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Ein halbes Leben leidenschaftlicher CliniClown

25.05.2024 • 19:00 Uhr
Interview mit Maria Keckeisen zum Thema Clinic-Clowns
Maria Keckeisen-Felder geht seit fast 30 Jahren auf Visite.Hartinger

CliniClowns sind rezeptfrei und verschreiben nur eines: die Lachtherapie. Eine Frau der ersten Stunde ist Maria Keckeisen-Felder, die seit fast 30 Jahren mit voller Leidenschaft in Vorarl­bergs Krankenzimmern auf Visite geht.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1986 über dem großen Teich. Michael Christensen, ein professioneller Clown, der mit anderen den berühmten New Yorker „Big Apple Circus“ aufbaute, besuchte immer wieder seinen an Krebs erkrankten Bruder im Krankenhaus im Clown-Kostüm. Vereinzelt brachte er auch seine Clown-Kollegen mit. So wurde die Idee geboren, die schon bald weltweit ein voller Erfolg werden sollte – die „Lachtherapie“. Als einer der ersten Vereine in Europa setzten dann 1991 die CliniClowns Austria die Idee der Clown-Doktoren um. Vier Jahre später wurde dann auch Vorarlberg von der Humortherapie infiziert. Die Clini-Clowns Vorarlberg, die seit 2011 von Brigitte Nußbaumer-Rohner geleitet werden, waren startklar. Vier Frauen und drei Männer führten die ersten Clown-Visiten auf Kinderstationen durch.

Interview mit Maria Keckeisen zum Thema Clinic-Clowns
Die 59-jährige Eggerin in ihrem Element. Klaus hartinger

Von Beginn an dabei

Seit der ersten Stunde mit dabei ist Maria Keckeisen-Felder. „Der Clown steckt einfach in mir“, so die diplomierte Spielpädagogin. „Zudem arbeite ich gerne mit Menschen, vor allem mit Kindern.“ Wie kam der erste Kontakt zustande? „Ein Freund sagte mir, dass die CliniClowns in Vorarlberg starten wollen und auf der Dornbirner Herbstmesse einen Infostand haben. Den besuchte ich und war begeistert. Da wollte ich dabei sein, und dann ging es schon an die Ausbildung.“

CliniClowns
Die CliniClowns Vorarlberg gehen seit 1995 auf Visite.ursula Dünser

Ausbildung

CliniClowns versuchen, jede Situation im Krankenzimmer einfühlsam, individuell und clownesk zu meistern. Diese Fähigkeit muss erlernt werden, damit die Humortherapie wirken kann. Der Schwerpunkt bei der Ausbildung liegt auf Improvisationsarbeit, aber auch einiges an Fingerspitzengefühl ist gefragt.

„Beides ist erforderlich. Beim Betreten eines Krankenzimmers ist es wichtig, die Situation und Stimmung möglichst schnell zu erfassen und darauf einzugehen. Wir haben bestimmte Themen im Hinterkopf und Requisiten im Koffer dabei. Was in den vier Wänden läuft, bestimmen aber die Patienten. Da ist Improvisation und ein gutes Zusammenspiel mit dem Partner, wir treten immer zu zweit auf, ­entscheidend. Diese ­Herausforderung, kreativ zu sein und neue Ideen umzusetzen, macht es auch immer wieder spannend für uns“, sagt die 59 -Jährige.

CliniClowns
Mit ganzem Herzen dabei: Maria Keckeisen-Felder. Ursula Dünser

Weiterentwickeln

In Schulungen erlernen die CliniClowns auch Jonglieren, Zaubern, die Verwendung von Musik und Luftballon-Modellieren. Auch medizinische Themen werden vermittelt. Und ganz nach dem Motto „Wer rastet, der rostet“ bilden sich die CliniClowns regelmäßig weiter. Neue Techniken werden erlernt sowie die jeweilige Clown-Figur weiterentwickelt.

Zur person

Name: Maria Keckeisen-Felder
Geboren: Oktober 1964 in Bregenz
Familienstand: Verheiratet
Wohnort: Egg
Beruf: Diplomierte Spielpädagogin, CliniClown
Ausbildung: Matura, Jugendleiterin und Pastoralassistentin, Spielpädagogin
Hobbys: Natur, Spielen, Jonglieren, Lesen, Singen

Namensgebung

Apropos Clown-Figur: Maria Keckeisen-Felder geht als dr. Dr. Suseldrus auf Visite. „Der Name stammt aus einem meiner Lieblings-Kinderbücher: Die Töpfchenhexe von Vera Ruoff. Der Freund der Hexe ist der Zauberer Suseldrus.“ Und wieso zwei Doktortitel? „Ich habe zuerst den kleinen Doktor gemacht und dann den großen, weil ich die große Prüfung nicht gleich geschafft habe.“ Ihre Spezialgebiete sind Wortwitze und Wortspiele. „Ich spiele einen Clown, der gern redet.“ Auch jonglieren, zaubern und singen hat die Eggerin in ihrem Repertoire. „Oft ist es das Einfache, das gut ankommt.“

Über 150 Visiten

Von Mitte September bis Mitte Juli sind die CliniClowns Vorarlberg in den Krankenhäusern des Landes unterwegs und halten dabei jede Woche fünf bis sechs Clown-Visiten ab. Neben den Kinderstationen in Bregenz, Feldkirch und Dornbirn auch Erwachsene in der Onkologie-Abteilung in Feldkirch, Bludenz und Rankweil sowie die Pulmologie-Abteilung in Hohenems.
Bei einer Visite werden bis zu 25 Kinder beziehungsweise Erwachsene betreut. Die derzeit 17 CliniClowns in Vorarlberg, die aus verschiedensten Berufs­sparten kommen, absolvieren insgesamt über 150 Clown-Visiten im Jahr.

Ein halbes Leben leidenschaftlicher CliniClown
Gute Laune bei den CliniClowns. Klaus Hartinger

Lachen ist Leben

„Dürfen wir hereinkommen?“, dieser Satz steht meist am Anfang der Visiten. Die CliniClowns sind dabei rezeptfrei, haben nur positive Nebenwirkungen und verschreiben die Lachtherapie. „Wir können die Patienten nicht gesund machen, aber mit unserem Wirken schöpfen die Schwerstkranken neue Lebenskraft, und für einige Zeit treten Schmerzen, Angst, Trauer und Verzweiflung in den Hintergrund. Lachen ist Leben und bedeutet Hoffnung“, so Maria Keckeisen-Felder, die ein- bis zweimal pro Woche im Einsatz ist.

Interview mit Maria Keckeisen zum Thema Clinic-Clowns
Die NEUE besuchte Maria Keckeisen-Felder in Egg. Klaus Hartinger


Für die Erwachsenen sei es auch eine Ablenkung. „Hier stehen eher Gespräche im Vordergrund.“ Die Figur des Clowns verkörpert auch hier Motivation, Hoffnung, Zuversicht, Lebensfreude und Freundschaft.

Selbstverständlich gibt es bei aller künstlerischer Freiheit der CliniClowns die Verpflichtung, die Privatsphäre der Patienten und ihrer Angehörigen zu respektieren.

Berührende Momente

Was war ihr berührendster Moment? „Da gibt es natürlich viele, ich bin ja schon lange dabei. An einen erinnere ich mich aber besonders. Ein zwölfjähriges Mädchen, das wusste, dass es sterben würde, wollte mit uns über den Tod reden. Das war ihr unheimlich wichtig, weil sie dies mit ihren Eltern nicht konnte. Da haben wir dann auch die Nase abgenommen.“

Interview mit Maria Keckeisen zum Thema Clinic-Clowns


Solche bewegenden Momente werden auch ins eigene Leben mitgenommen, und der Eggerin ist klar, dass „der Tod zum Leben dazugehört. Ich versuche daher, aus jedem Tag das Beste zu machen, und freue mich auch über kleine Dinge.“ Zur Visite gehört auch ein anschließendes Gespräch mit dem Clown-Partner und das Schreiben eines Arbeitsberichts. „Diese Reflexion ist wichtig und hilft, die ersten Eindrücke im Krankenhaus zu lassen. Bei Bedarf können wir auch eine Supervision in Anspruch nehmen.“

Viel Energie

Maria Keckeisen-Felder sorgt nun schon seit fast 30 Jahren für gute Laune in den Krankenhäusern. Gibt es ein Ablaufdatum? „Ich bin immer noch mit ganzem Herzen dabei, und solange das so ist, werde ich weitermachen. Aufhören wird dann ein Thema, wenn ich das Gefühl habe, nicht mehr mit voller Energie in die Krankenzimmer zu gehen.“

Ein halbes Leben leidenschaftlicher CliniClown

Energie hat die umtriebige Eggerin aber noch sehr viel. Neben ihrem Hauptberuf als diplomierte Spielpädagogin und als CliniClown ist Maria Keckeisen-Felder unter anderem auch Mitglied beim Harder Anarttheater und dem Bahnhofchor Andelsbuch.