Das ist der nächste Bundeskanzler

Übergangskanzlerin Bierlein machte ihn zum Außenminister. Nun wird er Bundeskanzler.
Alexander Schallenberg wird Sebastian Kurz als Bundeskanzler nachfolgen. Das Bundeskanzleramt kennt der 52-jährige Diplomat bereits von innen. Sebastian Kurz holte den Europaexperten mit Mühlviertler Wurzeln einst als Leiter der Stabsstelle Strategie und Planung auf den Ballhausplatz, als er Bundeskanzler wurde. Schon als Außenminister hatte Kurz auf Schallenberg gesetzt, und ihn zum Leiter für “strategische außenpolitische Planung” gemacht.
Die beiden haben ein enges Vertrauensverhältnis, in den Regierungsverhandlungen nach der Nationalratswahl 2017 zählte Kurz auf seinen “Initimus“. Das Vertrauen ist wechselseitig: Selten habe er einen so talentierteren Minister erlebt, streute Schallenberg im Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” Kurz als Außenminister Rosen.
Schallenberg ist aus ÖVP-Perspektive eine logische Entscheidung: Er ist nah an Kurz dran, gehört aber nicht zu jener türkisen Clique, die ihn an die Spitze der Partei hievte mit Methoden, die jetzt die Staatsanwaltschaft untersucht.
Vertrauer von Kurz, Schlüsselfigur für Bierlein
Während der Expertenregierung machte Brigitte Bierlein Schallenberg im Jahr 2019 zum Außenminister. Für Bierlein war Schallenberg stets eine wichtige Stütze, er begleitete die Kanzlerin regelmäßig zu Gipfelvorbereitungen und wichtigen EU-Treffen nach Brüssel. Schallenberg war der einzige Übergangsminister, der von Türkis-Grün übernommen wurde: Er blieb Außenminister. Jetzt soll er an der Spitze der Regierung stehen – der scheidende Bundeskanzler Sebastian Kurz hat dem Bundespräsidenten vorgeschlagen, Schallenberg zum nächsten Regierungschef zu ernennen.
Mit dem grünen Koalitionspartner hatte Schallenberg insbesondere rund ums Thema Asyl und Migration Reibungspunkte. Als die Grünen im September 2020 Menschen aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern nach Österreich holen wollten, lehnte Schallenberg das – wie alle ÖVP-Spitzenpolitiker ab. Er sprach von „Geschrei nach Verteilung“, die Grünen warfen ihm Zynismus vor. Und als im vergangenen August die Taliban in Afghanistan die Macht übernahmen, blieb Schallenberg bei der Position, keine Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. “Wir wollen helfen und werden auch helfen”, fügte Schallenberg hinzu. Der Zugang der ÖVP sei nun mal “Hilfe vor Ort”. Dass er ankündigte, die Talibanregierung “an ihren Taten messen” zu wollen, brachte ihm auch von Koalitionspartner Kritik ein. Vizekanzler Kogler richtete der ÖVP aus, dass ihm die Menschlichkeit fehlen würde.
Als Bundeskanzler werden die Grünen Schallenberg trotzdem akzeptieren: Die Amtsfähigkeit von Schallenberg zieht niemand in Zweifel. Und Schallenberg ist untadelig, es besteht keine Gefahr, dass er mit dramatischen Vorwürfen wird. Damit sind die Kriterien, die die Grünen stellten, erfüllt. “Er verfügt über das diplomatische Geschick, das es braucht, um das Vertrauen auch zwischen den Koalitionsparteien wieder aufzubauen”, sagt Kurz am Samstagabend. Eigentlich hatte sich Schallenberg in der zweiten Reihe nicht unwohl fühlt: Er sei gern “im Souffleurkasten”, sagte er im Sommer 2017 den “Oberösterreichischen Nachrichten”, das sei immerhin “das Spielfeld der Diplomatie”. Damit ist es nun endgültig vorbei.
Zur Person
Alexander Schallenberg war Pressesprecher von Außenministerin Ursula Plassnik und ihrem Nachfolger im Außenministerium, Michael Spindelegger (beide ÖVP). Die Diplomatie wurde Schallenberg quasi in die Wiege gelegt. 1969 in Bern als Sohn des Botschafters und späteren Generalsekretärs im Außenministerium (1992 bis 1996), Wolfgang Schallenberg, geboren, wuchs er in Indien, Spanien und Frankreich auf. Von 1989 bis 1994 studierte er Rechtswissenschaften in Wien und Paris, danach Europäisches Recht am Europacollege in der belgischen Stadt Brügge.