Wie Lichtverschmutzung unsere Sicht auf die Sterne zerstört

Die künstliche Aufhellung des Nachthimmels nimmt zu – Sternbeobachtungen werden dadurch immer schwieriger. Der Kleine Wagen eignet sich zur raschen Messung der Güte des Nachthimmels.
Von Robert Seeberger
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Künstliche Lichter haben in der Nacht eine gewisse Berechtigung. Sie helfen bei der Orientierung und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in den größeren Städten Europas jedoch eine regelrechte Lichterflut ausgebreitet, die vor allem Schaden anrichtet. Leuchten auf Gehwegen und Straßen übersteigen bei Weitem das erforderliche Maß an Helligkeit. Auch neben den Verkehrswegen ist alles hell erleuchtet – sogar der Nachthimmel wird angestrahlt. Skybeamer, Leuchtreklamen sowie das nächtliche Anstrahlen von Kirchen und Denkmälern schaden der Tier- und Pflanzenwelt und stören den natürlichen Schlafrhythmus der Menschen empfindlich. Dieses Phänomen wird als Lichtverschmutzung bezeichnet.
Gesetze gegen zu viel Licht
In mehreren Ländern gibt es mittlerweile Bestimmungen, die der Lichterflut Einhalt gebieten sollen. In Österreich regelt seit Ende 2022 die ÖNORM O 1052 „Lichtimmissionen – Messung und Beurteilung“ den Umgang mit Lichtverschmutzung. Dabei gelten – je nach Region, ob Naturschutzgebiet, Wohn- oder Industriegebiet – unterschiedliche zulässige Werte. Wichtig für Sternfreunde: Nirgendwo darf der Lichtkegel nach oben gerichtet sein.
Sternbeobachtende sind besonders stark betroffen. Berufsastronomen weichen deshalb mit ihren Teleskopen in die chilenische Atacama-Wüste oder sogar in den Weltraum aus. In den Ballungsgebieten Vorarlbergs sind deutlich weniger als 400 Sterne sichtbar, in Großstädten wie München nur noch rund 200. An einem völlig dunklen Nachthimmel wären bis zu 3000 Sterne erkennbar. Ihr Licht – insbesondere ihre Spektren – enthält wertvolle Informationen über Physik und chemische Zusammensetzung der Himmelskörper. Während diese Daten über Hunderte oder Tausende Jahre – bei Galaxien sogar Millionen Jahre – ungestört den Weltraum durchqueren, werden sie in Bruchteilen einer Millisekunde durch die Lichterflut zerstört, kurz bevor sie die Geräte der Astronominnen und Astronomen erreichen.
Wo Sterne noch richtig funkeln
In Vorarlberg gibt es nur noch wenige exzellente Beobachtungsplätze für schwach leuchtende Sterne. Die Sternhelligkeit wird in Magnituden angegeben: Je kleiner die Zahl, desto heller der Stern. Ein Stern erster Magnitude ist 2,512-mal heller als einer zweiter Magnitude. Die Skala ist logarithmisch und reicht von eins (die hellsten Sterne) bis etwa sechseinhalb – das sind die schwächsten Sterne, die mit freiem Auge unter besten Bedingungen noch zu erkennen sind. Um Sterne der sechseinhalbten Magnitude zu sehen, müssen auch andere Bedingungen wie trockene Luft, wenig Staub in der Atmosphäre und völlige Wolkenfreiheit gegeben sein. Diese Voraussetzungen sind auf hohen Bergen, fernab von Stadtlichtern, am ehesten erfüllt. Deshalb wurden Profi-Observatorien in Wüstengegenden auf hohen Bergen errichtet.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Grenzgröße der gerade noch sichtbaren Sterne und der Gesamtzahl der erkennbaren Sterne: Am Nordhimmel sieht man im Jahresverlauf rund 1300 Sterne fünfter Größe, 2300 Sterne fünfeinhalbter Größe und etwa 4100 Sterne bis zur sechsten Magnitude.
Der Kleine Wagen als Messinstrument
Die Qualität des Nachthimmels lässt sich mithilfe des Sternbilds Kleiner Wagen beurteilen. Je mehr Details dieses Sternbilds – es umkreist den Nordpunkt das ganze Jahr über – sichtbar sind, desto besser ist die Qualität des Himmels. Das Ende der Deichsel markiert der Polarstern, mit einer Helligkeit von 2,0 mag der hellste Stern des Sternbilds. Die nächstschwächeren Sterne sind die zwei hinteren Kastensterne. Eine Grenzhelligkeit von fünf Magnituden ist erforderlich, um die gesamte charakteristische Form des Kleinen Wagens erkennen zu können. Damit lässt sich die Qualität des lokalen Nachthimmels schnell einschätzen.