“Preistreiber sind nicht die Löhne, sondern Immobilienentwickler”

Katzian (ÖGB) sieht keine Lohn-Preis-Spiralen-Gefahr durch Löhne.
Die Inflation ist in Österreich im Juli auf 2,9 Prozent gestiegen und damit so hoch wie seit vielen Jahren nicht. Wie wird sich das auf die Lohnverhandlungen auswirken, die am 23. September mit den Metallern starten?
WOLFGANG KATZIAN: Das ist natürlich eine sehr gute Ausgangslage für die Lohnverhandlungen. Das Wirtschaftswachstum ist enorm, die Zahlen bei der Produktivitätsentwicklung sind extrem gut. Das muss sich auch entsprechend in Lohnerhöhungen niederschlagen.
Hat die Gewerkschaft schon einen bestimmten Prozentsatz im Auge, unter dem sicher keine Einigung zustande kommen wird?
KATZIAN: Eine Zahl kann ich in dem Zusammenhang nicht nennen. Die einzelnen Gewerkschaften führen die Verhandlungen aber auf Basis der vorliegenden Daten. Die ersten sind ja die Metaller und da sind die Voraussetzungen sehr gut. In dem Bereich brummt die Wirtschaft gewaltig.
Die Arbeitgeberseite hat schon deponiert, dass die Auftragslage mit den Produktionssteigerungen nicht mithalten kann, und die Dynamik zuletzt auch schon wieder etwas abgeflacht sei.
KATZIAN: Die Wirtschaftsentwicklung vor allem in der Industrie ist mehr als gut. Das belegen die Zahlen und das lassen wir uns auch nicht schlecht reden. Es geht bei den Lohnverhandlungen um die Abgeltung der Inflation für die zurückliegenden Monate und auch die aktuell enorme Produktivität und das Wirtschaftswachstum müssen sich im Geldbörsel der Arbeitnehmer niederschlagen. Wir haben eine schwierige Phase hinter uns mit Kurzarbeit und Einkommensverlusten von 10 bis 20 Prozent. Die Leute haben das durchgebissen. Aber jetzt geht es darum, dass auch wieder etwas zurückkommt.
Ist ein rascher KV-Abschluss wie im Vorjahr wie es sich die Arbeitgeberseite wieder wünschen würde realistisch?
KATZIAN: Das wird nicht an uns liegen. Wenn das Angebot stimmt, werden wir ja sagen. Wenn nicht, werden die Verhandlungen länger dauern. Die Leute haben es sich verdient, dass die Löhne entsprechend steigen. Die Preissteigerungen bei Treibstoff, Wohnen und Lebensmitteln wirken sich ja unmittelbar auf die Geldbörse der Arbeitnehmer aus. Die Kaufkraft muss gesteigert werden, damit die positive wirtschaftliche Entwicklung weitergeht.
Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass so eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt wird?
KATZIAN: Höhere Gehälter setzen keine Lohn-Preis-Spirale in Gang. Und was wäre die Alternative? Dass die Inflation nicht abgegolten wird? Dann würde das ja bedeuten, dass die Arbeit an Wert verliert. Und das geht nicht. Es würde auch die Problematik des Fachkräftemangels verschärfen. Die Preissteigerungen, die es jetzt gibt, haben nicht viel mit den Löhnen zu tun. Treiber sind ganz andere Quellen. Der größte Preistreiber ist der Wohnungssektor, sind die Immobilienentwickler.