Wo sich Elefant und Pferd Gute Nacht sagen

„Fensterla“: Heike Montiperle holt Menschen vor die Glasfront.
Anderen Menschen eine Freude zu bereiten, kann so leicht sein. Gerade in Zeiten wie diesen“, erklärt Heike Montiperle aus Satteins. Auf die Idee zum „Fensterla“ sei sie jedoch durch eine Nachbarin gekommen. Zusammen mit dem Musikverein hatte sie damals zum 1. Mai einen großen Flashmob vor der großen Fensterfront des Sozialzentrums Satteins-Jagdberg organisiert. Schon damals war Montiperle klar, dass derartige Aktionen jedoch auf keinen Fall ein Einzelfall bleiben durften.
So fasste sie sich ein Herz und überlegte sich eigene Ideen, wie sie den Bewohnern des Sozialzentrums hin und wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern könnte. An Weihnachten etwa sammelte sie Videobotschaften aus dem Dorf. „Die Bewohner des Heims sind durch die Corona-Krise sehr abgeschottet. Natürlich dient das alleine ihrer eigenen Sicherheit, ist aber dennoch keine schöne Situation. Darum wollte ich ihnen umso mehr beweisen, dass wir sie jedoch nicht vergessen“, erklärt Montiperle.

„Fensterla“
Als sie die Freude der Bewohner über die Videobotschaften „von draußen“ sah, stand für die Kabarettistin fest, dass dies nicht ihre letzte Aktion für das Sozialzentrum gewesen sein sollte. Sie beschloss, wie auch ihre Nachbarin damals, die Terrasse mit der großen Fensterfront als Bühne zu benutzen.
Mit der schützenden Glasscheibe zwischen sich und den Bewohnern begann sie, von draußen allerlei Faxen zu machen. Sie warf sich in die verrücktesten Kostüme, etwa das eines Babyelefanten, posierte, tanzte, schnitt Grimassen. Und blickte in die freudig lachenden Gesichter der Bewohner im Sozialzentrum. Drinnen wie draußen konnte für einen Moment der Ernst der derzeitigen Lage vergessen werden. Sie fühlten sich trotz des Abstands als Gemeinschaft. Und sie hatten eine Menge Spaß.

So kam es, dass Montiperle den Bewohnern immer wieder Besuche vor der Fensterfront abstattete. Und sie sollte nicht die Einzige bleiben. Nach dem Posten ihrer Idee auf Facebook meldeten sich immer mehr Menschen freiwillig für eine Performance vor der Glaswand – zum „Fensterla“, wie die Satteinserin es nennt – an. „Es braucht keine besonderen Talente. Man kann eigentlich tun, was man möchte. Singen, tanzen oder auch nur freundlich hineinwinken. Alleine schon sich die Zeit dafür zu nehmen, ist eine wundervolle Geste“, erklärt Montiperle. Die einzige Teilnahmebedingung sei eine Anmeldung vorab bei dem Sozialzentrum selbst. So können die Termine besser koordiniert werden.
Einige der Performer nahmen sogar den langen Weg von Dornbirn auf sich, nur um den Besuchern eine Freude zu machen. „Das hat uns natürlich sehr gefreut, aber für Personen, die von weiter weg kommen, wäre es definitiv auch eine Überlegung wert, ob solche Aktionen auch in ihren Alters- oder Pflegeheimen gewünscht sind. Denn auch dort gibt es Bewohner, die sich über eine kleine Ausflucht aus dem Alltag freuen würden“, erklärt die Initiatorin.
STIMMEN: „Die Aktion bringt wieder Freude in unser Haus“
Die Idee zum „Fensterla“ berührt die Vorarlberger. Das wird nicht nur in den vielen Kommentaren unter Heike Montiperles Facebook-Aufruf deutlich, sondern auch an den Meinungen der Bewohner und der Mitarbeiter des Sozialzentrum Satteins-Jagdberg selbst.
Wie etwa Geschäftsführer Mario Bettega erklärt, stelle das „Fensterla“ eine gelungene Abwechslung im Alltag der Bewohner dar – speziell in Zeiten wie diesen, in denen so gut wie keine Besuche stattfinden dürfen. „Durch diese kleinen Auftritte haben unsere Bewohner wieder mehr Kontakt zur Außenwelt. Abwechslung, Freude und Spaß dabei sind ein wichtiger Punkt.“ Das Lächeln und die Freude in den Gesichtern der Bewohner verdeutlicht Bettega immer wieder aufs Neue, wie wichtig nicht nur der Erhalt, sondern auch die aktive Förderung des Kontakts zu der Mitbevölkerung ist. „Es zeigt uns, dass die Bevölkerung unserer Gemeinden uns nicht vergessen hat und die Menschen zu unserem Lebensalltag einen Beitrag leisten wollen.“
Diese Ansicht kann auch Marianne Burtscher nur teilen: „Es ist schön, etwas Abwechslung in unseren Tag zu bekommen. Diese kleinen Auftritte reißen uns für eine kurze Zeit aus dem Trott des Alltags und bringen etwas Normalität in unser Haus.“ Zwar habe es zuvor schon ähnliche Projekte wie etwa gemeinsames Singen und Musizieren, etwa in Form einer eigenen Gitarrengruppe, gegeben, in Zeiten von Corona sei nun allerdings nichts davon mehr möglich. Umso glücklicher sind die Bewohner über das „Fensterla“: „Die Aktion bringt wieder Freude in unser Haus.“

Davon ist auch Anna Drexel überzeugt. Freudig erzählt sie von den spannenden Besuchern, die es vor die Glasfront des Sozialzentrums zieht: „Wir waren ganz überrascht, als uns am Wochenende etwa ein ‚Babyelefant‘ besuchen kam. Das war witzig, und wir konnten uns darüber freuen. Eine gelungene Abwechslung, die gerne weitergeführt werden kann.“
Diese Meinung teilen auch Ryliza Ntaratzidis und Denisa Icreverzi, Mitarbeiterinnen des Sozialzentrums Satteins-Jagdberg. Die beiden sind sich einig, dass das „Fensterla“ eine willkommene Abwechslung von der alltäglichen Routine darstellt – sowohl für die Bewohner als auch die Mitarbeiter. Gerade in Zeiten der Pandemie. „Da die Besuche ziemlich stark eingeschränkt wurden, freuen sich unsere Bewohner und wir, wenn Unterhaltung geboten wird. Neben dem Spaßfaktor bietet die Aktion aber auch die Möglichkeit, in Kontakt mit der Bevölkerung der Mitgliedsgemeinden zu bleiben.“