„Kino wird immer die Nummer Eins bleiben“

Michael Wieser spricht über die Bedeutung der Sperrstunde und warum das Kino überleben wird.
Michael Wieser (54) betreibt die Kinos in Dornbirn und Bludenz und hat zudem einen Filmverleih. Seit eineinhalb Jahren ist der gebürtige Bludenzer auch Vorsitzender der Fachvertretung in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Ein Gespräch über seine Branche und deren Situation.
Ab Samstag wird die Sperrstunde wieder von 22 Uhr auf Mitternacht verschoben. Das dürfte auch Kinos betreffen. Wie erleichtert sind Sie darüber?
Michael Wieser: Extrem. Das hilft uns wahnsinnig. Durch die Sperrstunde um 22 Uhr wurde uns die eigentliche Hauptrunde genommen. Die Filme beginnen im Kino üblicherweise zwischen 19.30 und 20.30 Uhr. Mittlerweile dauern sie aber nicht mehr eineinhalb bis zwei Stunden wie früher, sondern sie sind zweieinhalb bis sogar drei Stunden lang. Die frühere Sperrstunde hat uns also irrsinnig geschadet.
Können Sie beziffern, wie hoch der Schaden ist?
Wieser: Ich würde sagen, dass der Rückgang mindestens 50 Prozent allein deswegen betrug, weil wir die Hauptvorstellung entsprechend nach vorne verlegen mussten.
Seit knapp zwei Jahren kämpfen auch die Kinos mit den durch die Pandemie auferlegten Maßnahmen. Wie schaut ein aktueller Zustandsbericht der Branche aus?
Wieser: Es ist ein ständiges Auf und Ab mit positiven und negativen Meldungen. Negativ ist, dass seit zwei Jahren mit kurzen Unterbrechungen zwischendurch eine Auflage nach der anderen kommt. Mit manchen konnte man leben, andere hingegen waren furchtbar für uns. Dazu kam noch als Rattenschwanz, dass die Filmverleiher vorsichtig waren und Filmstarts verschoben wurden. Es war eine wahnsinnig schwierige Zeit für uns.
Was waren die positiven Meldungen?
Wieser: Positiv gestaltet hat sich, wenn man bei all dem Schlechten auch etwas Gutes sehen will, die eindeutige Positionierung zum Kino – sowohl vonseiten des Publikums als auch vonseiten der Filmverleihfirmen. Letztere haben ja teilweise manche Ware an die Streamingportale gegeben. Allerdings hat sich eindeutig gezeigt: Kino ist die absolute Nummer Eins.
Wie hat sich das gezeigt?
Wieser: Die Leute hatten die Schnauze voll von Filmen, die gestreamt wurden. Sobald wir im Kino wieder ordentliches Material bieten konnten, sind die Leute auch gekommen. Man hat das auch daran gesehen, dass bei Filmen, die zeitgleich im Streaming und im Kino gestartet sind, die Leute trotzdem wieder verstärkt ins Kino gegangen sind, wenn es die Auflagen zugelassen haben. Kino hat schon sämtliche Krisen mitgemacht und wir hatten Angst, wie es weitergeht. Aber diesbezüglich sind wir jetzt beruhigt: Kino wird immer die Nummer Eins bleiben.

Die Leute haben sich also nicht ans Streaming gewöhnt und verzichten auf die große Leinwand?
Wieser: Im Gegenteil. Man merkt das auch, wenn man sich die Abozahlen der Streamingbetreiber anschaut. Die stagnieren oder gehen leicht zurück. Aber das Ganze ist ja nicht neu. Es kam das Farbfernsehen, es kam der Videorekorder, dann die DVD, dann die Internetpiraterie und jetzt halt Streaming. Eine Konkurrenz haben wir immer, aber wir haben noch jeder Konkurrenz getrotzt und das wird auch jetzt wieder der Fall sein.
Wie schaut Ihre Prognose für die nächsten Monate aus?
Wieser: Mit Prognosen tu ich mir wahnsinnig schwer. Fakt ist, dass wir natürlich aufgrund der letzten zwei Jahre sehr lange und hart arbeiten müssen, bis wir irgendwann wieder auf dem Level sind, das wir gehabt haben. Das heißt, finanziell geht es uns allen natürlich nicht wahnsinnig gut, weil die Situation katastrophal war, diese Mischung aus keine Filme und Maßnahmen. Jetzt hoffen wir natürlich, dass sich Corona in welcher Variante auch immer so zurückzieht, dass ein normaler Kinobetrieb wieder möglich ist.
Das heißt?
Wieser: Das heißt, dass jeder ins Kino gehen kann, keiner eine Maske braucht und wir spielen können wie vor zwei Jahren. Aufgrund der ganzen Filme, die da sind, sind wir total optimistisch. Die Jahre 2020 und 2021 waren pandemiebedingt furchtbar. 2022 wird uns auch nicht retten, aber wir sind guter Dinge, dass es stetig aufwärts geht. Wenn wir die Pandemie in den Griff kriegen, bin ich sehr optimistisch, was Kino betrifft. Allerdings wird es nicht allen so gehen. In Vorarlberg ist die Situation zusätzlich auch wahnsinnig schwierig.
Inwiefern?
Wieser: Die Kinos in Bludenz und Feldkirch haben natürlich ein ganz anderes Einzugsgebiet als jene im Unterland, wo fünf Kinos innerhalb von fünf bis zehn Autofahrminuten erreichbar sind. Der Markt zwischen Lustenau, Lauterach, Bregenz, Dornbirn und Hohenems ist hart umkämpft und schwierig. Da wird sich in der Zukunft erst zeigen, wer sich wie und wo weiter halten kann. Aber Kino selber ist auf jeden Fall ein Zukunftsthema, davon bin ich voll überzeugt.