Gasthaussterben: Wirtshauspakt soll helfen

In den letzten sechs Jahren ist die Zahl der klassischen Gasthäuser von 191 auf 143 gesunken. Land und Wirtschaftskammer stemmen sich gemeinsam gegen die Abwärtsspirale.
anz besonders in kleinen Gemeinden und ländlichen Regionen sind Gasthäuser ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Miteinanders. Wie die Zahlen verdeutlichen – in den letzten sechs Jahren verschwanden 48 Gasthäuser – ist die traditionelle Wirtschaftskultur gefährdet. Um die negative Entwicklung zu bremsen, starten Land und Wirtschaftskammer die Initiative „Unsere Dorfwirtschaft – Vorarlberger Wirtshauspakt“.
Stärkung
Die Initiative wurde gestern im Rahmen des Pressefoyers, das nicht wie gewohnt im Landhaus, sondern dem Thema entsprechend im Gasthaus Kornmesser in Bregenz stattfand, vorgestellt. Land und Kammer investieren dabei zusammen bis zu 500.000 Euro jährlich für die kommenden drei Jahre in die Erhaltung und Stärkung von Gasthäusern. Das Paket beinhaltet die direkte finanzielle Unterstützung von Gastronomiebetrieben ebenso wie Kommunikations- und Vermarktungsmaßnahmen sowie gemeinsame Bemühungen zum Bürokratieabbau.
Anziehungspunkt
„Wirtshäuser sind Orte des Genusses und der sozialen Interaktion, eine Bereicherung für das Gemeinschaftsleben in Städten und Dörfern“, hob Landeshauptmann Markus Wallner die Wichtigkeit heraus. Als Anziehungspunkt für Einheimische und Urlaubsgäste würden diese auch viel zur Attraktivität der Region beitragen. „Zugleich sind sie auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze schafft und regionale Lieferketten unterstützt“, so Wallner weiter. Es sei von elementarer Bedeutung, diese Betriebe zu erhalten und zu unterstützen, um die ländlichen Regionen zu stärken und einer Landflucht entgegenzuwirken. Dem schloss sich Tourismuslandesrat Christian Gantner an: „Das Gasthaus ist die Seele einer Gemeinde.“ Denn gerade das Wirtshaus mitten im Dorf würde für vieles stehen, „was uns ausmacht“. „Diese sozialen Treffpunkte und Kulturräume wollen wir stärken.“
„Jeder kann selbst etwas tun, um die Dorfgasthäuser zu unterstützen. Einfach mehr ins Gasthaus gehen und länger sitzen bleiben, ganz ohne schlechtes Gewissen.”
Christian Gantner, Landesrat
Auch für den Gastronomie-Fachgruppenobmann der Wirtschaftskammer, Mike P. Pansi, ist klar: „Die Gastronomie ist mehr als nur Essen und Trinken. Sie ist ein Erlebnis, ein Ort des Zusammenlebens und der Freude.“ Große Meilensteine des Lebens seien oft mit einem Besuch im Gasthaus verbunden.
Neue Initiative
Wichtige Schritte zur Stärkung der heimischen Gastronomie wurden bereits zuvor eingeleitet. Wie „Vorarlberg Isst“ und die im November 2023 präsentierte Arbeitgebermarke „Top Tourismus Jobs Vorarlberg“. Mit der eingeleiteten Initiative „Unsere Dorfwirtschaft – Vorarlberger Wirtschaftspakt“ wurde nun ein weiteres Unterstützungspaket geschnürt.
Und dieses ist laut Wallner „nicht aus dem Nebel heraus auf die Schnelle entstanden, sondern ist gut vorbereitet worden“. Im April 2024 fand ein Workshop mit verschiedenen Interessenvertretern des Landes, der Wirtschaftskammer, der Gastronomie, aus den Gemeinden und Vereinen sowie mit Historikern statt.
Maßnahmenpaket
Direkte Unterstützung (Förderungen): Qualitätsverbesserung für Gastronomiebetriebe, Beratungsförderung für Gasthäuser, Wertschätzungsaktion der Wirtschaftskammer
Marketing und Kommunikation: Dorfwirtschaft des Jahres, Fotoaktion, Bewerbung für ein professionelles Kurzvideo, Social-Media-Kampagnen, Präsentation auf der Internetseite Vorarlberg Isst, regelmäßige Austauschformate, individuelle Betriebsbesuche, Aufbau eines Partner- und Berater-Netzwerks
Bürokratie/Rahmenbedingungen:
Ombudsstelle „Bürokratieabbau“ in der Wirtschaftskammer eingerichtet
Ombudsstelle
Dabei wurden bestehende Instrumente und Möglichkeiten zur Bekämpfung des Wirtshaussterbens analysiert. Die Kammer führte zudem im Mai eine Online-Umfrage unter 216 Teilnehmern aus der Gastronomiebranche durch, um sicherzustellen, dass alle Bereiche in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Fazit: Maßnahmen wie Bürokratieabbau, finanzielle Unterstützung durch Förderungen und die Einführung einer gemeinsamen Wirtshausinitiative kann als Schlüssel zum Erfolg gesehen werden.
Apropos Bürokratie: 85 Prozent der befragten Wirte stuften den Abbau von Bürokratie als wichtig ein. Daher soll jetzt eine bei der Wirtschaftskammer eingerichtete Ombudsstelle die Wirte beraten. Zudem wolle das Land sich um Bürokratieabbau und Deregulierung bemühen.
Weitere Maßnahmen
Eine weitere Neuheit ist, dass die bisher vor allem von Beherbergungsbetrieben genutzte Förderung für Investitionen zur Modernisierung des Betriebs nun auch Gastronomiebetrieben zugänglich ist. Neu gibt es auch Beratungsförderungen und Wertschätzungsaktionen der Wirtschaftskammer. Helfen sollen auch Marketing- und Kommunikationsmittel wie die jährliche Suche nach der Dorfwirtschaft des Jahres sowie Social-Media-Kampagnen und der Aufbau eines Beraternetzwerks.
Abschließend hatte Landesrat Gantner für alle noch einen simplen Tipp zur Unterstützung der Dorfgasthäuser auf Lager: „Mehr ins Gasthaus gehen und länger sitzenbleiben, ganz ohne schlechtes Gewissen.“