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Damit die Jugendkultur in Bewegung bleibt

04.01.2021 • 09:00 Uhr
Sebastian Mischitz (1.v.r.) leitet das Kulturcafé Schlachthaus. <span class="copyright">Jaeneke</span>
Sebastian Mischitz (1.v.r.) leitet das Kulturcafé Schlachthaus. Jaeneke

Interview mit Sebastian Mischitz vom OJA Dornbirn über vergangenes Jahr.

Herr Mischitz, dieses Jahr war ein sehr ungewöhnliches, auch was die Kulturangebote der OJAD betrifft. Wie fällt Ihr Rückblick aus?
Sebastian Mischitz:
Es war ein sehr aufregendes und forderndes, aber auch sehr spannendes Jahr. Seit Mitte März waren verständlicherweise keine Events möglich, bei denen sich viele Menschen treffen. Die regelmäßigen Konzerte und Partys im Kulturcafé Schlachthaus sind aber nicht nur für jugendkultur­interessierte Menschen sehr wichtig, auch den vielen Bands in Vorarlberg und Umgebung fehlten die Auftrittsmöglichkeiten. Wir haben in dieser Zeit versucht, neue Wege zu finden, Jugendliche und Jugendkultur­interessierte mit unseren Ideen und Projekten zu erreichen und ihnen damit einen Hauch Normalität zu bieten.

Unter Corona hat unter anderem ganz besonders die Kultur gelitten. Sehen Sie das auch so?
Mischitz:
Für Künstler und Kulturbegeisterte ist es sehr belas­tend, dass die Möglichkeiten fehlen, ihre Kultur auszuleben. Bei uns in der OJAD haben aber viele Menschen mit Kreativität und neuen Ideen geholfen, Jugendkultur in Bewegung zu halten und in manchen Bereichen zu erweitern und zu bereichern.

„Jugendkultur stellt in ihrer Buntheit oft DIE Zugangsmöglichkeit zu jungen Menschen dar. In Bezug auf Corona bieten wir mit unseren Livestreams eine willkommene Abwechslung zu den oft düsteren Zukunftsvorstellungen.“

Kurt Nachbaur, stellvertretender Geschäftsführer der Offenen Jugendarbeit Dornbirn

Wie sieht derzeit das kulturelle Leben bei der OJAD aus?
Mischitz:
Viele Veranstaltungen sind heuer leider der Pandemie zum Opfer gefallen, und langfristige Planungen gestalten sich nach wie vor sehr schwierig. Wo es aus rechtlicher und gesundheitlicher Sicht möglich war, haben wir dank kreativer Ideen kleine Online-Events durchführen können. So fanden in diesem Jahr viele Konzerte im Kulturcafé Schlachthaus nur per Livestream über YouTube beziehungsweise mit sehr wenig Publikum und spezifischen Hygienemaßnahmen statt. Das gute Wetter im Sommer haben wir für Freiluftveranstaltungen jeden Freitagnachmittag im Dornbirner Kulturhauspark genutzt, wo wir vor allem Hip-Hop-Events veranstalten konnten. Zudem haben wir die Zeit heuer auch für die Planung neuer Projekte genutzt, sodass wir hoffentlich im neuen Jahr wieder voll durchstarten können.

Sie haben die Livestream-Konzerte ins Leben gerufen. Funktionieren diese wie gedacht?
Mischitz:
Wir haben den großen Vorteil, dass wir in der OJAD Leute haben, die sich mit den technischen Voraussetzungen sehr gut auskennen. Als unser Technik-Mitarbeiter Wolfgang Reutz im Frühjahr mit der Livestream-Idee kam, haben wir viel getüftelt und probiert, bis es so geklappt hat, wie wir es uns gewünscht hatten. Wir möchten bei unseren Konzertübertragungen ja nur beste Sound- und Videoqualität liefern. Es soll den Menschen, die von zu Hause aus zusehen, Freude bereiten, aber auch speziell für junge Bands eine Möglichkeit sein, Erfahrungen vor der Kamera zu sammeln und professionelle Aufnahmen mit nach Hause zu nehmen.

Beim Konzert der Band DeadBeatz  übernahm Marina Mangard den Schnitt bei der Liveübertragung der acht Kameras.  <span class="copyright">Jaeneke</span>
Beim Konzert der Band DeadBeatz übernahm Marina Mangard den Schnitt bei der Liveübertragung der acht Kameras. Jaeneke

Ohne Publikum keine Kultur. Wie sieht es bei den Streaming-Konzerten mit Zuschauern aus?
Mischitz:
Wir haben zusätzlich zu den Live-Konzertübertragungen im Internet auch – je nach aktueller rechtlicher Lage – ein paar Personen erlauben können, das Konzert direkt vor Ort live zu besuchen. Das kam in dieser Zeit, wo sonst kaum Kulturveranstaltungen möglich waren, sehr gut an. Aber auch die Internet-Streams finden großen Anklang und die Konzertbegeisterten sind froh, dass sie auch in dieser schweren Zeit nicht komplett auf Konzerte verzichten müssen. Wir bekommen sogar Rückmeldungen von außerhalb Österreichs. So hat zum Beispiel bei einer unserer Konzertübertragungen eine Fangruppe in einem englischen Pub ein Public Viewing veranstaltet. Die Livestreams bieten also auch für Fans außerhalb unserer üblichen Reichweite die Möglichkeit, ein Konzert im Kulturcafé Schlachthaus zumindest vor dem Computer live mitzuerleben.

Welche Bands treten auf? Sind sie zufrieden mit dem Arrangement?
Mischitz:
Als wir im Frühjahr über unsere Social-Media-Seiten ankündigten, dass wir zukünftig Livestream-Konzerte anbieten wollen, haben sich innerhalb weniger Tage schon um die 30 Bands gemeldet, die dieses Angebot wahrnehmen wollen. Neben vielen Bands aus Vorarlberg waren auch einige Gruppen aus dem benachbarten Ausland dabei. Aufgrund von Reisebeschränkungen lag der Fokus bis auf wenige Ausnahmen aber auf Vorarlberger Bands. Sowohl junge Newcomerbands als auch etablierte und international erfolgreiche Bands waren bisher dabei – auch viele Bands, die in der Vergangenheit schon im Schlachthaus aufgetreten sind. Bei den bisherigen Livestream-Konzerten waren verschiedenste Musikrichtungen vertreten: Pop, Rock, Reggae, Punk, Metal, Hip-Hop und Blues. Bisher haben wir von allen Bands nur positive Rückmeldungen erhalten – viele waren überrascht und davon begeistert, wie professionell die Konzerte ablaufen.

Das Konzert der DeadBeatz wurde im Schlachthaus auf die Bildschirme der Zuschauer gestreamt. <span class="copyright">Jaeneke</span>
Das Konzert der DeadBeatz wurde im Schlachthaus auf die Bildschirme der Zuschauer gestreamt. Jaeneke

Sie verlangen keinen Eintritt. Wie wird das Angebot finanziert?
Mischitz:
Was das erforderliche technische Equipment betrifft, konnten wir einiges aus dem zusammenstellen, was wir bereits zur Verfügung haben und auch für reguläre Konzerte verwenden. Einige Dinge wie ein digitales Mischpult, Studiomonitore, spezielle Mikrofone und spezielle Beleuchtungstechnik, die auch im Video gut wirkt, stellten unsere Technik-Leute aus ihrem privaten Vorrat bereit. Zusätzlich konnten wir noch professionelle Kameras von der Fachhochschule ausleihen. Außerdem stellt uns die Stadt Dornbirn ein großzügiges Budget zum Zweck der Förderung von Jugendkultur zur Verfügung. Für die Konzerte selbst verlangen wir außer freiwilligen Spenden keinen Eintritt. Die Bands spielen auch ohne Gage. Neben dem Team der Hauptamtlichen haben wir auch viele Ehrenamtliche, die regelmäßig bei den Konzerten mithelfen.

Jede Woche ein Konzert. Wie lange werden Sie das Angebot aufrechterhalten?
Mischitz:
Solange die Nachfrage nach den Konzerten so groß ist und es die rechtliche Lage zulässt, wollen wir das Angebot weiterführen. Wir halten uns immer streng an die aktuell gültigen Maßnahmen. Mit zwei Covid-19-Beauftragten im Team überarbeiten wir unsere Sicherheits- und Hygienekonzepte auch laufend. Die Nachfrage nach Konzerten ist trotz der strengen Regeln sehr groß, trotzdem müssen auch wir in Zeiten mit hohem Infektionsgeschehen, wo es zu Lockdowns kommt und auch keine Proben stattfinden können, unser Angebot zurückfahren.

Tommy Galido sprayte den DeadBeatz ihr Logo. <span class="copyright">Jaeneke</span>
Tommy Galido sprayte den DeadBeatz ihr Logo. Jaeneke

Wie sieht Ihre Fernplanung aus? Wird es einmal wieder so werden, wie es war?
Mischitz:
Es ist schwer zu sagen, wann und ob nach der Pandemie wieder alles „normal“ ist. Der Kulturbereich wird sich nach Corona wie alles andere sicher ein wenig verändern. Wir als Team der OJAD sind in ständiger Planung und entwickeln uns stets weiter. Egal, wie es in der Zukunft aussehen wird, wir werden weiterhin Projekte und Veranstaltungen für die lokale Jugendkulturszene anbieten.