Evangeliumkommentar: Der Königsweg der Dankbarkeit

In unseren wöchentlichen Evangelienkommentaren geben Geistliche, Religionslehrerinnen, Theologinnen und andere ihre Gedanken zum Sonntagsevangelium weiter. Heute mit Erich Baldauf, Pfarrer in Hard und Bibelreferent der Diözese.
Sonntagsevangelium
Es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samárien und Galiläa. Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!
Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah: Während sie hingingen, wurden sie rein. Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaríter.
Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Lukas 17,11-19
Der Königsweg Dankbarkeit
Dieses Ereignis von der Heilung der zehn Aussätzigen, von denen nur einer zurückkommt, um Gott zu loben und Jesus zu danken, erinnert mich an den Benediktinermönch David Steindl-Rast. Er ist 99-jährig und lebt im Europakloster Gut Aich in Oberösterreich. Er ist ein geistlich-geistiger Lehrer. Er hat die Spiritualität der Dankbarkeit entwickelt. Er ermutigt, Dankbarkeit methodisch zu üben und als innere Haltung zu kultivieren, um ihre schöpferische Chance zu nutzen. Er spricht von einer revolutionären Kraft.
Zunächst sei festgehalten, dass es die Dankbarkeit ist, die die Seele „nährt“. Ein Mensch kann noch so viel über Besitz oder Geld verfügen, sollte er oder sie dafür nicht dankbar sein (können), geht die Seele leer aus. Der „Besitz“ trägt nicht zur Zufriedenheit bei. In den meisten Fällen verstärkt sich das Raffen nach dem noch mehr. Erst mit wirklicher Dankbarkeit beginnt etwas die Seele zu nähren, eben begleitet von Freude und innerem Frieden. Mit der Dankbarkeit vollzieht sich zugleich in der Beziehung zu dem, was wir „besitzen“, eine Wandlung. Wer für etwas dankbar ist, kann es nicht länger allein dem persönlichen Verdienst oder Mühen zuschreiben, vielmehr trägt es den Charakter eines Geschenks. Ich darf in Umständen des Friedens leben. Ich bin gesund und habe Kraft zu arbeiten.
Nur einer kam zurück, um Gott zu loben und Jesus zu danken. Die Dankbarkeit wird für den Geheilten zum Weg zu Gott. Die anderen neun wurden ebenso geheilt. Die Frage: Wohin geht ihr Weg? Es wird nicht erzählt. Es bleibt offen, ob sich ihr Leben trotz der Heilung wirklich veränderte.
Auch Erfahrungen, die Angst oder Panik auslösen, wie: eine schwere Erkrankung, ein Schicksalsschlag, ein Unglück und Ähnliches, können sich wandeln. Im Rückblick können oder werden Menschen manchmal sagen können, dieses Ereignis hat mich verändert, ich habe für mich nun Wichtiges gelernt. Ich habe einen neuen Zugang zu meinem Leben gefunden. Ich lebe viel aufmerksamer. Die Menschen um mich und die Beziehungen zu ihnen haben eine ganz andere Qualität gewonnen. Ich bin froh und dankbar um die ehemals herausfordernde Erfahrung. Es ist eine gewachsene oder auch erarbeitete Dankbarkeit. Sie nährt die Seele.
Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Feier der Eucharistie als „Quelle und … Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ bezeichnet (Lumen Gentium 11). Eucharistie kommt aus dem Griechischen und meint „Dankbarkeit“. Es geht bei gelebter Dankbarkeit um weit mehr als um eine Höflichkeitsform. Sie verbindet Menschen. Sie macht „reich“ und ist ein Weg zum „Lebendigen“.
