Vorarlberg

Versuchte Morde vor “Sender”: 14 Jahre Haft

17.03.2025 • 20:21 Uhr
Versuchte Morde vor "Sender": 14 Jahre Haft
Die Verhandlung fand im Schwurgerichtssaal statt. Hartinger (3)

28-jähriger Türke verletzte im Jänner 2024 in Lustenau mit Pistolenschüssen zwei Tschetschenen schwer. Geschworene nahmen Mordversuche an. Zusatzstrafe für Vorbestraften.

Der mit einem Waffenverbot belegte Türke verletzte am 27. Jänner 2024 kurz vor Mitternacht vor dem Eingang der Lustenauer Diskothek Sender innerhalb von wenigen Sekunden mit fünf Pistolenschüssen aus nächster Nähe zwei Tschetschenen schwer. Der 32-Jährige erlitt vor allem einen Durchschuss des rechten Unterarms, der 43-Jährige einen Durchschuss des linken Unterschenkels.

7:1 Stimmen

Die acht Geschworenen werteten mit 7:1-Stimmen die Taten als versuchte Morde und Vergehen nach dem Waffengesetz. Dafür wurde der mit vier Vorstrafen belastete Angeklagte am Montag in einem Geschworenenprozess am Landesgericht Feldkirch zu einer Zusatzstrafe von 14 Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt.

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Als Teilschmerzengeld hat der 28-Jährige den anwaltlich von Stefan Denifl vertretenen Verletzten je 3060 Euro zu bezahlen.

Auf Wohnhaus geschossen

Das Urteil des Geschworenengerichts unter dem Vorsitz von Richter Martin Mitteregger ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte und Staatsanwalt Simon Mathis nahmen drei Tage Bedenkzeit in Anspruch. Die mögliche Höchststrafe wäre 10 bis 20 Jahre oder lebenslängliche Haft gewesen.

Versuchte Morde vor "Sender": 14 Jahre Haft
Richter Martin Mitteregger.

Das Landesgericht hatte bei der Strafbemessung das Feldkircher Urteil vom April 2024 zu berücksichtigen. Damals wurde über den Kurden rechtskräftig eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt. Das auch deshalb, weil der verheiratete Vater von drei Kindern in Bregenz auf ein Wohnhaus geschossen hatte.

Mit Umarmung begrüßt

Wegen der Schüsse in Bregenz wurde nach dem Geflüchteten öffentlich gefahndet. Dennoch wurde ihm am 27. Jänner 2024 im Sender Einlass gewährt. Der mit Sender-Securitys befreundete Türke durfte sogar im Büro des Clubs Platz nehmen. Dort sah er auf Monitoren der Überwachungsanlage, dass den beiden Tschetschenen der Zutritt zur Diskothek verweigert wurde. Weil gegen den 32-jährigen Tschetschenen ein Hausverbot bestanden haben soll.

Versuchte Morde vor "Sender": 14 Jahre Haft

Der Angeklagte ging vor den Disco-Eingang und mischte sich in die Diskussion zwischen den Tschetschenen und den Securitys ein. Der Türke und der 32-jährige Tschetschene waren miteinander bekannt. Sie begrüßten sich mit Umarmungen. Danach wurde die Stimmung aber feindselig. Der 32-jährige Tschetschene forderte den Türken zu einer Auseinandersetzung, Mann gegen Mann auf. Ein Security schob den Angeklagten zurück in die Diskothek.

Ohne Vorwarnung geschossen

Weniger Minuten später verließ der Angeklagte die Disco. Vor dem Eingang schoss er ohne Vorwarnung auf die beiden Tschetschenen und fuhr danach mit einem Auto davon. Am 16. Februar 2024 konnte der wegen der Bregenzer Schüsse Gesuchte in Basel festgenommen werden.

Der 32-jährige Tschetschene gab der Polizei erst am 28. März 2024 den Namen des Schützen bekannt, zwei Monate nach den Schüssen. Zuvor versuchten Tschetschenen und Kurden offenbar die Angelegenheit intern zu regeln.

Falsche Zeugenaussagen

Mehrere Sender-Mitarbeiter wurden inzwischen am Landesgericht wegen falscher Zeugenaussage und versuchter Begünstigung verurteilt. Weil sie als Zeugen vor der Polizei wahrheitswidrig behaupteten, nicht zu wissen, wer geschossen habe. Überwachungsvideos wurden gelöscht. Deswegen wurde einer der damaligen Sender-Geschäftsführer angeklagt. Dazu wurde am Landesgericht noch nicht geurteilt. Die Polizei konnte Überwachungsvideos wiederherstellen.

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Staatsanwalt Mathis beantragte einen Schuldspruch wegen der angeklagten versuchten Morde. Denn es sei einem Zufall zu verdanken, dass die angeschossenen Männer nicht tödlich verletzt worden seien. Der Angeklagte habe sich damit abgefunden und es in Kauf genommen, dass seine im Gehen abgegebenen Schüsse auf die sich bewegenden Männer auch tödlich enden hätten können. Insofern habe er die Tschetschenen zu töten versucht. Sieben der acht Geschworenen folgten der Rechtsansicht des öffentlichen Anklägers.

Wollte nicht töten

Verteidiger Franz Josef Giesinger wertete die Schüsse nur als schwere Körperverletzungen, mit einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Gefängnis. Weil sein Mandant keinen Tötungsvorsatz gehabt habe und auch keine Absicht, die Tschetschenen schwer zu verletzen. Deshalb liege auch keine absichtliche schwere Körperverletzung vor, mit einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Haft. Der Angeklagte habe mit seiner Pistole auf die Beine und Füße der auf ihn zugehenden Männer gezielt. Wäre es ihm darum gegangen, die Tschetschenen zu töten, hätte er sie problemlos erschießen können.

Sender Prozess Urteil
Der Angeklagte wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Die Tschetschenen, so Giesinger, hätten vor der Disco auf den Angeklagten gewartet und ihn attackieren wollen. Von einer Notwehr des Angeklagten sei nur deshalb nicht auszugehen, weil der Türke vor einem drohenden Angriff auf ihn die Pistole auf die Männer gerichtet habe.

Der derzeit im Gefängnis in Stein in Niederösterreich seine vorjährige Haftstrafe verbüßende Angeklagte sagte, er sei teilweise schuldig. Er habe die Tschetschenen nicht töten wollen.