„Es liegt daran, dass Frauen Frauen sind“

Am Montag war der Vorarlberger Equal Pay Day. Er weist auf die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen hin – die hierzulande im Bundesländervergleich am größten sind.
Seit Montag ist die Arbeit von Frauen in Vorarlberg bis zum Jahresende „gratis“. So könnte man die Auswirkungen des sogenannten Equal Pay Day beschreiben, der auf den Einkommenunterschied zwischen Männern und Frauen (Gender Pay Gap) hinweist. Und dieser ist hierzulande im Bundesländervergleich am höchsten. Männer haben somit mit gestern jenes Einkommen erreicht, für das Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen
Fast ein Viertel weniger
Ganzjährig vollzeitbeschäftigte Frauen erhalten für Erwerbsarbeit in Vorarlberg statistisch gesehen um 23,4 Prozent und damit fast um ein Viertel weniger Lohn als Männer. Das sind rund 14.000 Euro weniger im Jahr, informiert ÖGB-Landesfrauenvorsitzende Iris Seewald anlässlich des Stichtages.
Den unrühmlichen Platz als Schlusslicht hat Vorarlberg in diesem Ranking seit Jahren inne. Auch die Frauenpensionen sind hierzulande österreichweit am niedrigsten. So haben Vorarlberger Pensionisten bereits am 12. Juli so viel Pension bezogen, wie Pensionistinnen erst bis 31. Dezember bekommen. Und damit erhöht sich auch das Risiko von Altersarmut.

Die Gründe für die ungleiche Bezahlung sind unterschiedlich, aber im Prinzip seit vielen Jahren dieselben. So nennt Frauenländesrätin Katharina Wiesflecker unter anderem „die Tatsache, dass Care-Arbeit nach wie vor Frauensache ist“ – und daraus resultierend Erwerbsunterbrechungen und Teilzeitarbeit, was wiederum niedrigere Löhne zur Folge habe. Ein weiterer Punkt sind die vergleichsweise häufig niedrigeren Gehälter in „Frauenberufen“, sprich in Berufen, in denen mehrheitlich Frauen tätig sind. Auch fehlende Lohntransparenz wird als Ursache geortet.
Daneben gibt es aber noch einen weiteren Grund, wie Gewerkschafterin Seewald festhält: „Nur ein Drittel der Einkommensunterschiede ist laut einer Berechnung von Statistik Austria durch Gründe wie Branche, Beschäftigungsausmaß oder Unternehmensgröße erklärbar. Anders formuliert, können rund zwei Drittel nicht mit objektiven Kriterien belegt werden. Hier liegt es also nicht an der Berufswahl oder am Arbeitsvertrag, sondern schlicht an der Tatsache, dass Frauen Frauen sind.“ Für sie ein „unhaltbarer Zustand“: „Die ungleiche Bezahlung, die sich also aufgrund des Geschlechts ergibt, ist alles andere als gerecht und kann ohne Umschweife als Diskriminierung bezeichnet werden.“

Der klassische „Karriereknick“ erfolge mit der Geburt eines Kindes und der meist anschließenden Karenz, stellt auch Seewald fest. Auch sie spricht von Berufsunterbrechungen und einem zähen Wiedereinstieg, die Frauen viele Jahre in der Einkommensentwicklung zurückkatapultieren würden. Die Maßnahmen, die sie gegen die ungleiche Bezahlung fordert, sind nicht neu.
„Wir brauchen endlich einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag des Kindes, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle und 2000 Euro Mindestlohn in allen Kollektivverträgen“, sagt Seewald. Letzteres sieht sie vor allem in frauendominierten Berufen als dringlich. Für mehr Lohntransparenz fordert sie eine Ausweitung der Einkommensberichte.
Bundesländer
Wie erwähnt liegt Vorarlberg beim Gender Pay Gap an letzter Stelle der Bundesländer, gefolgt von Oberösterreich (20,7 Prozent) und Tirol (19,5 Prozent). Am besten schneidet Wien ab – dort ist er bei 10,8 Prozent und der Equal Pay Day ist erst am 22. November. Im Bundesdurchschnitt liegt der Einkommensunterschied bei 16,6 Prozent. Der österreichweite Equal Pay Day ist heuer am 1. November.
Wie Vorarlberger und Vorarlbergerinnen über den Gender Pay Gap denken
Die NEUE hat sich umgehört und Menschen nach Gründen und Maßnahmen zu ungleicher Bezahlung gefragt.
Von Nathalie Schallert
Die NEUE hat den Vorarlberger Equal Pay Day zum Anlass genommen, um Passanten und Passantinnen auf dem Dornbirner Marktplatz zu fragen, wie sie die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen sehen.

So glaubt Christina aus Lustenau, dass sich diesbezüglich in den vergangenen Jahren nicht wirklich viel geändert hat. „Dass wir Frauen überhaupt arbeiten durften, war damals schon ganz großartig, und auf diesem Standpunkt sind wir etwas sitzengeblieben“, so die Lustenauerin. „Da müssten wir uns viel mehr einsetzen.“

Für Olivia aus Dornbirn halten die Frauen diesbezüglich auch noch zu wenig zusammen. „Da müssen wir uns zusammen tun und stark machen, weil da einfach noch zu wenig Lobby dahinter ist.“ Gründe für die ungleiche Bezahlung sieht sie in einer nach wie vor klassischen Rollenverteilung in Vorarlberg und gesellschaftlichen Strukturen sowie einer mangelnden Interessensvertretung.

Für Martin aus Dornbirn muss in Hinblick auf die Lohnunterschiede ein Umdenken passieren, „vor allem bei den Männern“. „Meistens sind Männer – der klassische alte, weiße Mann – in den Machtpositionen“, sagt er, und so lange das so sei, sieht er keine Chance für eine Veränderung. Daher müsse hier ein Umdenken erfolgen. Seine Mutter und seine Schwiegermutter hätten Mindestpension, weil sie vier Kinder bekommen und sich darum gekümmert hätten, erzählt er. „Der Mann darf immer arbeiten gehen, das Geld verdienen und hat eine feine Pension. Aber ohne Frau wäre das nicht gegangen, und die bleibt übrig“, so der Dornbirner.

Für Johanna aus Klaus sind Frauen in der Gesellschaft immer noch weniger angesehen als Männer. „Das kommt halt noch von früher. Die Frau ist zuhause, muss den Haushalt schmeißen, sich um die Kinder kümmern. Männer gehen arbeiten und verdienen das Geld.“ Sie glaubt, dass es sich bei der ungleichen Bezahlung um ein Thema handle, das auch auf politischer Ebene behandelt werden muss. „Ich denke, Politiker könnten da viel machen“, sagt sie. „Ich kann für mein eigenes Gehalt einstehen und schauen, dass mein Gehalt gleich hoch ist, aber für andere kann ich mich nicht einsetzen“, so die Klauserin.
Auch für Alex aus Lauterach ist der Gender Pay Gap ein Politikthema. „Im öffentlichen Dienst verdienen alle gleich viel. Aber in der Privatwirtschaft entscheidet immer noch der Arbeitgeber den Lohn. Da sehe ich den Arbeitgeber auch zum Teil in der Pflicht, dass sich da etwas tut.“

Für Simone aus Dornbirn, die mit ihrer ebenfalls in Dornbirn wohnhaften Kollegin Jenny unterwegs ist, ist ein Grund für die ungleiche Bezahlung die fehlende Transparenz. „Eine Frau weiß wahrscheinlich gar nicht, dass sie weniger verdient als ihr Kollege. Sie ahnt es vielleicht“, sagt sie.

Und Jenny fügt hinzu: „Frauen verhandeln auch schlechter. Sie geben sich mit weniger zufrieden, weil andere Sachen wichtiger sind. Frauen sind meistens nicht Haupternährer, und dann sagen sie, Hauptsache, ich habe mehr frei oder bin flexibler“.