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Der Einfluss der Länder im ORF bleibt

09.08.2021 • 19:00 Uhr
Roland Weißmann dürfte der nächste ORF-Generaldirektor werden. Schon vor der Wahl wird er Zugeständnisse an die Länder machen müssen.<br><span class="copyright">Robert Jäger/APA</span>
Roland Weißmann dürfte der nächste ORF-Generaldirektor werden. Schon vor der Wahl wird er Zugeständnisse an die Länder machen müssen.
Robert Jäger/APA

Wahl des Generaldirektors ist Gelegenheit, Wünsche anzubringen.

Im August vor vier Jahren sorgten die Länder für eine Überraschung. Erstmals trafen sich die von ihnen ernannten neun ORF-Stiftungsräte alleine und unabhängig von den restlichen Mitgliedern des 35-köpfigen Gremiums in Salzburg. Es war das Zeichen einer gewissen Emanzipation der Länder gegenüber dem Bund, aber auch ein kleiner Riss im Parteisubstrat, das den Stiftungsrat ansonsten durchdringt.

Dass die Länder neun von 35 Stiftungsräten stellen, verleiht ihnen gemeinsam einen gewissen Einfluss bei der Wahl des Generaldirektors. Daher war es naheliegend, die gemeinsamen Interessen zu bündeln. Man will mehr Autonomie für die Landesstudios und damit auch mehr Einfluss für die Landespolitik.

Alexander Wrabetz dürfte die vierte Wiederwahl nicht schaffen.<br><span class="copyright">Johannes Bruckenberger/APA</span>
Alexander Wrabetz dürfte die vierte Wiederwahl nicht schaffen.
Johannes Bruckenberger/APA

Die Landesdirektoren werden laut ORF-Gesetz „nach Einholung einer Stellungnahme des betreffenden Landes“ bestellt. In der Praxis ist daraus ein Einvernehmen des ORF-Generaldirektors mit dem jeweiligen Landeshauptmann geworden., wobei auch die Stiftungsräte der Bundesländer von Einfluss sein können. Der 2011 nicht wiederbestellte Vorarlberger Landesdirektor Wolfgang Burtscher ging davon aus, dass das Land sich nicht in das Bestellungsverfahren eingemischt, sondern der damalige Stiftungsrat Edelbert Meusburger die Bestellung seines Nachfolgers Markus Klement betrieben hätte. Meusburger selbst sagte damals: „Die Entscheidung trifft der Landeshauptmann.“ Die Grünen wollten das Anhörungsrecht der Länder bei der Direktorenbestellung bereits 2015 aus dem ORF-Gesetz streichen. Zuletzt forderten die Neos 2017 erfolglos die Beseitigung. Ihr Antrag wurde im Verfassungsausschuss des Nationalrats auf unbestimmte Zeit vertragt.

Mehr als das Gesetz erlaubt

Dass der Einfluss der Landeshauptleute über den Wortlaut des Gesetzes Dass der Einfluss der Landeshauptleute über den Wortlaut des Gesetzes hinausgeht, hat unmittelbar mit der Wahl des ORF-Generaldirektors zu tun. Die Landesdirektoren werden, ebenso wie die Direktoren des ORF, für die Dauer der Funktionsperiode des Generaldirektors bestellt. Das führe „in der politischen Praxis dazu, dass die Erfüllung der Wünsche der Landeshauptleute mit der Wahl des ORF-Direktoriums junktimiert“ würden, beklagten die Grünen 2015.

Tatsächlich wurden in der Vergangenheit immer wieder Personalpaket kolportiert, noch bevor die Wahl des ORF-Chefs in trockenen Tüchern war. Tatsächlich wurden in der Vergangenheit immer wieder Personalpakete kolportiert, noch bevor die Wahl des ORF-Chefs in trockenen Tüchern war. Aktuell berichte der Standard über eine regierungsinterne Vereinbarung, nach der den Grünen die Nominierung des Programm- sowie des Finanzdirektors zustehen soll, wenn ihre Stiftungsräte den ÖVP-Kandidaten Roland Weißmann zum Generaldirektor wählen.

Der Stiftungsrat entscheidet die Wahl am Dienstag. <span class="copyright">Georg Hochmuth/APA </span>
Der Stiftungsrat entscheidet die Wahl am Dienstag. Georg Hochmuth/APA

Auch der aktuelle Vorarlberger Stiftungsrat im ORF, der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Alfred Geismayr, verwies auf NEUE-Anfrage auf die sich abzeichnende Mehrheit für Roland Weißmann.

Die anstehende Wahl des Generaldirektors gibt auch den Ländern aktuell wieder eine gewisse Verhandlungsbasis für die Wahl der ORF-Landesdirektoren im September. Der Einfluss der Politik auf die Bestellung relativiert auch die Bestimmung des ORF-Gesetzes, nach der die Chefs der Landesstudios „außer an die Weisungen des Generaldirektors an keine Weisungen und Aufträge gebunden“ sind.

Einfluss variiert von Land zu Land

Manche Bundesland-Heute-Sendungen werden mitunter als „Landeshauptmann-TV“ bezeichnet. Erwin Pröll, so der „Standard 2012“, war in einem halben Jahr 42 Minuten lang in der lokalen Nachrichtensendung zu sehen – zweieinhalbmal so lang wie Markus Wallner und mehr als dreimal so lang wie die damalige Salzburger Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller.

Nachrichtensendung zu sehen – zweieinhalbmal so lang wie Markus Wallner und mehr als dreimal so lang wie die damalige Salzburger Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller.