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Vorarlberg rüstet auf

24.02.2024 • 23:00 Uhr
Hubertus Deuring ist Büchsenmacher, Jäger und Waffenhändler. <span class="copyright">Hartinger</span>
Hubertus Deuring ist Büchsenmacher, Jäger und Waffenhändler. Hartinger

Rund 39.600 private Schusswaffen sind derzeit im Ländle registriert. Die NEUE hat dazu nachgefragt.

Die Covid-Pandemie hat vieles zu verantworten. „Corona halt“ ist heutzutage eine legitime Begründung, wenn es etwa um den Anstieg von Homeoffice, Einsamkeit oder Konkursen geht. Angestiegen, und zwar deutlich, sind seit dem Ausbruch von Covid-19 auch die Waffenkäufe und Anträge auf eine Waffenbesitzkarte.

Im Jahr 2019 gab es vorarlbergweit 529 ausgestellte Waffenbesitzkarten, 2020 waren es 536 Stück – und 2021 bereits 888. Das ist eine Erhöhung von fast 68 Prozent. Dass dieser Sprung 2021 und nicht im Pandemiejahr 2020 stattfand, liegt unter anderem daran, dass die Bearbeitung eines jeden Antrags Zeit braucht – und oft auch Mittel, die während der Lockdowns nur eingeschränkt verfügbar waren, wie etwa die psychologische Untersuchung.

Sicherheitsbedürfnis

Grundsätzlich lässt sich sagen: Seit der Covid-19-Hochphase – und teils auch seit Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 – ist das Bedürfnis nach Sicherheit, Verteidigung und Eigenschutz gestiegen. Ob eine Schusswaffe das geeignete Mittel zur Selbstverteidigung ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, jedoch: „Es ist jedenfalls eines der legalen Mittel, aber, wie alle anderen auch, sehr trainingsintensiv“, so Fabian Marchetti von der Vorarl­berger Landespolizeidirektion. Denn der richtige Umgang mit der Waffe will, ebenso wie das Schießen an sich, gelernt sein. Umso wichtiger ist es jedenfalls, sich entsprechend über geltende Rechtslagen zum Besitz von und den Umgang mit einer Schusswaffe zu informieren und aufklären zu lassen.

Einer, der sich gut auskennt, ist Hubertus Deuring, Waffenhändler in dritter Generation, Jäger und derzeit auch Büchsenmacher in Ausbildung. „Da geht es mir vor allem um das technische Verständnis, das Fachwissen“, so Deuring. Auch er erkennt ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis: „Das entsteht durch Konflikte, wie aktuell etwa der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, auch die Flüchtlingswelle hat dazu beigetragen.“

Seit Covid-19 habe sich übrigens nicht nur die Anzahl der vergebenen Waffenbesitzkarten, sondern auch das Kaufverhalten der Kunden geändert: „Wie andere Händler haben auch wir einen Anstieg im Online-Waffenhandel wahrgenommen“, sagt Deuring. „Das liegt daran, dass sich viele Kunden schon fast so gut auskennen wie ein Mann vom Fach.“ Aber es gebe auch Informationen, die nicht so leicht aus dem Internet geholt werden können, wie etwa das Schussverhalten oder die Lieferzeit der Waffe – normal sind etwa drei bis sechs Monate.

Abkühlphase

Beim Kauf zu beachten: Braucht man für die Waffe eine Berechtigung? Gewehre der Kategorie C, die nach jeder Schussabgabe manuell nachgeladen werden müssen, sind ohne Genehmigung erwerbbar. Dennoch müssen sie, wie alle anderen Waffen auch, registriert werden. Zudem dürfen sie dem Kunden erst nach einer dreitägigen „Abkühlphase“, geltend ab Kaufabschluss, überlassen werden.

Zweck berücksichtigen

Unter die Kategorie B, für die eine Waffenbesitzkarte nötig ist, fallen Faustfeuerwaffen, Repetierflinten und halbautomatische Schusswaffen (sofern nicht verbotene oder Kriegswaffen). Die Waffenbesitzkarte berechtigt zum Kauf und Besitz von zwei Stück. Bei der Auswahl gilt es vor allem, den Zweck zu berücksichtigen: „Am besten wählt man ein Kaliber, das den jeweiligen Ansprüchen entspricht“, rät Hubertus Deuring. „Für Sportschützen etwa ist ein günstigeres Kaliber zu empfehlen, da der Verbrauch an Munition sehr hoch ist. Geht es rein um die Selbstverteidigung, nimmt man Munition mit einer sehr starken Wirkung.“

Wichtig ist auch die korrekte Aufbewahrung der Waffe, die von der Polizei jederzeit ohne Vorankündigung überprüft werden kann. Laut einer Erhebung des Kuratoriums für Sicherheit verwahren acht Prozent der österreichischen Waffenbesitzer ihr Gerät unter dem Kopfkissen oder unter dem Bett. „Das ist illegal und untersagt“, erklärt Deuring, „eine Schusswaffe muss in einem geschlossenen und versperrten Gefäß aufbewahrt werden.“ Geeignet sind etwa ein Tresor oder ein spezieller Waffenschrank.

Der Waffenhändler kann übrigens auch „Nein“ sagen – im Bezauer Geschäft der Deurings ist das etwa der Fall, wenn jemand „nach einer Waffe fragt, die er einfach so mitnehmen will, oder – da spreche ich als Jäger – wenn jemand ein total falsches Kaliber auf eine Wildart verwenden will.“

Sportschützen und Jäger

Die derzeit rund 39.600 registrierten Schusswaffen im Privatbesitz der Vorarlberger sind bei Weitem nicht nur zur Selbstverteidigung gedacht. So gibt es immer mehr Schützen, die das Schießen als Sport betreiben, etwa an einem der Schießtstände im Land. Und auch die Jagd ist wieder im Kommen, auch bei jungen Leuten. „Da ist die Schussabgabe aber das Kleine vom Großen, 95 Prozent der Jagd haben nichts mit dem Schießen zu tun. Das muss man im Vorhinein wissen“, sagt Deuring. „In erster Linie geht es um das Hegen und Pflegen der Wildbestände.“

Schlussendlich jedoch, egal, ob für Sportschützen, Jäger oder ums eigene Wohl Besorgte, steht an allererster Stelle ein äußerst verantwortungsvoller Umgang mit der Waffe. Korrekte Aufbewahrung, genügend profunde Kenntnisse in Theorie und Praxis – und auch das Wissen, dass eine falsche oder unüberlegte Handhabung fatale Folgen haben kann.