„Zuhören und Zeit nehmen“

Das Jugendforum Montafon lud zu „Let‘s talk democracy“. Jugendliche sowie Politiker, Medien, Schulen und Eltern folgten dem Ruf.
Demokratie braucht Dialog. Das zeigte die Veranstaltung „Let’s talk democracy“ im Montafon eindrucksvoll. Engagierte Jugendliche luden Vertreter aus Politik, Medien, Schule und Elternschaft zum Gespräch. In vorbereiteten Statements formulierten sie Wünsche, Sorgen und Kritik – von fehlender Wertschätzung über unzureichende Kommunikation bis zu Mitbestimmungsmöglichkeiten. „Es ist so schön, dass alle gekommen sind. Das ist eine große Wertschätzung für die Jugendarbeit“, freute sich Mitorganisatorin Elke Martin, Jugendkoordinatorin Stand Montafon.
Spannendes Format
Besonders im Fokus der Veranstaltung war das Zuhören auf Augenhöhe. Die Jugendlichen hatten klare Botschaften und bekamen ehrliche Rückmeldungen. Die Erwachsenen wurden aber nicht nur mit Kritik, sondern auch mit konstruktiven Vorschlägen konfrontiert. Jeder Erwachsene erhielt zum Abschluss ein konkretes „Todo“: einen persönlichen Auftrag für die Zukunft.
Die Idee zur Veranstaltung hatte Schülerin Lilly, die am Ende begeistert war, was daraus entstanden ist. Das spannende Format könnte Schule machen, denn alle Teilnehmenden waren sich einig, dass es mehr Veranstaltungen wie diese in Vorarlberg braucht.

Medien: „Nicht alles glauben“
Welche Rolle spielen Medien für junge Menschen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Gesprächsgruppe „Medien“. Die Jugendlichen kritisierten, dass Medien häufig negativ berichten und damit ein verzerrtes Bild zeichnen. Sie wünschten sich mehr positive Nachrichten und Transparenz, etwa bei der Nennung von Nationalitäten bei Straftaten.
Die Frage „Ist das wirklich relevant?“, wurde intensiv diskutiert. Die Journalisten erklärten, dass mediale Entscheidungen immer wieder neu abgewogen werden müssen: zwischen Informationspflicht und möglicher Stigmatisierung.
Die Jugendlichen äußerten auch Bedenken über Social Media: Was konsumieren sie selbst, was übernehmen sie von ihren Eltern? Wer beeinflusst wen? Am Ende war man sich einig: Es braucht mehr Medienbildung für junge Menschen und mehr Erklärung durch Journalisten, wenn Inhalte nicht einheitlich dargestellt werden können. „Todos“ gab es für beide Seiten: Die Jugendlichen sollen kritisch bleiben und vergleichen, die Medien sollen besser begründen, wie sie berichten.

Schule: Unterricht mit Leben füllen
Wir sollten mehr nachdenken dürfen, nicht nur Meinungen übernehmen“, lautete eine Forderung der Jugendlichen in der Diskussionsrunde „Schule“. Politische Bildung dürfe nicht nur Pflichtprogramm sein, sondern müsse echte Fragen verständlich und lebensnah behandeln.
Die Lehrpersonen betonten, dass Angebote wie Medienkompetenz und Demokratiebildung bereits bestehen, doch viele Jugendliche seien „im Schlafmodus“.
Hier sei Kreativität gefragt: Workshops, Gespräche mit Politikern, neue Formate.
Angelika Kaufmann von der Bildungsdirektion betonte, dass die Schulen an den großen Themen dran seien, aber strukturelle Grenzen wie Zeit und Ressourcen berücksichtigt werden müssten. Ein Wunsch aus der Jugendgruppe war, dass die Politik öfter direkt in Schulen gebracht werden soll, um demokratische Prozesse besser erfahrbar zu machen.

Politik: Neue Kanäle zum Dialog
Vor der Wahl sind wir gefragt, danach vergessen“: Mit dieser Aussage konfrontierten Jugendliche die Politik, die mit Landtagsabgeordneten aller Fraktionen und vielen Bürgermeistern vertreten war. Sie wünschen sich Sprechstunden mit Verantwortungsträgern, echte Beteiligung und ehrliche Kommunikation.
„Zuhören ist oft wichtiger als Reden“, betonte Monika Vonier (ÖVP). Dass Politik aber oft zwischen vielen Interessen vermitteln muss, erklärten etwa Mario Leiter (SPÖ) und andere.
Ein konkretes Beispiel war der geplante Skaterplatz, von dem Jugendliche lange nichts mehr hörten. Die Erklärung: Lärmsorgen und rechtliche Hürden. Informationen, die bei den Jugendlichen nie angekommen waren. Durch mehr Dialog, auch auf neuen Kanälen, solle sich das ändern, nahmen die Politiker aus dem Gespräch mit. Viele kündigten an, sich für stärkere Einbindung der Jugend einzusetzen.

Eltern: „Wollen mehr Zeit mit euch“
Hört uns zu, nehmt euch Zeit“, lautete die einfache Bitte an die Gruppe „Eltern“.
„Wir waren überrascht, dass mehr Zeit mit den Eltern so gefragt wäre“, sagte Simone Domigvon der offenen Jugendarbeit. Die Erwachsenen sprachen vom Spagat zwischen Beruf und Familie, aber auch vom eigenen Anspruch, für die Kinder da zu sein.
Diskutiert wurde auch der Umgang mit Smartphones. Nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Eltern. Die Jugendlichen betonten, dass ein kurzes, ehrliches Gespräch oft wertvoller sei, als viele gemeinsame Stunden ohne Aufmerksamkeit. Arbeit und Familie zu trennen, war eine der zentralen Forderungen der Jugendlichen. Als „Todo“ wurde unter anderem vorgeschlagen, die digitalen Stammtische, die es bereits für Eltern gibt, auch für Jugendliche zu öffnen. Ein Ziel müsse sein, gemeinsam Räume zu schaffen, in denen echte Gespräche ohne Ablenkung möglich sind.

Kommentar Joachim Mangard: <br>Die Jugend nimmt uns in die Pflicht
Gerne wird der Jugend Desinteresse oder Politkverdrossenheit attestiert.
Vom Gegenteil überzeugen konnten sich jene, die an diesem hervorragenden Diskussionsformat im Montaon teilnehmen durften.
Viel zu wenig oft passiert nämlich der Austausch auf Augenhöhe, Jugendliche fühlen sich zurecht unverstanden oder nicht gehört. Zwar hört man allerorts auf politischer Ebene bekannte Floskeln wie „die Jugend ist unsere Zukunft“ – bei konkreten Problemen ist aber oft das Ende der politischen Fahnenstange erreicht. Und die Jugendlichen wollen nicht als „Showobjekte“ der Politk dienen, wenn sie zum Beispiel im Wahlkampf als beliebtes Motiv neben den zur Wahl stehenden Personen abgelichtet werden.
Wir stehen alle in der Pflicht, wenn es darum geht, ein lebenswertes Miteinander zu gestalten. Die Problemstellungen, auf die der Montafoner Jugendrat aufmerksam machen will, decken sich mit jenen, mit denen Erwachsene konfrontiert werden. Demokratie, Angst um die Zukunft, Kampf gegen Rassismus, Hetze oder Vorteile – all das und mehr kam zur Sprache an den Tischen, wo die Teenager auf Augenhöhe mit ranghohen Vertretern und Vertreterinnen aus den Bereichen Politik, Medien oder Bildung diskutierten. Und uns allen unsere Verantwortlichkeiten vor Augen geführt haben.
Jugendliche wollen sich Gehör verschaffen und mitgestalten. Nun liegt es an uns allen, zuzuhören und Lösungen zu finden.