“Auf Teufel komm raus tun, was wichtig ist!”

Gerhard Rainalter (62) über seinen spannenden Lebensweg: Vom Soldaten über den Banker zum Consulter und Gastronomen.
Oft findet man ihn am Fass hinter der Treppe, meistens mit einem Gläschen Wein und praktisch immer in Gesellschaft: Gerhard Rainalter, Inhaber des Buongustaio Bregenz, ist einer, den die Menschen mögen. Unkompliziert, direkt und gerne mit Schmäh führt der Lustenauer nicht nur seine Gespräche, sondern, wie es scheint, das ganze Leben. Und dieses Leben hat einiges an interessanten Geschichten zu bieten.
Begonnen hat es vor 62 Jahren in Lustenau, genauer: im dortigen Entbindungsheim. „Da waren nur Hebammen, das war in Vorarlberg ein Unikum“, sagt Rainalter. Im Kindes- und Jugendalter gab es bereits große Erwartungen an den jungen Gerhard: „Meine Großmutter hätte gerne gehabt, dass ich Pfarrer werde. Wahrscheinlich hätte sie mir dann das Alleinerbe übertragen.“ Dennoch war die Aussicht auf ein Leben unter dem Mantel bzw. der Soutane der katholischen Kirche nicht attraktiv genug: Rainalter besuchte das Borg Schoren mit dem Vorhaben, Lehrer zu werden, und wandte sich auch dem Sport zu. „Insbesondere dem Fußball, ich habe in Lustenau gespielt und das ziemlich gut.“
Nach der Matura ging es direkt zum Bundesheer in den Grundwehrdienst. „Als junger Mensch ist es ja spannend, diese Disziplin und andere Herausforderungen zu erleben und zu erfüllen“, so der 62-Jährige. Die Anforderungen in Sachen Sportlichkeit und Umgang mit der Waffe wurden von ihm offensichtlich übererfüllt, Rainalter wurde fürs Jagdkommando in Wiener Neustadt rekrutiert. In der Elite-Einheit des Bundesheers lernte er „Sachen, von denen du hoffst, dass du sie nie anwenden musst, die du auch nicht anwenden willst – auch wenn du natürlich dazu bereit sein musst.“

Vom Soldaten zum Banker
Trotz einer spannenden Zeit in Wiener Neustadt führte das Leben Gerhard Rainalter wieder zurück nach Vorarlberg. Er bewarb sich bei mehreren Unternehmen, unter anderem bei der Raiffeisen Landesbank, damals noch unter dem Namen Raiffeisen-Verband Vorarlberg firmierend. „Die haben mich dann genommen, ich habe als ganz kleiner Wicht angefangen“, erzählt der Lustenauer. Doch aus diesem kleinen Wicht wurde schnell einer der ganz Großen: „Jedes Mal, wenn ich kündigen und etwas anderes machen wollte, also sicher vier bis fünf Mal, hat man mich befördert“, sagt Rainalter lachend. Die letzte Beförderung war dann jene zum Geschäftsführer, eine Position, die er acht Jahre lang bekleidete und dabei auf der ganzen Welt unterwegs war.
Nachdem er mit dem Team seines Geschäftsbereichs zum dritten Mal einen europaweiten Wettbewerb gewonnen hatte, dachte sich der damalige Banker: „Was mache ich hier eigentlich? Meine Mitarbeiter können das doch eh alleine.“ Also überlegte er sich eine neue Herausforderung.
Adieu nach 24 Jahren
„Weil ich viel im Auslandsgeschäft tätig war, dachte ich mir, ich könnte Vorarlberger Unternehmen helfen, in anderen Regionen der Welt Fuß zu fassen“, so Rainalter. Gesagt, getan: Nach 24 Jahren verließ er – in bester Freundschaft – die Raiffeisen Landesbank und gründete sein Consulting-Unternehmen Innovate. Aber: „Wir haben da keine Rationalisierungsprogramme gemacht, wollten keine Mitarbeiter abbauen, eher das Gegenteil.“ Schnell machte sich die Firma einen guten Namen, betreute bald auch Gemeindeentwicklungsprojekte. „Da ging es mehr oder weniger um Zukunftsprogramme für ‚Charme-Regionen‘, Industriestädte haben mich nie interessiert. Die Frage war, was man tun kann, damit eine bestehende Gemeinde auch in 20, 30 Jahren noch funktioniert. Da ging es natürlich um touristische Themen, vor allem aber um die Einheimischen. Was braucht die Gemeinde, damit die jungen Leute nach dem Studium zurückkommen, um dort zu leben und zu arbeiten?“, schildert Rainalter das Tätigkeitsgebiet. Geografisch beschränkte er sich bei Weitem nicht auf das nähere Umfeld, sondern war österreichweit und auch in Norditalien tätig. „Ich wollte schon über die Landesgrenzen hinaus, aber nicht mehr durch die ganze Weltgeschichte fliegen“, erinnert sich der Unternehmer. Zumal damals die beiden Töchter (heute 19 und 22) schon geboren waren, aber: „Dadurch, dass es sich eben um Österreich und Norditalien handelte und nicht um Saigon, war ich genug zu Hause, um mich um die Kinder kümmern zu können.“
Trotz alldem war aber noch genug Zeit für ein weiteres Standbein: Zusammen mit dem Tiroler Architekten Josef Wurzer gründete er ein weiteres Unternehmen, welches etwa gotische oder romanische Bauwerke restaurierte und renovierte, manchmal auch zusammen mit Denkmalämtern.

Anfänge im Buongustaio
Und auch das heutige „Lieblingsbaby“ entstand zu dieser Zeit. Werner König, damaliger Inhaber des Buongustaio in Dornbirn und Mitglied von Rainalters „Weinrunde“, bot dem Lustenauer an, ins Geschäft einzusteigen. „Er meinte, ich hätte das nötige Know-how, das Konzept Buongustaio zu multiplizieren. Also haben wir das gemacht, und zwei Jahre später eröffnete ich das Buongustaio Bregenz als Musterbeispiel.“
Die Bregenzer Niederlassung ist die größte der inzwischen sieben Buongustaios, auch die einzige, in der es ein Mittagsmenü gibt. „Das Ganze als Franchise zu vergeben, ist schwierig, denn man braucht wirklich viel Know-how, die Leute fragen nach Rezepten, Produkten, Weinen. Außerdem braucht es auch ein bisschen optischen Stil, also muss man Geld in die Hand nehmen“, so Rainalter. Aber es funktioniert. Alle Geschäfte laufen gut, auch das eigene in Bregenz. Weshalb darauf in Zukunft der Fokus liegen soll: „Ich werde jetzt 63, ich trinke lieber ein Gläschen im Buongustaio, als dauernd in der Gegend herumzufahren“, sagt der Chef ehrlich. „Das Architekturunternehmen ist abgeschlossen. In der Kommunalentwicklung laufen noch ein paar Sachen, aber grundsätzlich lasse ich das auch langsam ausdudeln.“
„Ich werde jetzt 63 und trinke lieber ein Gläschen, als in der Gegend herumzufahren.“
Gerhard Rainalter
Dennoch hat der Tag viele Stunden, die Rainalter allerdings gut zu nutzen weiß. Am Vormittag arbeitet er „hochkonzentriert“ im Büro, „da bin ich sehr effizient und erledige Aufgaben von drei Tagen in drei Stunden“. Denn: „So bleibt mir am Nachmittag Zeit dafür, im Geschäft zu sein und gute Gespräche zu führen. Das ist es ja, was ich eigentlich will. Weil, hier geht es um Menschen. Mit Stammkunden reden, ein Gläsle trinken, einander auch mal die Sorgen erzählen, da ist man am Leben dran. Essen, Trinken, Wohlfühlen, Zufriedensein, oder auch mal Rezepte austauschen. Einige meiner Gäste sind ja super Köche und ich selbst koche auch leidenschaftlich gerne.“ Und so experimentierfreudig er ist, in einem Punkt kennt Rainalter, Sohn eines Italieners, kein Pardon: „Zu Spaghetti Carbonara gehören Guanciale und Pecorino romano. Kein Speck, keine Sahne!“
Auch eine Sache, die gar nicht geht: Der Ruhestand. „Völlig in Pension werde ich sicher nicht gehen, da kratze ich nach zwei Wochen die Tapeten von den Wänden. Aber ein bisschen kürzer treten werde ich schon, vielleicht ein paar Reisen organisieren, die Kunst, Kultur und Genuss verbinden, oder einfach vor dem Lokal auf dem Bänkle sitzen.“

Fazit
Rainalters Fazit der ersten bald 63 Jahre? „Ausprobieren! Ich hatte einen Job, bei dem 95 Prozent fragten, wie ich damit aufhören konnte, aber es passt nicht jeder Beruf zu jeder Lebensphase. Man muss seiner Leidenschaft folgen, tun, was das Herz sagt. Manchmal dreht man eine Ehrenrunde, aber auch das muss es geben. Es braucht Mut zum Scheitern und zum Neubeginn, auch wenn der Ausgang unklar ist. Neuanfänge kann man nicht in einer Tabelle kalkulieren. Und man muss das, was einem wichtig ist, auf Teufel komm raus tun. Sich trauen. Das geht der Gesellschaft zunehmend ab, man schaut nur noch auf Sicherheit, und das ist mir einfach zu wenig.“