Leidenschaft, Teamgeist und reichlich Groove

Jubiläum: Seit einem halben Jahrhundert ist das Jazzseminar Dornbirn ein Ort, an dem Musik Menschen verbindet. Leiterin Aja Zischg sorgt heute mit Können, Humor und Leidenschaft dafür, dass der Funke weiter überspringt.
Vor fünf Jahrzehnten, im Herbst 1975, wurde in Dornbirn der Grundstein für eine musikalische Erfolgsgeschichte gelegt: Rolf Aberer und Benny Gleeson, beide Absolventen der Swiss Jazz School Bern, gründeten auf Anregung von Peter Schweizer und anderen Mitgliedern des Bigbandclubs Dornbirn das Jazzseminar Dornbirn. Nach der Genehmigung der Umsetzung der Idee durch den damaligen Kulturverantwortlichen und Musikschuldirektor Wilhelm Stärk begann 1976 der Unterricht in Harmonielehre, Gehörbildung und Rhythmik – zuerst in einem Raum der Musikschule in der Rosenstraße, danach im Vordertrakt der alten Stadthalle.

Stetig gewachsen
Auch der nachfolgende Direktor der Musikschule, Guntram Simma, förderte das Jazzseminar, und mit Unterstützung der Stadt Dornbirn wuchs das Projekt stetig. 1985 erhielt die Populärabteilung ein eigenes Gebäude in der Schlachthausstraße, die Gründung der Jazzseminar-Bigband folgte. Seit dem Umzug 1999 in die renovierten Räume der ehemaligen Elastisana-Fabrik im Kehler park hat sich das Jazzseminar als feste Größe in der Vorarlberger Musiklandschaft etabliert. Und lernen konnte (kann) man von großen Namen: Unter anderem unterrichteten neben Rolf Aberer Martin Hämmerle, Charly Bonat, Benny Bilgeri, Teddy Maier, Alex Bader, Toni Eberle, Didi Konzett, Paul Winter und Ina Wolf am Jazzseminar Dornbirn. Drei Jahre wirkte auch Ex-Frank-Zappa-Keyboarder und Welthit-Produzent Peter Wolf in der Messestadt.

Jeder ist willkommen
Heute, 50 Jahre nach seiner Gründung, blickt die Institution auf eine beeindruckende Entwicklung zurück – und in eine lebendige Zukunft. Nach Rolf Aberer und Florian King leitet seit 2022 Aja Zischg das Jazzseminar, bei dem sie schon seit 25 Jahren unterrichtet. Die 48-jährige, studierte Sängerin steht für Offenheit, Teamgeist und zeitgemäßen Musikunterricht. „Bei uns ist grundsätzlich jeder willkommen“, betont sie. Entscheidend sei die Freude an der Musik. „Natürlich gibt es gewisse Voraussetzungen, je nach Instrument oder Fachbereich. Bei Kindern schauen wir etwa, ob motorische Fähigkeiten schon da sind. Beim Gesang prüfen wir, ob jemand Töne treffen oder rhythmisch folgen kann. Aber wer einfach Lust auf Musik hat, kann auch ohne Vorkenntnisse starten. Wir begleiten dann individuell.“ Für viele Teilnehmende sei das Jazzseminar auch „Seelenhygiene“, für andere der Start in eine professionelle Laufbahn. Diese Vielfalt sei das Besondere: Freizeitmusiker treffen auf angehende Profis, Laien auf Studierende, Generationen aufeinander. „Das ergibt eine ganz besondere Atmosphäre, die unkompliziert, kollegial und auf Augenhöhe ist.“

Praxis steht im Vordergrund
Obwohl der Name es nahelegt, steht das Jazzseminar nicht ausschließlich für Jazz. „Wir decken Jazz, Pop, Rock, Funk und vieles mehr ab“, sagt Zischg. Entscheidend sei die persönliche Betreuung: „Zwischen Lehrenden und Schülern entstehen oft Freundschaften, die Jahrzehnte halten. Das Menschliche ist eine unserer großen Stärken.“ Auch inhaltlich unterscheidet sich das Jazzseminar von klassischen Musikschulen. „Wer keine Noten lesen kann, ist trotzdem willkommen. Wir arbeiten mit dem, was jemand mitbringt.“ Praxis steht klar im Vordergrund, Theorie wird spielerisch vermittelt. „Theorie muss Spaß machen, sonst bleibt sie leer“, ist für die gebürtige Lustenauerin klar.
Zur Person
Aja Zischg, geboren am 21. Juli 1977 in Lustenau, lebt in Dornbirn. Die Musikerin und Musikpädagogin ist ausgebildete Jazzsängerin und schloss ihr Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz mit Auszeichnung ab. Sie arbeitete mit renommierten Künstlerinnen und Künstlern wie Sheila Jordan, Hubert von Goisern und dem Jazzorchester Vorarlberg zusammen. Seit 25 Jahren unterrichtet sie Gesang (Jazz- und Popularmusik) am Jazzseminar Dornbirn, das sie seit 2022 leitet. Zu hören ist die frische, lebendige und soulige Stimme der 48-Jährige auf sieben Tonträgern. Neben ihrer Leidenschaft für Musik liebt sie Sport, Tennis, Skifahren, Yoga, gutes Essen und die Ruhe in der Toskana.
Unterricht hat sich verändert
In fünf Jahrzehnten hat sich der Unterricht stark verändert. Heute sind Noten, Playbacks und Tutorials digital verfügbar, Tablets gehören zum Alltag. Doch sie mahnt zur Balance: „Technik ist ein Werkzeug, kein Ersatz. Musik bleibt zutiefst menschlich.“ Selbst Themen wie Künstliche Intelligenz werden diskutiert, aber: „Eine KI kann dir nicht sagen, dass du verspannt bist und tiefer atmen sollst.“ Gibt es eine Jazzseminar-DNA? „Ja – ein Lächeln im Gesicht! (lacht) Und die Motivation, selbst Musik zu machen, vielleicht eine Band zu gründen oder Songs zu schreiben. Dieses Feuer weiterzugeben, ist unser Ziel.“

Generationswechsel
Mit der Übernahme der Leitung durch Aja Zischg begann auch ein Generationenwechsel. „Einige langjährige Lehrkräfte sind in Pension gegangen. Jetzt geht es darum, engagierte neue Kolleginnen und Kollegen zu finden und das Angebot weiterzuentwickeln.“ Besonders wichtig sei ihr die Zusammenarbeit im Team: „Wir begegnen uns auf Augenhöhe. Das ist echte Teamarbeit, kein Meeting-Abhaken.“

Für die Zukunft wünscht sie sich, dass das Jazzseminar „lebendig bleibt“ – mit neuen Fächern, neuen Formaten und Lehrenden, die die Jugend abholen. Denn viele ehemalige Schüler unterrichten inzwischen selbst an Musikschulen mit Jazz- und Popabteilungen oder am Jazzseminar Lustenau. „Wir haben unsere eigene Konkurrenz gezüchtet, und das ist wunderbar“, sagt sie mit einem Lachen. „Das ist okay und zeigt, dass wir gute Arbeit leisten.“

Mehr als ein Beruf
Für Aja Zischg ist Musik mehr als Beruf – sie ist Berufung. Schon als Kind prägten sie die Plattensammlung ihres Vaters, von Deep Purple bis Ella Fitzgerald. Heute unterrichtet sie Gesang in Jazz, Pop und Rock und leitet Workshops zur Improvisation. Ihre größte Motivation: „Freude an der Musik weitergeben. Musik kann dich an einen anderen Ort führen – und das ist ein Geschenk.“

Zuspruch
Das Jazzseminar, eine Fachgruppe der Musikschule Dornbirn, steht seit 50 Jahren für Offenheit, Qualität und musikalische Leidenschaft. Unter der Leitung von Aja Zischg bleibt das Jazzseminar ein Ort, an dem Musik gelebt wird: mit Herz, Humor und einem Lächeln im Gesicht. Und das kommt an: „Gut 300 Schülerinnen und Schüler sind aktuell beim Jazzseminar“, freut sich die Leiterin über den großen Zuspruch.
Großer Festakt im Kulturhaus
Als Auftakt zum Jubiläumsjahr lädt das Jazzseminar Dornbirn am Samstag, den 15. November, bei freiem Eintritt zum großen Festakt ins Kulturhaus Dornbirn ein – mit Musik, Rückblicken und einer Party, die eine prägende Kultureinrichtung des Jazz und Pop hochleben lässt. Der Abend blickt zurück auf die Anfänge und würdigt die Gründungspersönlichkeiten sowie jene Musiker, Pädagogen und Wegbegleiter, die das Jazzseminar über die Jahre geprägt haben. Ehemalige Studierende des Jazzseminars gestalten den Festakt musikalisch und bringen die Vielfalt von Jazztradition bis Zeitgenössischem auf die Bühne. Podiumsgespräche laden zu einem Rückblick auf fünf Jahrzehnte ein, lassen Erinnerungen aufleben und eröffnen zugleich Perspektiven für die Zukunft.
Jazzsemiar Dornbirn aktuell
Lehrpersonen
Aja Zischg (Fachbereichsleitung), Alexander Bader (Bass), Hans-Ulrich Binetsch (Posaune), Martin Grabher (Schlagzeug), Andreas Broger (Saxophon, Workshop), Judok Lingg (Trompete), Vincent Rein (E-Bass), Samuel Wolf (E-Gitarre), Waltraud Köttler (Jazz-Pop-Gesang), Irina Frainer-Fehn( Jazz-Pop-Gesang), Aris Kapagiannidis (Geige), Peter Bader (Piano), Mario Kohler (Saxophone), Thomas Fend (Schlagzeug).
Unterrichtsfächer
Band-Coaching, E-Bass, E-Gitarre, Harmonielehre und Gehörbidlung, Kontrabass, Piano, Jazz-Pop-Gesang, Posaune, Saxophon, Trompete, Schlagzeug, Software/Recording/Production, Bühnenpräsenz (Stage Performance), Improvisation für Sängerinnen und Sänger, Songwriting.