Lebt Tinas Familie bald wieder in Österreich?

Abschiebung von Familie aus Georgien vor einem Jahr war rechtswidrig.
Es ist ein Urteil, das das Leben von Tina und ihrer Familie erneut drastisch verändern könnte. Nachdem die Abschiebung der damals 12-Jährigen, ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester vor gut einem Jahr nach Georgien für einen öffentlichen Aufschrei und eine handfeste Regierungskrise gesorgt hatte, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nun entschieden, dass diese Abschiebung rechtswidrig war.
In dem Urteil, das der Kleinen Zeitung vorliegt, gibt das Gericht der eingebrachten Maßnahmenbeschwerde recht. Tina habe “ihre grundsätzliche Sozialisierung in Österreich erfahren”, sie habe daher einen “sehr ausgeprägten Bezug” zum Land. Zudem sei sie mit 12 Jahren nicht mehr im “anpassungsfähigen Alter” gewesen. Laut BVwG sei angesichts dieser Faktoren das Kindeswohl vor der Abschiebung nicht erneut geprüft worden, was “unrechtmäßig” sei. Wilfried Embacher, der Anwalt der Familie, zeigt sich gegenüber der Kleinen Zeitung zufrieden. “Recht muss Recht bleiben.”
BFA wehrt sich gegen Urteil
Wie es nun weitergeht, wird sich jedoch erst zeigen. Denn dass die Abschiebung für rechtswidrig erklärt wurde, hat per se keine Auswirkung auf die Aufenthaltsberechtigung der Familie. Laut Embacher müsste nach dem Urteil die Situation vor der Abschiebung wiederhergestellt werden, was bedeuten würde, dass Tinas Mutter und ihre Schwester aus Georgien zurück nach Österreich kommen könnten. Und aus Sicht des Juristen hätte man bei erneuter Prüfung des Kindeswohls der Familie damals weiter Recht auf Aufenthalt gewähren müssen. Tina ist seit Dezember dank eines Schüler-Visums wieder in Österreich, sie lebt bei einer Gastfamilie. Das Visum hat aber freilich ein Ablaufdatum.
Den Vorwurf der fehlenden Kindeswohl-Prüfung will man sich im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), das im Innenministerium angesiedelt ist, nicht gefallen lassen. Dort werde man “aus heutiger Sicht vermutlich eine Revision einlegen”, hieß es in einer übermittelten Stellungnahme. Denn es habe sehr wohl eine erneute Abwägung des Kindeswohls gegeben – unmittelbar vor der Abschiebung. Zudem habe die Mutter von Tina diverse Abschiebeversuche vereitelt, dies sei auch der Grund, warum Tina inzwischen aus besagtem “anpassungsfähigem Alter” sei. Das könne Kindern zwar nicht vorgeworfen werden, jedoch könne in einem Rechtsstaat laut BFA Fehlverhalten nicht belohnt werden. Auf dieses Fehlverhalten wird übrigens auch im BVwG-Urteil hingewiesen. Aber: Das Kindeswohl wiege schwerer. Das BFA hat nun sechs Wochen Zeit für eine mögliche Revision. Darüber entscheidet dann der Verwaltungsgerichtshof.
Einreiseverbot für die Mutter?
Anwalt Embacher zeigt sich dennoch zuversichtlich und sieht in dem Verweis der Behörde auf Fehlverhalten der Mutter den Versuch, diese schlecht zu machen. Er erwarte, dass das Innenministerium nun eine Lösung anbietet. “Falls nicht, starte ich eine Spendenaktion für Flüge für die beiden nach Wien.” Das Geld dafür werde man sich ohnehin von der Republik zurückholen und ein Visum brauche es für die Einreise nicht. Aus dem Innenministerium heißt es jedoch, dass Tinas Mutter neben ihrem Aufenthaltsverbot auch mit einem Einreiseverbot belegt wurde.
Tinas Familie in Georgien hat sich laut Embacher jedenfalls “wahnsinnig” über das Urteil gefreut. Das Mädchen selbst hat die Familie von der Neuigkeit aber abgeschirmt – “sie schreibt eine wichtige Schularbeit”.