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Welches Nasenloch bevorzugen Sie?

06.12.2020 • 20:00 Uhr
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Heidi Salmhofer mit Ihrer Sonntags-Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Du bist so gemein! Ich kotze sicher!“, war die erste Reaktion meiner Tochter, als ich ihr freundlich und mit einer Prise kindgerechtem Humor erklärte, dass wir uns gemeinschaftlich in den Nasen bohren lassen. Auch die zweite Tochter zeigte sich nicht besonders begeistert, was zumindest den seltenen Effekt hatte, dass sich beide Mädels für einen Nachmittag blendend verstanden.
Den Termin für die Testung habe ich, in Kenntnis unserer Verschlafenheit und notorischen Unpünktlichkeit, auf 10.45 Uhr gesetzt. Das könnten wir schaffen. Bewundernswert jene, von denen mir via Social Media schon um 7.30 Uhr ein freudiges Gesicht entgegenlächelte, untertitelt mit „Test erledigt. Daumen hoch.“ Ich habe um diese Zeit gerade angefangen, alle fünf Minuten mit allen möglichen Variationen an Stimmenlautstärke meine Kinder zu wecken. Frau Jüngste hat es gegen 8 Uhr dann aus dem Bett geschafft. Aber auch nur deshalb, weil sie noch panisch ein paar Sachen für die Schule zu erledigen hatte.
Im Plüschbademantel saß sie am Küchentisch, den Löffel vom Müsli im Mund, einen Farbstift in der Hand, ein Heft vor sich, die Müslischüssel seitlich und einen Zauberflötentext zu ihrer Rechten. Schnell noch abschreiben. Frau Älter schläft noch immer. Ich räume auf, organisiere gleichzeitig mit Kopfhörern im Ohr die nächsten Theaterverschiebungen und wecke weiterhin im gewohnten Fünf-Minuten-Takt Tochter Nummer zwei. Inzwischen nehme ich ab und an kleine, aber feine Bewegungen unter der Bettdecke wahr. Ein Teilerfolg. Telefonat Nummer fünf, während ich das Katzenstreu wechsle. Und dann passierte es wieder!
Irgendwo muss in unserer Wohnung ein Zeitknick sein, eine Verschiebung. Es kann dafür keine andere Erklärung geben, denn es war plötzlich kurz vor Testtermin. Ich gellte mit meiner lautest möglichen Stimme in das Zimmer von Tochter Nummer eins hinein, diese sprang in einer Hundertstelsekunde aus dem Bett. Tochter Nummer zwei entledigte sich inzwischen in Windeseile ihres Bademantels und wir schafften es tatsächlich, innert zehn Minuten angezogen, Zähne und Nasen geputzt zu sein. Erstaunlich war, dass die Testerei innert zehn Minuten erledigt war. „Welches Nasenloch bevorzugen Sie?“, hat eine freundliche junge Frau gefragt. Ich überlegte, ob sie meinte, in welchem ich lieber bohre, verkniff mir aber diesmal eine humorige Antwort. Innert einer Stunde wussten wir: alle drei Salmis negativ. Fazit: Ein Gang zur Massentestung ist weniger stressig als ein Vormittag bei Salmhofers. Und meine Mädels waren tapfer und haben auch nicht gekotzt. Weil, sie fanden es überhaupt nicht schlimm.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.