Messerattacke war kein versuchter Mord

60-Jähriger verletzte Mitbewohner mit Messerstich leicht. Eines von drei Haftjahren ist zu verbüßen. Schuldspruch nur wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung.
Die acht Geschworenen gingen nicht vom angeklagten versuchten Mord aus. Stattdessen werteten sieben der acht Laienrichter die Tat als versuchte absichtliche schwere Körperverletzung. Dafür wurde der unbescholtene Angeklagte am Freitag in einem Geschworenenprozess am Landesgericht Feldkirch zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Davon ist ein Jahr zu verbüßen.
Der Angeklagte darf während der dreijährigen Bewährungszeit keinen Kontakt zum mutmaßlichen Opfer haben und muss Bewährungshilfe in Anspruch nehmen. Als Teilschmerzengeld hat der 60-Jährige dem Verletzten 2000 Euro zu bezahlen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte nahm drei Tage Bedenkzeit in Anspruch. Staatsanwalt Markus Fußenegger meldete Strafberufung an. Der Strafrahmen belief sich auf zwei bis zehn Jahre Haft.
Küchenmesser genommen
Die Geschworenen folgten den Angaben des mutmaßlichen Opfers. Der 40-jährige Deutsche sagte, der angeklagte WG-Mitbewohner habe am 17. Juni 2022 in der Arbeiterunterkunft in Weiler stehend ins Sitz-WC gepinkelt und nicht ins reparierte Stehpissoir. Deshalb habe er den Türken gerügt. Der Angeklagte habe daraufhin ein Küchenmesser genommen und versucht, in der Küche auf ihn einzustechen. Er habe die direkt auf seinen Hals gezielten Stiche abwehren können, indem er die die Waffe führende Hand des Angeklagten erfasst habe. Außerdem habe er dem Türken in Notwehr drei Faustschläge ins Gesicht versetzt. Ein Stich mit dem 25 Zentimeter langen Messer habe ihn an einem Oberarm leicht verletzt.
Es sei ein Unfall gewesen
Der Angeklagte sagte, er sei nicht schuldig, und sprach von einem Unfall. Er habe das Messer passiv in der Hand gehalten, um damit in der Küche Brot zu schneiden. Sein deutscher Mitbewohner habe ihn geschlagen und getreten. Verteidiger Josef Lercher beantragte einen Freispruch wegen Notwehr.
Ursprünglich klagte die Staatsanwaltschaft Feldkirch den Vorfall wegen versuchter absichtlicher schwerer Körperverletzung an. Ein Schöffensenat fällte aber im März 2023 am Landesgericht ein Unzuständigkeitsurteil: weil Hinweise für einen Mordversuch vorliegen würden, mit versuchten gezielten Stichen in den Hals. Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen versuchten Mordes.
Was am Freitag mildernd gewertet wurde: Unbescholtenheit, die Tat blieb beim Versuch, Verfahrensdauer, bezahlte Opfer-Behandlungskosten, freiwillige Therapie und Bewährungshilfe.