Alle Jahre wieder: Weihnachten neu gedacht

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.
So sehr ich die Weihnachtszeit mag, so sehr kostet sie mich jedes Jahr aufs Neue graue Haare. Weihnachten ist eine emotionale Stresszeit. Wenn es im Geldbeutel immer so aussieht, dass man in normalen Zeiten über die Runden kommt, ist nun mal nicht viel Weihnachtszeitpuffer da. Eigentlich nicht schlimm, Weihnachten ist die Zeit der Liebe und nicht die Zeit des Kaufrausches. Mit Erwachsenen im Umfeld geht das noch so einigermaßen. Man kann sich innerfamiliär ausmachen, sich nichts zu schenken. Weil selbst „nur eine Kleinigkeit“ kann bei einem Treffen des familiären Haufens am Nachweihnachtstag bedeuten, dass die Hälfte der Kosten der Sportwoche meiner Tochter für Pralinen, Seifen und Co ausgegeben wird. Also keine Geschenke für Omis und Co. Es halten sich nur nicht immer alle dran und überreichen einem freudestrahlend das neueste Bio-Distel-Massageöl (womöglich noch rechtsdrehend) und ich würde am liebsten im Boden versinken vor lauter „Aber es war doch abgemacht, dass…“.
Aber das ist emotional noch zu verkraften. Was ich kaum aushalte ist, dass ich die Wünsche meiner Mädels nicht erfüllen kann. Dabei geht es gar nicht darum, dass sie darauf bestehen, lästig sind oder gar herumjammern. Es geht darum, dass ich es mir wünschen würde, wie ziemlich viele andere Menschen auf dieser Welt, ihnen diese erfüllen zu können. Nur geht es einfach nicht. Und dann bin ich zusätzlich auch noch sauer auf die ganze Flut an Werbung und Kaufesrausch. Ich befürchte, dass macht vielen Eltern, Mamis und Papis einen gehörigen Druck in der Vorweihnachtszeit
Ich frage mich immer, wie wir uns diesen nehmen könnten. Weihnachten ist irgendwann einmal die Zeit geworden, an dem einem das eigene leere Geldbörsel am meisten wehtut. Das sollte es nicht sein. Das gehört geändert. Ich finde, wir sollten Weihnachten als Fest zelebrieren, an dem man sich vor Augen führt, wie wichtig es ist, das ganze Jahr über aufeinander zu schauen. In der Familie, in der Gesellschaft. Und: Dann schenkt man sich das ganze Jahr über Weihnachtsgeschenke. Total spontan. Nicht auf einem Haufen, sondern schön verstreut. Am 24. Dezember sitzt man dann beim Weihnachtsbaum mit höchstens einem rechtsdrehenden Bio-Distelöl und erzählt sich, was man sich denn so das ganze Jahr über Gutes getan hat. Wär’ das nix? Ich wünsche euch, einen schönen dritten Adventsonntag. Ich geh’ jetzt gucken, was vom Wunschzettel der Mädels am 24. Dezember erfüllbar ist. Den Rest gibt’s im Laufe des Jahres. Punkt.
Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalistin. Sie lebt als alleinerziehende Mutter mit ihren Töchtern in Hohenems.