Kriegsverbrecher sollen in Österreich vor Gericht

Ermittlungsteams dürfen dann auch in Ukraine Beweise sichern.
Der russische Überfall auf die Ukraine markiert auch in der österreichischen Justiz eine Zeitenwende. Unter dem Eindruck des brutalen Vorgehens der russischen Armee, die weder Zivilisten noch Spitäler und andere zivile Einrichtungen schont, sollen nach Informationen der Kleinen Zeitung bald auch in Österreich russische Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden können. Das ist bisher nicht möglich gewesen. Im Zuge des Ukraine-Kriegs haben diesen Schritt bereits Deutschland, Polen und Litauen vollzogen.
Das soll sich nach Auffassung von Justizministerin Alma Zadic jetzt ändern. In Österreich können Vergehen, die im Ausland stattfinden, nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn ein Bezug zu Österreich gegeben ist. Konkret werden im Justizministerium Überlegungen angestellt, ob nicht die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge, die sich hier niederlassen, den nötigen Konnex zu etwaigen Verbrechen in der Ukraine bilden könnten.
Konnex zu den ukrainischen Flüchtlingen
Aktuell werde im Justizministerium, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme, die der Kleinen Zeitung vorliegt „ein Erlass an die Staatsanwaltschaften ausgearbeitet, durch den die Voraussetzungen für die inländische Gerichtsbarkeit bei Kriegsverbrechen präzisiert“ werden. Dadurch soll „etwa die Frage, wann eine die inländische Gerichtsbarkeit begründende Verletzung österreichischer Interessen vorliegt, beantwortet“ werden. „Insbesondere wird geprüft, ob die Flüchtlingsankünfte in Österreich eine Verletzung österreichischer Interessen und damit eine inländische Gerichtsbarkeit für bestimmte Delikte begründen“ würden. Sobald der Erlass das Licht der Welt erblickt, könnten künftig auch österreichische Ermittlungsteam bei der Nachverfolgung von Kriegsverbrechen aktiv werden.
Bisher landeten Straftäter in Den Haag
Welche Verbrechen, die in der Ukraine begangen werden, künftig in Österreich geahndet werden sollen, ob Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, muss noch präzisiert werden. Bei den Balkan-Kriegen landeten alle Straftäter nahezu ausschließlich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Anfang März hat der dortige Chefankläger bereits Ermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine eingeleitet. Auch von Ukrainer begangene Vergehen gegen Russen können ebenso geahndet werden.