_Homepage

Gefahr im All: Weltraummüll bedroht Raumfahrt

29.11.2025 • 11:00 Uhr
Weltraummüll
Dichte Trümmerringe um die Erde: Diese künstlerische Darstellung zeigt den Weltraummüll in den verschiedenen Orbits. ESA

Seit fast 70 Jahren tummeln sich künstliche Satelliten in Umlaufbahnen. Trümmerteile werden zur Gefahr im Orbit. Anfang November wurde eine chinesische Weltraummission durch Schrottteile gefährdet.

Von Robert Seeberger
neue-redaktion@neue.at

Seit 2021 umkreisen zwei Raumstationen die Erde in einer Höhe von zirka 400 Kilometern. Neben der bekannten ISS (Internationale Raumstation) betreibt China die Raumstation Tiangong. Beide Stationen erhalten regelmäßig Besuch von Raumfahrern. Kürzlich wurde eine Fensterscheibe der Versorgungskapsel Shenzhou 20 vermutlich durch Weltraumschrott so beschädigt, dass eine Not-Rettungskapsel für die Tiangong-Crew gestartet werden musste. Seit einiger Zeit werden Szenarien entwickelt, wie der gefährliche Schrott in den Orbits beseitigt werden kann.

Von Sputnik zu privaten Satelliten

Der erste Satellit, Sputnik 1, wurde am 4. Oktober 1957 von Baikonur mit einer umgebauten, militärischen Interkontinentalrakete in den Orbit gebracht. Die 58 Zentimeter kleine Aluminiumkugel umrundete die Erde inzwischen 200 und gut 900 Kilometern Höhe. 92 Tage nach dem Start verglühte Sputnik 1 in der Atmosphäre. Am Beispiel des ersten Satelliten lassen sich die Probleme im Orbit, vor denen wir heute stehen, verstehen. Satelliten in niedrigen Orbits müssen immer wieder angehoben werden oder sie verglühen in der Erdhülle. Die chemischen Elemente, die in den Satelliten verbaut waren, verteilen sich dabei in der Atmosphäre. Ob das ab einer gewissen Menge problematisch ist, wird derzeit untersucht. Eine These ist, dass gewisse Chemikalien aus Satelliten den Abbau der hohen Ozonschicht wieder beschleunigen könnten.

Immer mehr Satelliten – und immer mehr Schrott

Seit den späten 1950er-Jahren ist die Zahl der Satelliten stetig gewachsen und liegt derzeit bei zirka 12.000. Wissenschaftliche Forschung, Erderkundung sowie kommerzielle Anwendungen wie Fernsehübertragungen, Satellitentelefonie und Breitbandinternet führen zu dichtem „Satellitenverkehr“. Jedes Jahr verglühen Satelliten in der Lufthülle. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beziffert die Masse an Satelliten, Raketenoberstufen und sonstigem Weltraumschrott, die jährlich verglüht, auf 100 bis 150 Tonnen.

Zwei beliebte Orbits

Die Bahn in knapp 36.000 Kilometer Höhe wird geostationär genannt. Ein Satellit bleibt hier immer genau über einem Ort auf der Erde. Dieser Orbit ist für viele Anwendungen – etwa für TV-Schüsseln – ideal. Auch tiefe Orbits in zirka 600 Kilometer Höhe sind stark frequentiert, denn sie eignen sich für die Erdbeobachtung und für Breitbandkommunikation. Diese Satelliten fliegen von Pol zu Pol und können dabei die gesamte Erdoberfläche abtasten. Bei einem Satelliten-Zusammenstoß im Jahr 2009 und einem absichtlichen Satellitenabschuss zu Testzwecken 2007 wurden unzählige Bruchstücke in den Orbits verteilt. Allein diese beiden Ereignisse haben die Zahl der größeren Trümmer um 20 % erhöht. In diversen Orbits schätzt man die Zahl von Objekten, die mehr als zehn Zentimeter messen, auf 40.500. Etwa 1,1 Millionen Geschosse mit mindestens einem Zentimeter gibt es. Die Energie der Teilchen ist wegen der hohen Geschwindigkeiten von 7,5 Kilometern pro Sekunde enorm. Der Aufprall eines ein Millimeter kleinen Stücks auf ein Raumschiff kann bereits missionskritische Schäden zur Folge haben.

Schutzmaßnahmen gegen Weltraummüll

Tausende größere Objekte werden laufend überwacht und die Kollisionswahrscheinlichkeit berechnet. Bei manövrierfähigen Objekten werden Ausweichmanöver veranlasst. In niedrigen Höhen zwischen 400 und 600 Kilometern „reinigt“ die Atmosphäre die Orbits. Zwischen einem Jahr und 25 Jahren können sich die Trümmer – abhängig von der Höhe – halten, ehe sie verglühen. Nicht mehr gebrauchte geostationäre Satelliten werden in sogenannte Friedhofsbahnen weiter angehoben, wo sie verbleiben und nicht stören. In Zukunft könnten Greifarme Weltraumschrott einsammeln.