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Visionäre und Fanatiker aus Vorarlberg

09.12.2024 • 19:12 Uhr
Bildstein_Glatz Vorarlberg Museum
Bildstein_Glatz Vorarlberg Museum

Kommendes Jahr wirft das Vorarlberg Museum einen Blick auf die Höhen und Tiefen der Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Der Erfinder der ersten vollautomatischen Küche, ein wagemutiger Bootsbauer, begeisterte Nationalsozialisten und die weltweite Verstrickung der Textilindustrie. Diese Themen, Personen und weit mehr stehen kommendes Jahr im Mittelpunkt, wenn die neuen Ausstellungen im Vorarlberg Museum eröffnet werden.

Am Freitag lud das Museum zu Rückschau und Ausblick. Direktor Michael Kasper zeigte sich erfreut über die rund 50.000 Personen, die das Museum in diesem Jahr besuchten. Dabei sollen alleine im Sommersemester 3.320 Kinder und Jugendliche an insgesamt 185 Touren und Workshops teilgenommen haben. Dazu kommen 122 Veranstaltungen mit 11.800 Gästen. Anschließend hebt Kasper den erfolgreichen Umzug von 40.000 Objekten ins Depot nach Hard und die Etablierung einer neuen Museumsdatenbank hervor. Sie ist zentral für die fortlaufende Digitalisierung der Bestände, durch die der Fundus online einsehbar werden soll.

Baustelle Landesgeschichte

Eine Baustelle mit offenem Ende bleibt die nicht vorhandene Ausstellung zur Landesgeschichte. Dass deren Abwesenheit Besucher verwundert, ist dem Direktor bewusst. Doch ihm schwebt ein flexibles Format vor, das die Einfügung aktueller Themen zulässt. Das fordert viel Planung, erlaubt dem Museum aber, neue Schwerpunkte zu setzen.

Michael Kasper
Direktor Michael Kasper.Kasper

„Was die zeitgeschichtliche Forschung betrifft, ist in den letzten Jahren viel geschehen. Etwa zu Deserteuren oder Homosexuellen in der NS-Zeit. Das sind Themen, zu denen es noch keine große Aufarbeitung gab. Was die jüngste Geschichte angeht, müssen wir in die Recherche gehen. Denn wir haben nicht viele Objekte, die die Vielfalt der Gesellschaft zeigen. Daher möchten wir mehr mit externen Gruppen zusammenarbeiten“, erklärt Kasper.

Visionäre und Fanatiker aus Vorarlberg
“tuten & blasen”. hartinger

Während noch unklar bleibt, wie in Zukunft diese Vergangenheit gezeigt wird, steht das Programm für schon 2025 fest. Mit „tuten & blasen“ wird die Schau zur Blasmusik bis 2026 weitergeführt.

Hasso Gehrmann
Hasso Gehrmann.Tretter

Philosoph und Küchendesigner

Die erste Sonderausstellung ist Hasso Gehrmann gewidmet. Anlässlich seines 100. Geburtstags gewährt sie ab dem 22. Februar Einblick in sein Leben. Der Bregenzer studierte Philosophie bei Karl Jaspers, war als bildender Künstler tätig und gestaltete für Elektra Bregenz die erste vollautomatische Küche der Welt.

Der atlantische Traum Franz Plunder - Bildhauer, Bootsbauer, Abenteurer
Franz Plunder fährt los. vorarlberg museum

Bildhauer und Bootsbauer

Ab dem 5. April steht mit Franz Plunder ein weiterer Visionär der Bodenseestadt im Fokus. Der gelernte Bildhauere regte großes Aufsehen, als er in den 1920er Jahren mit einem selbstgebauten Segelboot den Atlantik überquerte.

Wir waren begeistert. Warum? Die Fotos des Bregenzer Nationalsozialisten Werner Schlegel aus den Jahren 1938– 1941
Der Bregenzer Nationalsozialist Werner Schlegel dokumentierte anteilnehmend den Fanatismus.
Vorarlberger Landesbibliothek

Nationalsozialist dokumentierte den Nationalsozialismus

„Wir waren begeistert. Warum?“ zeigt die Fotografien von Werner Schlegel. Als überzeugter Nationalsozialist nahm er von 1938 bis 1941 an zahlreichen Veranstaltungen teil, die er mit seiner Kamera dokumentierte. „Seine Bilder provozieren die Frage nach den Ursachen der Begeisterung und deren Folgen“, heißt es vonseiten des Museums, das seine Arbeiten ab dem 25. Jänner im Atrium ausstellt.

Òwú. Fil. Faden. Thread. Die verflochtene Geschichte von Textilien, Handel und kolonialen Erbschaften
Fabricating Adjacency

Koloniale Erbschaften

Darauffolgend wirft „Òwú. Fil. Faden. Thread.“ ab dem 26. April einen weiten Blick auf die brutale Geschichte der einst dominanten Textilindustrie. Besonderes Augenmerk liegt auf dem kolonialen Erbe des Gewerbes.

Hoch hinaus

Das Künstlerduo Bildstein | Glatz dagegen widmet sich dem Drang der Menschen, in bisher unzugängliche Räume vorzudringen. Zur Veranschaulichung bekletterten sie schon einmal die Wand des Museums. Weniger gefährlich, aber genauso sinnbildlich wird ihre Installation, die am 12. Juli eröffnet wird. Für diese errichten die Künstler einen hohen Holzpfeiler im Inneren der Institution, an dem eine große Plattform angebracht wird. Je nach Betrachter wird sie Angst oder Streben wecken.