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Brexit und die große Annäherung

01.06.2025 • 11:00 Uhr
Brexit und die große Annäherung
AP/Flatz

Der Brexit wird wohl nicht als Sternstunde in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Laut aktueller Umfrage sehen nur 11 Prozent der Briten den Brexit als Erfolg.

Von Christoph Flatz
neue-redaktion@neue.at

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Das für die Überwachung der Staatsfinanzen verantwortliche Office for Budget Responsibility sieht auf mittlere Sicht einen Rückgang des Wachstums um 4 Prozent aufgrund des Brexits. Fünf Jahre nach dem schicksalsträchtigen Referendum näherten sich diese Woche die Briten wieder Europa an.

Was bei den einen als historisch bemerkenswert gilt, wirkt bei anderen wie Zunder. Der Anführer der Rechtspopulisten nutzt den Anlass, um gekonnt Ängste zu schüren. Nigel Farage, seinerzeit einer der glühendsten Austrittsbefürworter, hält den Austritt aus der EU nach wie vor für richtig, aber aufgrund Regierungsversagens als „verbockt“. Wasser auf deren Mühlen sind deshalb die Forderung der EU rund um Einreise- und Aufenthaltserleichterungen. Auf Seiten der Wirtschaft liegen die Vorteile der Wiederannäherung auf der Hand. So soll ein Verteidigungsabkommen britischen Unternehmen die Beteiligung an EU-Rüstungsprojekten ermöglichen. Der dafür bereitgestellte Topf ist 150-Milliarden-Euro-schwer. Großbritannien könnte zudem bei dem Schutz kritischer Infrastruktur auf die EU zählen. Eine zarte Annäherung ergab sich auch beim Dauer-Streitthema Fischereirechte. Geprüft wird nun auch, ob Großbritannien wieder am internen europäischen Strommarkt teilnehmen könnte.

Auch in der Klimapolitik gibt es eine Annäherung. So sollen die beiden Kohlenstoffmärkte verbunden werden, was Endverbrauchern Kosten spart und die Marktliquidität für Energieunternehmen verbessert. Das kommt der britischen Labour-Regierung gerade recht, hatte sie sich doch bei ihrem Amtsantritt im letzten Jahr den Klimaschutz groß auf ihre Fahnen geschrieben. An der Zukunft der Öl- und Gasproduktion wird sich nun zeigen, wie ernst das Vorhaben gemeint war. Denn die fossilen Brennstoffe tragen zwar wesentlich zum Wohlstand im Königreich bei, aber wenig zur Erreichung der Klimaziele. Die vom Vorgänger-Kabinett unter Premier Rishi Sunak betriebenen Neuerschließungen der Rosebank- und Jackdaw-Felder in der Nordsee liegen aktuell noch auf Eis.

Vielleicht ist es deshalb auch kein Zufall, dass gerade in Großbritannien die ersten Freiluft-Experimente mit Solar-Geoengineering stattfinden sollen. Bei dieser höchst umstrittenen Technologie sollen große Mengen von Schwefelpartikel in die Stratosphäre eingebracht werden, um so eine reflektierende Barriere gegen das Sonnenlicht zu schaffen.

Christoph Flatz
Christoph Flatz ist Veranlagungsspezialist in der Sparkasse.