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„Wir sind sehr auf Dialog bedacht“

28.12.2024 • 07:00 Uhr
„Wir sind sehr auf Dialog bedacht“
Die Landespolizeidirektorin im Gespräch. stiplovsek (4)

Landespolizeidirektorin Uta Bachmann im Gespräch über Angriffe auf die Exekutive, Vorkehrungen für Silvester und Personalmangel, trotz hoher Bewerbungslage.

zur person

Mag. Uta Bachmann startete ihre Karriere nach ihrem Jus-Studium 1999 bei der Gendarmerie und war sowohl im Streifendienst als auch im Kriminaldienst eingesetzt. Ab 2006 leitete sie die sicherheits- und kriminalpolizeiliche Abteilung der Sicherheitsdirektion für Vorarlberg, ab 2010 das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Seit 1. September ist sie Landespolizeidirektorin.

Aus polizeilicher Sicht – was ist Ihr Fazit zum Jahr 2024?

Uta Bachmann: Also erstens bin ich unglaublich stolz darauf, in einem Bundesland wie Vorarlberg, Landespolizeidirektorin sein zu dürfen. Die Polizei agiert hier wirklich sehr erfolgreich. Wir konnten im vergangenen Jahr fast zwei Drittel der Kriminalfälle aufklären und aufsehenerregenden Serien ein Ende setzen. Auch wenn in der Kriminalpolizei die Anzahl der Taten derzeit leicht steigt, weisen wir in Vorarlberg die höchste Aufklärungsquote auf. In der Verkehrspolizei führt die hohe Kontrolldichte zu guten Erfolgen. So haben sich die Todesfälle im Straßenverkehr halbiert. Wir sind aktuell auch das einzige Bundesland, bei dem ein Rückgang der Wohnhaus- und Wohnungseinbrüchen zu verzeichnen ist. Das ist eine gute Bilanz und ein großer Erfolg. Wir hatten aber auch einige Fälle, wie beispielsweise den Flugzeugabsturz in Brand, oder diverse Mordfälle, die uns personell sehr gefordert haben. Ich möchte an dieser Stelle aber erwähnen, dass wir in einem der sichersten Länder Europas leben. Man darf nicht vergessen, dass die Topografie des Rheintals fast schon an einen großstädtischen Raum grenzt. Deshalb sollten wir uns auch mit entsprechend dicht besiedelten Regionen in Österreich vergleichen, bei diesem Vergleich steigen wir sehr gut aus.

Das Vertrauen der Bevölkerung in die Exekutive war in der Vergangenheit immer wieder angeschlagen. Wie nehmen Sie das wahr?

Bachmann: Wir waren jahrelang auf Platz eins des Vertrauensindex, mittlerweile sind wir auf Platz drei. Ich glaube, das Vertrauen ist schon da. Für uns ist es jedoch eine Herausforderung, die objektive Sicherheit in subjektive Sicherheit umzumünzen. Die objektive Sicherheit muss bei der Bevölkerung auch im Herzen gespürt werden. Vorarlberg ist in Österreich eines der sichersten Bundesländer. Das zeigt die hohe Aufklärungsquote von annähernd 63 Prozent. Die Statistik ist das eine, das Gefühl das andere. Wir arbeiten intensiv daran, der Vorarlberger Bevölkerung das größtmögliche Sicherheitsgefühl zu geben.

„Wir sind sehr auf Dialog bedacht“
Landespolizeidirektorin Uta Bachmann.

Werden in Vorarlberg die vermehrten Angriffe gegenüber Exekutivbeamten wahrgenommen?

Bachmann: Das ist ein allgemein spürbarer Trend. Der Respekt gegenüber der Polizei nimmt ab. Im Außendienst müssen vermehrt Aufforderungen mit Befehl und Zwang durchgesetzt werden. Insgesamt muss aber gesagt werden, dass die Exekutivbeamtinnen und Beamten sehr gut ausgebildet sind, auch was die Kommunikation belangt. Wir sind sehr auf Deeskalation und Dialog bedacht.

Im Hinblick auf Silvester – werden dieses Jahr verstärkte Sicherheitsvorkehrungen getroffen?

Bachmann: Die Vorkehrungen sind anlehnend an die letzten Jahre. Wir reagieren auf aktuelle Gefährdungseinschätzungen. Für uns ist es im Vorhinein wichtig zu wissen, wo welche Veranstaltungen stattfinden werden. Natürlich werden mehr Beamte im Einsatz sein als an normalen Tagen. Wir gehen aber nicht von einer besonders akuten Bedrohungslage aus. Die Lage wird aber laufend neu beurteilt und entsprechend angepasst.

„Wir sind sehr auf Dialog bedacht“

Die momentane Bewerbungslage ist so hoch wie schon lange nicht mehr. Worauf führen Sie das zurück?

Bachmann: Ich denke, dass es mit einem ganzen Maßnahmenbündel zu tun hat. Werbekampagnen, Präsenz auf Jobmessen und Veranstaltungen, unser Auftritt in den sozialen Medien der die menschliche Seite am Beruf zeigt und auch die Gehaltsanpassung bereits in der Grundausbildung. Viele unserer Bewerber und Bewerberinnen haben Familie, oder Bekannte bei der Polizei, dadurch werden sie animiert, ebenfalls diesen Beruf zu ergreifen. Das ist eine schöne Anerkennung an uns als Arbeitgeber. Die Anforderungen an einen Polizisten, eine Polizistin sind sehr hoch, es ist nicht so einfach, diese zu erfüllen. Da braucht es natürlich auch einige Bewerber, um dementsprechend viele Leute in die Kurse zu bekommen. Wir brauchen sehr viel Personal, da braucht es auch eine bestimmte Anzahl an Bewerbern und Bewerberinnen. Nicht jeder besteht die Aufnahmeprüfung. Wir sind aber sehr froh, über die verbesserte Bewerbungslage.

Trotz der vielen Bewerbungen fehlt es überall an Personal. Wird man hier irgendwo einsparen müssen?

Bachmann: Uns stehen genügend Stellen zur Verfügung. Bei der Staatsanwaltschaft zum Beispiel hätten wir genügend Planstellen. Die Herausforderung ist, dass der Beruf immer anspruchsvoller wird und die Spezialisierungen immer mehr werden. Wir müssen die Digitalisierung viel mehr für uns nutzen, Verwaltungstätigkeiten müssen erleichtert werden. Damit der Fokus wieder auf die ursprüngliche Polizeiarbeit gelegt werden kann. Unser Anspruch an uns selbst ist, dass die Aufklärungsquote so hoch bleibt, wie sie momentan ist. Wir wollen Ansprechpartner für Betroffene sein, und das in sehr kurzer Zeit. Egal ob im Rheintal, oder in einem kleinen Hintertal: Die Bevölkerung braucht überall Unterstützung und wir müssen zusehen, dass dies in sehr kurzer Zeit möglich ist.

“In Vorarlberg soll ein Cybercrime Training-Center gebaut werden.”

Uta Bachmann, Landespolizeidirektorin

Das Thema der Cyberkriminalität wird auch in Vorarlberg immer größer: Gibt es für dieses Ressort genügend Ressourcen?

Bachmann: Das ist ein Riesenthema und die Zahlen steigen enorm. Wir sind in einem extremen Wandel und müssen uns umorientieren. Das tun wir anhand von Schulungen und Hilfestellungen, die wir den Kolleginnen und Kollegen aktiv an die Hand geben. Aktuell ist in Planung, dass in Vorarlberg ein Cybercrime Training-Center gebaut werden soll. Hier wird es Ausbildungen für alle Polizisten und Polizistinnen im Außendienst geben. Aber auch die Technologie der Täter entwickelt sich natürlich ständig weiter und es wird immer schwerer sein, zu erkennen, ob etwas echt ist, oder von einer künstlichen Intelligenz gefälscht wurde. Deshalb brauchen wir ausreichend Spezialisten und Spezialistinnen im IT-Bereich. Wir müssen uns darauf einstellen, dass dieses Thema immer mehr Personal verlangt. Es wird uns noch viele Jahre sehr intensiv beschäftigen.

Thema Ballungsraum Rheintal: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Schweiz, Liechtenstein und Deutschland?

Bachmann: Die Zusammenarbeit ist extrem wichtig, ohne diese würde es überhaupt nicht funktionieren. Kriminelle kennen keine Grenzen. Deshalb gibt es bilaterale Abkommen zur Kriminalitätsbekämpfung. Diese Staatsverträge haben wir sowohl mit Deutschland als auch mit Liechtenstein und der Schweiz. Das gibt uns sehr viele Möglichkeiten, die unbedingt notwendig sind. Wir arbeiten auf allen Ebenen sehr eng zusammen. Das fängt bei den Führungsebenen an und geht bis zu den Sachbearbeitern. Die regelmäßige Vernetzung fördert die Zusammenarbeit in Einzelfällen. So können grenzüberschreitend immer wieder Delikte geklärt werden. Zum Beispiel die österreichweite Bombendrohungsserie, da hatte Vorarlberg einen nicht unwesentlichen Anteil an der Ausmittlung der Täterschaft. Der Täter kommt aus der Schweiz, da arbeiten wir mit den Schweizer Kollegen und Kolleginnen Hand in Hand zusammen.

„Wir sind sehr auf Dialog bedacht“

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr 2025?

Bachmann: Ich würde mir wünschen, dass die Polizei Vorarlberg so erfolgreich bleibt, wie sie es bisher war. Mein größter Wunsch ist es allerdings, dass alle Polizistinnen und Polizisten immer gesund nachhause kommen.