Auch Polizeischule arbeitet Messerattacke auf

Besuch der Polizeischule in Feldkirch. Neben einem umfassenden Einblick in die Ausbildung mit Theorie und Praxis war auch die tödliche Messerattacke in Mannheim ein Thema.
Die brutale Messerattacke vor einer Woche in Mannheim löste Trauer und Entsetzen aus. Ein 25-jähriger Afghane tötete auf dem Marktplatz in der Innenstadt bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) einen 29-jährigen Polizisten mit Stichen in den Kopfbereich. Der Täter wurde daraufhin angeschossen und außer Gefecht gesetzt.

Die NEUE am Sonntag besuchte das Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive Vorarlberg in Feldkirch, wo der „Polizeinachwuchs“ ausgebildet wird. Auch die angehenden Sicherheitskräfte zeigten sich angesichts der schrecklichen Tat betroffen. „Wenn man die Videos sieht, ist es schon schockierend“, sagt Polizeischülerin Julia Machac. „Wir haben das Thema jedoch gut aufgearbeitet, und ich lasse mich dadurch nicht von meinem Weg abbringen. Ich will Polizistin werden.“ Es sei ihr aber nun klarer geworden, „wie wichtig bei Einsätzen ein guter Partner als Rückversicherung ist“. Die 20-jährige Höchsterin ist weiter leidenschaftlich in der Ausbildung, die sie auch selbstbewusster gemacht hat. „Das war meine beste Entscheidung.“

Daniel Riedler ist seit eineinhalb Jahren in der Ausbildung und weiß auch, dass bei diesem Beruf immer ein gewisses Risiko dabei ist. „Bei einer so schrecklichen Tat wie in Mannheim fängt man aber schon an nachzudenken.“ Vom Polizeiberuf will er sich jedoch nicht abbringen lassen. „Ich bleibe nach der Ausbildung dabei.“ Der 33-jährige Bürser ist quasi ein Quereinsteiger, absolvierte zuvor zwei Lehren, unter anderem als technischer Zeichner, und machte nebenher die Abendmatura. „Ich freue mich auf meinen abwechslungsreichen Beruf.“
Rücksichtsloses Vorgehen
„Mannheim hat klar gezeigt, dass die Täter immer rücksichtsloser und entschlossener vorgehen. Sie sind nicht nur körperlich, sondern auch geistig auf die Tat vorbereitet“, so Bildungszentrum-Leiter Thomas Hopfner. „Sie nehmen den Tod eines Beamten oder unbeteiligter Personen nicht nur in Kauf, es ist sogar Absicht. Das ist ein neues Level.“

Solche Situationen würden überraschend und in wenigen Sekunden auftreten. „Da sind die Beamten gefordert. Zuerst muss alles analysiert, danach die richtigen Handlungen getroffen werden. Und das in einer stressigen und belastenden Extremsituation. Darauf müssen wir vorbereitet sein.“

Ausbildung
Damit ist auch das Stichwort für das Thema Ausbildung gefallen. „Die Polizeischule ist zuständig für die Grundausbildung aller, die danach auf Vorarlbergs Polizeiinspektionen Dienst machen“, so Hopfner, der seit 2008 das Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive Vorarlberg leitet. „Danach gibt es eine große Bandbreite an Spezialisierungsmöglichkeiten innerhalb der Polizeiorganisation.“

Die Ausbildung ist grundsätzlich auf zwei Jahre angesetzt und kombiniert Theorie und Praxis. „Wir statten die Auszubildenden mit dem nötigen Rüstzeug für den fordernden und belastenden Beruf aus.“ Die Lehrgegenstände umfassen Persönlichkeitsbildung, Rechtsmaterien, Handlungs- und Einsatztraining, Kriminalistik, Bürokommunikation, Methodenunterricht und Berufspraktikum. „Die Ausbildung hat ein breites Spektrum, weil die Aufgabenbereiche eines Polizisten komplex und breit gefächert sind.“ Gegenüber früher seien in der Grundausbildung viele Bereiche, wie zum Beispiel die Cyberkriminalität, dazugekommen.
Neue Wege
Aber auch in anderen Bereichen werden neue Wege eingeschlagen. So wird unter anderem das Mentaltraining forciert: Erfolg beginnt im Kopf. „Da können wir noch viel lernen, uns besser auf die eigentliche Aufgabe, sprich Einsätze, vorbereiten und danach diese auch analysieren.“ Auch beim Thema Einstellung wird nachgeschärft. „Die Aufgaben müssen mit der richtigen Einstellung angegangen werden“, weiß der 58-jährige Leiter der Polizeischule. „Wir brauchen den Tätern gegenüber auch eine Entschlossenheit, die einfach sein muss.“

Auch das ausgebaute Einsatztrainingszentrum in Koblach will Thomas Hopfner im Zusammenhang mit der Ausbildung nicht unerwähnt lassen. „Dort können wir noch praxisnäher trainieren und uns dadurch viel besser auf eskalierende Situationen vorbereiten.“ Denn eines sei klar: „Theorie und Praxis sind zwei Paar Schuhe. Wir versuchen, die jungen Schüler so gut wie möglich darauf vorzubereiten. Es wird aber immer wieder Erstsituationen geben, auf die es sich auch einzustellen gilt.“

Gut aufgestellt
Wie eingangs erwähnt, hat sich auch die Polizeischule dem Thema Mannheim angenommen und es aufgearbeitet. Hopfner: „Das betrifft natürlich auch die Ausbildung der jungen Menschen und weiter die Ausrüstung.“ In Sachen Ausrüstung (unter anderem Fahrzeuge, Schusswaffen, Schutzwesten) sei die Polizei, auch im internationalen Vergleich, gut aufgestellt.

Unter Zugzwang
Um weiteren Nachwuchs in die Reihen der Polizei zu bringen, war die Rekrutierung in den letzten Jahren ein großes Thema. „Wir wollen den Menschen den Beruf näherbringen und die Perspektiven und Möglichkeiten, die es gibt, aufzeigen.“ Aber wie in vielen anderen Sparten, wie Bildung, Gesundheit oder Pflege, fehlen auch uns Leute. Da sind wir schon ein wenig unter Zugzwang und in Zukunft gefordert.“ Es sei auch eine gewisse Fluktuation zu sehen. „Früher fingen viele mit dem Gedanken an zu arbeiten, dass sie bei diesem Betrieb auch in Pension gehen wollen. Das ist nicht mehr so, die Menschen sind diesbezüglich flexibler geworden. Das spüren wir auch“, berichtet Hopfner.