Ein großes „Fass“ für große Ideen

Zwischen Dornbirn und Hohenems steht ein riesiger Wärmespeicher mit europäischem Vorzeigecharakter, samt fassadenintegrierter Photovoltaik-Anlage.
Schon von Weitem ist das Bauwerk zu sehen: 30 Meter hoch, 18 Meter im Durchmesser, fast vollständig in ein Gerüst gehüllt. Dahinter verbirgt sich nicht etwa ein neues Bürohochhaus, sondern ein gigantischer Wärmespeicher – mit einem Fassungsvermögen von 6 Millionen Litern Wasser. „Im Grunde ist es ein überdimensionierter Warmwasserboiler“, sagt Tobias Ilg vom EnergieWerk Ilg schmunzelnd – und bringt damit die technische Idee auf den Punkt. Und doch ist das, was hier entsteht, alles andere als gewöhnlich.
Denn der sogenannte Puffer ist nicht nur funktional, sondern auch ein gestalterisches Ausrufezeichen: Auf rund 1300 Quadratmetern wird eine fassadenintegrierte Photovoltaikanlage montiert, sogar auf der Nordseite. Die Module sind schwarz satiniert, reflexionsfrei und rahmenlos, was ihnen eine besonders edle Optik verleiht. „Wir wollten zeigen, dass Technik und Architektur Hand in Hand gehen können“, sagt Alexander Moosbrugger von MO energy systems, der das Projekt gemeinsam mit den Brüdern Bernhard und Tobias Ilg sowie dessen Tochter Julia sowie Helmut Burtscher, Geschäftsführer der Doma vkw, umgesetzt hat.

Kluge Details
Die Bauweise des Speichers folgt klaren funktionalen Vorgaben und birgt dennoch Raffinessen: Die rund 60 Zentimeter dicke Bodenplatte besteht aus sogenanntem Klimabeton. Bis zu 15 Prozent des Zements wurden dabei durch technischen Kohlenstoff ersetzt, der aus der betriebseigenen CO₂-Abscheideanlage in Dornbirn stammt. Für die nötige Statik sorgt nicht nur das breite Fundament, sondern auch der große Durchmesser – bei einer Höhe von rund 30 Metern essenziell. Drei Diffusoren im oberen Bereich des Tanks sorgen dafür, dass die Temperatur im Speicher gleichmäßig geschichtet bleibt. Eine gasdichte Spezialfolie verhindert, dass Sauerstoff in das Speichermedium eindringt und schützt so vor Korrosion. Der gesamte Speicher wurde vor Ort zusammengeschweißt, was sich in Langlebigkeit und Effizienz auszahlen soll.

Wärme für die Region
Die gespeicherte Wärmemenge im Puffer entspricht etwa jener, die das Nahwärme-Heizwerk in Hohenems an vier kalten Wintertagen an seine rund 100 Abnehmer, darunter das LKH, liefert. Derzeit hat das Wasser im Tank sechs Grad – es wurde im Winter befüllt. Um es einmal komplett aufzuheizen, bräuchte man rund 60.000 Liter Heizöl. Tatsächlich aber wird der Puffer mit nachhaltiger Energie gespeist: Abwärme aus Industrieanlagen, Biomasse und künftig auch neue Heizwerke liefern die Energie.
„Wir sprechen hier von echter Nachhaltigkeit“, betont Helmut Burtscher von den vkw. Der Speicher dient nicht nur der Versorgungssicherheit in Dornbirn, sondern auch dem Ausbau des Nahwärmenetzes im unteren Rheintal.

Technik aus Europa
Ein Punkt, den Tobias Ilg besonders hervorhebt, ist die Herkunft der Technik: „Kein Geld geht nach China. Alles, was hier verbaut ist, stammt aus Europa – von den Modulen bis zu den Wechselrichtern.“ Die verwendeten PV-Module bestehen zu 35 Prozent aus recyceltem Glas und wurden mit 100 Prozent erneuerbarer Energie produziert.

Alexander Moosbrugger spricht von einem Leuchtturmprojekt: „Diese Art der vertikalen PV-Integration ist bislang einzigartig und wir erhalten bereits Anfragen aus dem Ausland.“ Die Anforderungen waren hoch, nicht nur optisch. Da sich der Speicher direkt an der L 190 und nahe am Flughafen befindet, mussten die Module so konzipiert werden, dass keine störenden Reflexionen auftreten. Eine Aufgabe, die mit Bravour gemeistert wurde.
Stolzes Team
Die Bauzeit für den gigantischen Speicher betrug rund sechs Monate, das Investitionsvolumen lag bei 2,8 Millionen Euro. Alle Beteiligten betonen, dass das Projekt nur durch enge Zusammenarbeit möglich war. „Wir haben das gemeinsam entwickelt – von der ersten Idee bis zur Umsetzung“, sagt Tobias Ilg. Die Stimmung beim Lokalaugenschein war entsprechend gelöst und stolz. „Es ist beeindruckend, was hier entstanden ist“, sind sich alle einig.
60.000
Liter Heizöl würde man benötigen, um den Speicher einmal auf 98 Grad aufzuheizen.
Das entspricht dem gesamten durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 20 Einfamilienhäusern mit Ölheizung.
18
Meter Durchmesser hat der Speicher, bei einer Höhe von rund 30 Metern. Damit ist er so hoch wie ein zehnstöckiges Wohnhaus. Ursprünglich sei der Plan gewesen, 1000 Kubikmeter Puffer zu bauen. Aufgrund der Höhe hieß es jedoch rasch, dass aus statischen Gründen eine deutlich breitere Dimensionierung gemacht werden müsse.
6
Millionen Liter Wasser passen in den Puffer. Das entspricht rund 40.000 vollen Badewannen. Würde man alle diese Badewannen hintereinander aufreihen, ergäbe das eine Schlange von rund 20 Kilometern Länge.
