Die Würdigung von Feldkirchs größtem Gelehrten

Kommenden Mittwoch jährt sich der Todestag von Georg Joachim Rheticus zum 450 Mal. Er war es, der die Sonne ins Zentrum rückte und er gilt als Wegbereiter der Neuzeit.
Von Robert Seeberger
neue-redaktion@neue.at
Am Barbara-Tag, dem 4. Dezember des Jahres 1574, ist Georg Joachim Rheticus vereinsamt und vergessen während eines Besuchs in Kaschau in Ungarn gestorben. Die Stadt Feldkirch würdigt den bedeutenden Universalgelehrten an seinem 450. Todestag mit einer Gedenkfeier. Der Rheticus Biograf Philipp Schöbi referiert im Palais Liechtenstein über „das verkannte Genie aus Vorarlberg“.
Ist der Humanist Rheticus wirklich in Vergessenheit geraten? Tatsächlich wurde seine Bedeutung für die Wissenschaftsgeschichte erst im 20. Jahrhundert vor allem durch die Arbeiten des ehemaligen Landesarchivars Karl Heinz Burmeister erkannt. Schöbi erklärt, dass sich die Umbrüche des 16. Jahrhunderts in kaum einem Leben so widerspiegeln, wie in jenem des Rheticus. Mit den großen Persönlichkeiten dieser Epoche in Medizin, Religion und den exakten Wissenschaften war Rheticus in Kontakt. Er begegnete Paracelsus, Martin Luther und Nikolaus Kopernikus.

Der profunde Rheticus-Kenner Schöbi hält es für verfehlt, den Universalgelehrten lediglich darauf zu reduzieren, dass er ein Schüler von Kopernikus war und die heliozentrische Lehre bekannt gemacht hat. Obwohl seine Bedeutung weit darüber hinausragt – so verfasste er unter anderem als mathematischen Meilenstein trigonometrische Tafeln – soll hier seine Bedeutung für das heliozentrische Weltbild im Fokus stehen.
Astronomie vor 500 Jahren
Der Nachhimmel war zu jener Zeit noch sehr dunkel. Es gab kein elektrisches Licht, keine Straßenlaternen und keine Leuchtreklamen. Ohne Lichtverschmutzung muss der Nachthimmel einen phantastischen Anblick geboten haben. Ähnliche Beobachtungen können wir heute nur noch in Wüstengegenden oder auf abgelegenen, hohen Bergen erleben. Andererseits standen keine optischen Hilfsmittel zur Beobachtung bereit, denn die ersten Fernrohre gab es erst knapp 40 Jahre nach Rheticus´ Tod. Die Planeten Uranus, Neptun und Pluto warteten noch auf ihre Entdeckung. Astronomie war auf das Beobachten des Laufs der Gestirne reduziert. Man konnte nicht erahnen, dass Sterne weit entfernte Sonnen sind. Die Erde ruhte in der Mitte des Weltalls. Die Idee, wir Menschen auf der Erde würden mit hoher Geschwindigkeit um die Sonne getrieben, war unglaubwürdig.

Als Schüler nach Polen
Rheticus wurde 1514 in Feldkirch geboren. Rheticus studierte Mathematik in Zürich. Förderer ermöglichten ihm Studienreisen, die ihn zwischen 1539 und 1541 zum berühmten Nikolaus Kopernikus nach Frauenburg in Polen führten. Dort konnte er die neue Lehre, dass die Sonne im Zentrum des Universums steht, studieren. Gegen diese Weltsicht gab es massiven Widerstand in der Welt der Gelehrten und der Religion. Der 70-jährige berühmte Kopernikus erteilte seinem Schüler dennoch die Erlaubnis, einen Vorbericht zum heliozentrischen Weltbild zu veröffentlichen. Die „narratio prima“ wurde 1539 als Ankündigung und Kurzfassung der neuen Theorie ein voller Erfolg. Das Hauptwerk des Kopernikus, „De revolutionibus orbium coelestium“ erschien trotz des Drängens von Rheticus erst 1543. So kam es zur vielzitierten „Kopernikanischen Wende“. Korrekt kann man festhalten: „Kein Kopernikus ohne Rheticus“.
Nicht ganz vergessen
Erinnerung an den großen Feldkircher sind geblieben. Ein 46 Kilometer großer Krater in der Nähe des Mondäquators heißt Rhaeticus. 2001 erhielt ein Asteroid, der die Sonne in 3,45 Jahren umläuft, den Namen Rhaeticus. Vor dem Feldkircher Dom steht ein Rheticus-Denkmal, eine Sonnenuhr in Form eines Betstuhls. Seit 1976 gibt es in Feldkirch die Rheticus Gesellschaft, die sich mit Geistes- und Naturwissenschaften befasst.
Vortrag
Rheticus – das verkannte Genie aus Vorarlberg
Mittwoch, 4. Dezember, 18.30 Uhr
Palais Liechtenstein, Feldkirch
freier Eintritt
Anmeldung unter: rheticus.gesellschaft@gmail.com