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Süß, aber krank – das Leid der Modekatzen

24.06.2025 • 07:30 Uhr
Süß, aber krank – das Leid der Modekatzen
Tierärztin Stefanie Siciliano erklärt, warum Sphynxkatzen trotz ihres besonderen Aussehens ein Leben mit Einschränkungen führen müssen. stiplovsek

Sie sehen niedlich aus – doch für viele dieser Katzen bedeutet ihr Aussehen lebenslange Qual: Tierärztin Dr. Stefanie Siciliano warnt eindringlich vor Trendrassen wie der Scottish Fold oder der Sphynx.

Von Sarah Karina Schäfer
neue-redaktion@neue.at

“Sie ist recht aggressiv und lässt sich eigentlich gar nicht gern anfassen – keine Ahnung, warum das so ist“, sagt eine Katzenbesitzerin zu Siciliano. Vor der Tierärztin sitzt eine recht grummelige Scottish Fold mit rassetypischen Schlappohren. Dr. Siciliano weiß, dass sich hinter diesem scheinbar niedlichen Merkmal vermutlich der Grund für die schlechte Laune des Tieres verbirgt.

Qualzucht Katzen
Auf den ersten Blick niedlich, doch genetisch vorbelastet – die typischen Schlappohren der Scottish Fold gehen mit schmerzhaften Fehlbildungen einher und machen sie zur umstrittenen Qualzucht.

Das Problem mit den Schlappohren

„Es gibt keine moralisch vertretbare Züchtung der Scottish Fold oder der Sphynx-Katze“, erklärt Stefanie Siciliano im Gespräch mit der NEUE. Besonders die Scottish Fold, auch bekannt als Schlappohrkatze, bereitet seit einigen Jahren zunehmend Probleme. Die Tierärztin berichtet: „Manche Menschen sehen so eine Schlappohrkatze im Internet, finden sie niedlich und holen sich dann eine aus dem Ausland – weil laut österreichischem Tierschutzgesetz dürfen diese bei uns ja gar nicht gezüchtet werden.“

Qualzucht Katzen
Gesund, natürlich und widerstandsfähig: diese bei uns heimische Europäische Kurzhaarkatze gilt als unproblematisch in Haltung und Zucht.

Informieren ist wichtig

Die Tierärztin kritisiert, dass sich viele Katzenbesitzer nicht ausreichend über die potenziellen gesundheitlichen Probleme der jeweiligen Rasse informieren, bevor sie sich ein Tier anschaffen. So ist es wichtig zu wissen, dass der Gendefekt, der für die typischen Schlappohren verantwortlich ist, gleichzeitig zu Missbildungen an Knochen und Knorpeln im gesamten Körper führt. Diese Fehlbildungen verursachen starke Schmerzen und führen zu zunehmenden Bewegungsstörungen – ein Zustand, der sich mit dem Alter der Katze immer weiter verschlimmert. „Uns Tierärzten sind in solchen Fällen die Hände gebunden. Es gibt keine Heilung für dieses Leiden. Wir können die Tiere nur mit Schmerz- und Physiotherapien unterstützen – oder müssen sie im schlimmsten Fall sogar von ihrem Leiden erlösen und einschläfern“, erklärt Siciliano.

Qualzucht Katzen
Sphynxkatze Babs ist anfällig für Hautprobleme und friert schnell. Ihre Rasse gilt als Qualzucht, da wichtige Schutz- und Sinnesfunktionen fehlen.

Auch haarlos ist nicht harmlos

Die Scottish Fold ist jedoch nicht die einzige Qualzucht, die immer häufiger in Tierkliniken auftaucht. Auch die Sphynx-Katze erfreut sich laut Siciliano wachsender Beliebtheit – dabei handelt es sich um eine Zucht, die ursprünglich aus Kanada stammt. Vor weniger als 100 Jahren wurden zwei natürlich haarlose Katzen, die eigentlich nur äußerst selten vorkommen, gezielt miteinander verpaart. Seither hat sich die Rasse durch zunehmende Nachfrage weiterverbreitet. Dabei wird jedoch oft übersehen, wie stark die Tiere unter ihrer Haarlosigkeit leiden. Zum einen fehlt ihnen die Körperbehaarung, die vor Sonne und Kälte schützt. Dadurch frieren Sphynx-Katzen schneller und erkranken deutlich häufiger an Hautkrebs und anderen Hautkrankheiten. Zum anderen fehlen ihnen oft die Schnurrhaare – ein Zustand, der sie in ihrer äußeren Wahrnehmung und Kommunikation stark einschränkt. Schnurrhaare sind nämlich nicht nur ein wichtiges Sinnesorgan, sondern auch ein zentrales Kommunikationsmittel der Speziespezies.

Qualzucht Katzen

„Diese Rassen können nicht den gängigen Rassestandards entsprechen und gleichzeitig ein gesundes, qualfreies Leben führen – das schließt sich aus.“

Stefanie Siciliano, Tierärztin

Worauf man beim Katzenkauf achten sollte

Auf die Frage, worauf man beim Kauf einer Katze achten sollte, erklärt Siciliano: „Die Rassen Scottish Fold, Sphynx und Perser würde ich grundsätzlich nicht von einem Züchter kaufen. Diese Rassen können nicht den gängigen Rassestandards entsprechen und gleichzeitig ein gesundes, qualfreies Leben führen – das schließt sich aus. Generell sollte man sich vor dem Kauf mit den potenziellen gesundheitlichen Problemen jeder Rasse auseinandersetzen. Das lässt sich heutzutage leicht recherchieren, zum Beispiel auf Seiten wie qualzucht-datenbank.eu. Wenn man sich informiert hat, kann man beim Züchter gezielt nachfragen, ob dessen Zuchttiere auf rassetypische Erkrankungen getestet wurden.“ Bei der sehr beliebten Rasse British Kurzhaar, die bei verantwortungsvoller Zucht meist keine oder nur wenige Erbkrankheiten aufweist, sollte man zum Beispiel dennoch auf mögliche Herzprobleme achten, da diese bei der Rasse häufiger vorkommen als bei anderen. „Am gesündesten ist in der Regel die Europäische Kurzhaarkatze – eine Rasse, die man in vielen Haushalten antrifft und die nach wie vor als die am weitesten verbreitete Katzenrasse bei uns gilt“, betont Siciliano abschließend.

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Katzenbabys sind niedlich, doch ihre Herkunft sollte gut geprüft werden. shutterstock

Qualzucht erkennen und vermeiden

Viele Katzenrassen gelten als besonders niedlich – doch hinter auffälligen Merkmalen wie Schlappohren, flachen Nasen oder fehlendem Fell verbergen sich oft ernsthafte gesundheitliche Probleme. Züchtungen wie die Scottish Fold oder Sphynxkatzen zählen laut österreichischem Tierschutzgesetz zu den sogenannten Qualzuchten. Hierbei werden bestimmte äußerliche Merkmale gezielt verstärkt, obwohl sie mit chronischen Schmerzen oder Einschränkungen für das Tier einhergehen. Beim Kauf einer Katze sollten sich Interessierte daher gründlich über die jeweilige Rasse informieren. Seriöse Züchter legen Gesundheitsnachweise offen, züchten nicht auf Kosten des Tierwohls und beraten ehrlich über mögliche Erbkrankheiten. Besonders hilfreich ist dabei ein Blick auf Plattformen wie qualzucht-datenbank.eu, die umfassende Informationen zu betroffenen Rassen bieten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, greift zu gesunden Alternativen wie der Europäischen Kurzhaarkatze, der Norwegischen Waldkatze oder einer verantwortungsvoll gezüchteten Maine Coon. Diese Rassen gelten als robuster und sind weitgehend frei von qualzuchttypischen Beschwerden.