Drei Jahrzehnte mit und für Jugendliche

Klaus Hartinger
Offene Jugendarbeit Dornbirn feiert heuer ihr 30-Jahr-Jubiläum.
Es war mehr oder weniger nur ein Telefon, mit dem Martin Hagen vor 30 Jahren als Geschäftsführer und damals alleiniger Angestellter mit der Offenen Jugendarbeit Dornbirn (OJAD) begonnen hat. Der Verein war ein Jahr zuvor geründet worden. Sitz war die ehemalige Stadthalle, das heutige TiK in der Jahngasse, wo zuvor schon ein Vorläuferverein beheimatet war.
Hagen, ein Lustenauer, hatte damals ein Psychologie- und Pädagogikstudium mit Promotion und eine „kräftige Weltreise“ hinter sich. Einschlägige Erfahrungen hatte er im Jugendhaus in Lustenau gesammelt. „Im konstruktiven Dialog mit der Stadt gelang es dann, die Offene Jugendarbeit aufzubauen“, beschreibt er die Anfänge.

Anzeigen
Ressourcen und technische Ausstattung gab es anfangs kaum. Die erste Licht- und Tonanlage wurde mit Geld aus der Vereinskasse gekauft, das eigentlich für Hagens Gehalt vorgesehen war. Aber es ist gutgegangen: Der Zuspruch der Jugendlichen war von Anfang an riesengroß – wenngleich es in den Anfangsjahren auch einige Anzeigen wegen Lärm und Ruhestörung hagelte. Ein Mal musste sich Hagen deswegen auch vor Gericht verantworten.
Im Laufe der Zeit konnten neue Standorte gefunden werden. Zunächst übersiedelte die OJAD in die Schlachthausstraße in die Nähe des heutigen Standortes mit dem Jugendzentrum Vismut – und in die Höchsterstraße, dessen Treffpunkt Arena es nach wie vor gibt. Bis Mitte der 1990er-Jahre kamen erste weitere Mitarbeitende dazu.
Jubiläumsfeier 30 jahre OJAD
Freitag, 24. Juni, ab 16 Uhr, Jugendzentrum Vismut, Schlachthausstraße 11, Dornbirn.
Programm: Zeugnisverleihung Albatros Pflichtschulabschlusskurs, open mic – offen für alle, die ihre Erfahrungen und Erlebnisse aus 30 Jahren OJAD teilen möchten, Musik (Stereo Ida, Klaus Koblach, DJ X-Bert und andere), Kinderschminken, Feuershow, Graffiti-Jam, Zigarrenlounge, Cocktailbar, Billardturnier, Tischfußballturnier, Klima-Escape-Room und vieles mehr.
Infos und Anmeldung: www.ojad.at, anmeldung@ojad.at
Die Offene Jugendarbeit wird in Dornbirn mit einem privaten Trägerverein organisiert. „Ich halte es für eine Fehlentwicklung, wenn Städte und Gemeinden glauben, dass sie die Jugendarbeit in die eigene Hand nehmen müssen“, sagt Hagen zu jüngsten diesbezüglichen Entwicklungen in anderen Orten. Zweifel am guten Willen der dortigen Zuständigen hat er nicht. Vielmehr äußert er Befürchtungen, dass damit die Flexibilität abnehmen und die Bürokratie zunehmen könnte.
Mit der Stadt Dornbirn gab es immer ein gutes Einvernehmen, schildert er. Grund dafür ist aus seiner Sicht der Respekt. „Die Kennzeichen dieser Arbeit sind Wertschätzung und ein respektvoller Umgang – mit den Jugendlichen und den Systempartnern“, formuliert er sein Credo. Das habe sich in all den Jahren bewährt.

Ausbau
Mit den Jahren konnte die OJAD auch ihr Angebot ausweiten. Begonnen wurde mit einer Beratungsstelle für Jugendliche, Bildungs- und Beschäftigungsangebote folgten. Mit Studien und einer Vielzahl an Unterlagen musste jeweils der Bedarf und die Notwendigkeit nachgewiesen werden, erläutert Hagen – und es hat geklappt. Auch große Kulturfestivals wurden organisiert, sagt er. Er erinnert sich an eines, in dem im Rahmen eines internationalen Jugendaustausches mit drei doppelstöckigen Bussen nach Ungarn gefahren wurde.
Mehr als lobende Worte gibt es von Hagen für seinen Stellvertreter Kurt Nachbaur: „Er ist die Seele des Hauses.“ Die jeweiligen Aufgabengebiete definiert der Lustenauer mit einem Grinsen so: „Er kann rechnen, ich kann spinnen“, sprich, sich dem kreativen Teil widmen, während Nachbaur das Ganze ökonomisch zusammenhält.

Initiativen
Ein Landesdachverband und ein bundesweites Netzwerk der Offenen Jugendarbeit wurde in den folgenden Jahren gegründet – auf Initiative der Dornbirner, wie Hagen erzählt. Derzeit sind es rund 100 Jugendliche, die die OJAD wöchentlich im Bereich Beschäftigung und Bildung erreicht. Der Pflichtschulabschluss kann nachgeholt und bei Job Ahoi eigenes Geld verdient werden. Aber auch im Bereich Jugendkultur ist der Verein stark aktiv. Rund 120 Bands sind im Schnitt der vergangenen Jahre jährlich auf der Bühne des Hauses gestanden. An die 20.000 Kontakte habe man pro Jahr, schätzt Hagen – eine imposante Zahl.
Wirkliche Probleme oder Schwierigkeiten habe es in den 30 Jahren nicht gegeben, sagt der Geschäftsführer. „Wir wurden nie geschlossen und auch das Geld ist immer überwiesen worden“, fügt er mit einem Grinsen hinzu. Wichtig ist für ihn, das Potenzial der Jugendlichen zu sehen: „Wir arbeiten hier auch mit dem Prinzip der dritten und vierten Chance.“

Zwei Generationen
Weit über 300 junge Menschen haben bisher mit Hilfe der OJAD ihren Pflichtschulabschluss nachgeholt, noch viel mehr konnten eine Beschäftigung in der Privatwirtschaft finden. Beziehungen und Ehen nahmen im Jugendzentrum ihren Ausgang. Mittlerweile arbeiten schon die Kindern von Mitarbeitern in der Einrichtung. Es ist die Chancenungerechtigkeit, gegen die Hagen seit Jahrzehnten ankämpft, wie er sagt. Der Umstand, dass es in Österreich extrem schwierig ist, sozial aufzusteigen und ein höheres Bildungsniveau als die Eltern zu erlangen, wie zahlreiche Studien belegen.
Die OJAD arbeitet diesbezüglich auch mit Schulen und großen Bau- und Metallfirmen zusammen. So gibt es das Angebot LehreUp für Lehrlinge, die sich mit der Berufsschule schwer tun, deren Stoff zu vertiefen. Dieses soll nun auf den Bregenzerwald und auf Bludenz ausgeweitet werden.

Innovation fördern
Martin Hagen ist mittlerweile 63 Jahre alt. Zwei Jahre lang wird er noch arbeiten – sich aber auch dann nicht von der Jugendarbeit verabschieden. Er will dann weiterhin im Förderverein tätig sein, Pilotprojekte entwickeln, Innovation fördern („das war immer ein Steckenpferd von mir“) und Jugendliche – vor allem die, die es schwer haben – auch in Zukunft unterstützen.
Am 24. Juni wird nun aber das 30-Jahr-Jubiläum gefeiert – mit Musik und einem vielfältigen Programm (siehe Factbox).