Hartes Ringen um ausländische Fachkräfte für Vorarlberg

Der Expat-Service soll helfen, den Fachkräftemangel in Vorarlberg zu entschärfen. 64 Veranstaltungen und viel positives Echo stehen nach einem Jahr Tätigkeit zu Buche.
Der Fach- beziehungsweise allgemeine Arbeitskräftemangel betrifft auch immer mehr Vorarlberg. Ein großes Hemmnis für Wirtschaftswachstum und damit für die Sicherung des Wohlstandes im Land. Aus diesem Grund haben die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer nach einer intensiven Planungs- und Evaluierungsphase und unter Einbindung betroffener Betriebe gemeinsam den Expat-Service gegründet. Dieser soll die Zuwanderung von internationalen, qualifizierten Fachkräften erleichtern.

“Wir müssen was machen”
„Wir haben uns dieses Themas angenommen, weil unsere Mitgliedsbetriebe bei ihren internationalen Rekrutierungen unzufrieden waren. Rund 50 Prozent der Rekrutierten haben Vorarlberg in den ersten zwei Jahren wieder verlassen. Dabei war meistens nicht der Job, sondern bürokratische Hürden und die Integration der Hauptgrund. Sie fühlten sich nicht angekommen. Die Betriebe mussten die Stelle dann wieder neu besetzen, was Zeit und Geld kostet“, führt Christian Zoll, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung und Vorsitzender des Vereins Expat-Service aus. „Vor diesem Hintergrund war uns klar, da müssen wir was machen. So kam es zur Gründung des Expat-Service in Dornbirn.“
Harter Wettbewerb
Ganz Europa ist mit der Herausforderung nach der Suche von gut ausgebildeten Arbeitskräften konfrontiert. „Es ist ein harter Wettbewerb, den wir nun professionell führen können“, weiß Zoll. Aufgabe des Expat-Service ist, die internationale Rekrutierung von Vorarlberger Unternehmen zu erleichtern und angekommene Arbeitskräfte, kurz Expats, bei der Integration und behördlichen Angelegenheiten zu unterstützen. Geschäftsführerin ist Claudia Neumayr, die von Community Manager Jakob Sieber unterstützt wird.

64 Veranstaltungen
Und die Arbeit trägt nach einem Jahr Früchte, wie Christian Zoll bestätigt. „Unser Ziel war es, nach einem Jahr zwölf Betriebe mit an Bord zu haben. Aktuell sind es 17 – also deutlich mehr, als wir erwartet hatten. Die Resonanz der Betriebe und der Expats ist auch durchwegs positiv. Zudem haben wir 64 Veranstaltungen durchgeführt und betreuen derzeit 400 Expats und Familien. Das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann.“

Schwerpunkt sozialer Bereich
„Die Rekrutierung machen die Betriebe, sobald der Arbeitsvertrag unterschrieben ist, kommen wir ins Spiel“, so Geschäftsführerin Neumayr. Die Wahl-Vorarlberger werden dabei unterstützt, im Ländle allgemein Fuß zu fassen. Ein weiterer Schwerpunkt des Expat-Service liegt im sozialen Bereich. Die „Neuankömmlinge“ sollen sich wohl und integriert fühlen. Viele internationale Fachkräfte sind in Vorarlberg mit ihrem Job und der Lebensqualität zufrieden, tun sich aber schwer, soziale Kontakte zu knüpfen. Neumayr: „Da ist oft die Sprache ein Hindernis und es ist nicht einfach, neue Freundschaften zu finden.“ Dem wirkt das Expat-Service mit einem vielfältigen Angebot und Veranstaltungen entgegen. „Dazu zählen Informationsveranstaltungen über unser Bildungs- oder Steuersystem genauso wie Netzwerktreffen und kulturelle Ereignisse. Außerdem bieten wir Sprachkurse an und unterstützen auch sonst bei anderen Herausforderungen, die eben anfallen, wenn man in ein neues Land zieht“, sagt die Geschäftsführerin.

Gute Vernetzung
Auch die Vernetzung mit Einheimischen funktioniere sehr gut. „Gerade dieser Punkt ist uns wichtig, denn wir wollen verhindern, dass Expats nur in ihrer eigenen Community leben“, so Neumayr. „Es ist überwältigend zu sehen, wie gut unsere sozialen Aktivitäten von Wanderausflügen und Skifahren bis hin zu lockeren Treffen nach der Arbeit angenommen werden. Hier haben sich bereits zahlreiche Freundschaften zwischen Expats untereinander wie auch zu Einheimischen entwickelt.“

Individuelle Herausforderungen
Die Herausforderungen für die Neo-Vorarlberger sind sehr individuell. „Wir bekommen viele Anfragen, sehr häufig geht es jedoch darum, die mitgereiste Familie zu unterstützen, beispielsweise Schulen für die Kinder zu finden. Es ist uns wichtig, dass sich auch die mitgekommenen Partner sowie die Kinder in Vorarlberg wohlfühlen und neue berufliche und schulische Chancen finden“, erklärt Christian Zoll. In Sachen Bildung hat Vorarlberg mit der neuen Internationalen Schule in Bregenz einen Trumpf in der Hand. „Die Ausbildung ihrer Kinder ist den Expats sehr wichtig. Das ist und wird auch in Zukunft ein entscheidender Punkt bei der Auswahl der Arbeitsstelle sein.“

Große Pläne
Auch für das zweite Jahr haben Claudia Neumayr und ihr Team in Dornbirn große Pläne. Zahlreiche Veranstaltungen zu Vernetzung und Information sind bereits für die kommenden Wochen geplant. „Gerne können sich interessierte Einheimische einbringen, die sich freuen, Teil einer internationalen Gemeinschaft hier im Ländle zu sein“, so Neumayr. Genauso steht es allen Vorarlberger Betrieben offen, Mitglied im Verein Expat-Service Vorarlberg zu werden und von den Unterstützungsleistungen zu profitieren.

Viel zu bieten
Und für den Vorsitzenden des Vereins, Christian Zoll, ist klar: „Aufgrund der schon länger rückläufigen Geburtenrate, ist in Zukunft Wachstum ohne Zuzug nicht möglich. Dieses Thema wird uns noch länger beschäftigen und ich bin froh, dass wir mit dem Expat-Service eine zielgerichtete Anlaufstelle haben, um im internationalen Kampf um die Fachkräfte bestehen zu können.“ Und Claudia Neumayr ergänzt: „Wir müssen uns im internationalen Vergleich nicht verstecken, wir haben in Vorarlberg viel zu bieten. Wie zum Beispiel die erstklassige Familienunterstützung mit Mutterschutz und Kinderbetreuungsgeld. Da kann unter anderem die Schweiz, die bei der Rekrutierung viel Geld in die Hand nimmt, nicht mithalten.“
Übrigens: Die ökonomischen Effekte durch erwerbstätige internationale Fachkräfte in Vorarlberg betrugen laut dem Institut für Höhere Studien (IHS) im Jahr 2019 rund 2,6 Milliarden Euro.