Allgemein

Das „Eine“ besser mit Tom als mit Justin

02.04.2023 • 16:19 Uhr
<span class="copyright">Neue </span>Kopfkino von Heidi Salmhofer
Neue Kopfkino von Heidi Salmhofer

Heidi Salmhofer mit ihrer Kolumne in der NEUE am Sonntag.

Weil das so ist mit der Zeit, dass sie fortschreitet ohne Rücksicht darauf, ob unsereins mit der Geschwindigkeit einverstanden ist, werden zwangsläufig die eigenen Kinder immer älter und meine Haare immer grauer. Ob mein weißer Haaransatz aber ein Zeichen der Zeit oder der Sorgen über die erwachsen werdenden Kindern zuzuordnen ist, lässt sich nicht einwandfrei deuten, ich tippe aber auf Zweiteres. Jetzt ist es nämlich so weit, – die Jungs werden immer „hotter“ und die Fragen über liebevolle Intimitäten und ab wann denn jene legitim sein, werden immer häufiger gestellt. Meine Bemerkung: „Zuerst muss man mindestens 15 Jahre in der Arbeitswelt tätig gewesen sein, bevor man überhaupt über Sex nachdenken darf!“, wird nicht ernst genommen. Also ist Offenheit gefragt, damit die Töchter möglichst wenig Bedürfnis nach Blödsinn haben. Jedenfalls wissen die zwei, dass sie sich nicht vor mir fürchten müssen, wenn sich ein Verliebtsein anbahnt und es womöglich zu den ersten Berührungspunkten kommt.

Wir sprechen über den Besuch beim Frauenarzt, über Verhütung und vor allem darüber, dass sich die zwei zu nichts drängen lassen dürfen. Das ist nämlich meine größte Sorge, dass sie auf rücksichtslose Burschen treffen, denen es weniger wichtig ist, wie es meinen Töchtern geht, als dass sie sich ihre kleinen Hörner abstoßen können. Wir leben leider noch immer in einer Gesellschaft, in dem wir geradeheraus unseren Mädchen sagen, wenn ein Junge sie sekkiert und gemein ist, ist er verliebt. Das ist weder für den Burschen noch für das Mädchen gut. Wir definieren hier Liebe und Zuneigung über Beleidigung und Machtdemonstration.

Das verwirrt. So bin ich in der Rolle, meinen Mädchen nahezu jeden Tag aufs Neue einzuprägen, jemand der gemein ist, ist ganz einfach gemein. Großartige Mädchen haben respektvolle, großartige Buben (oder Mädchen) verdient. Ich hoffe sehr, dass sich das irgendwo hinten in den Tiefen der sich entwickelnden, pubertierenden Gehirnganglien einprägt. Eine schwierige Aufgabe. Oft sind jene Jungs, mit denen gequatscht und gelacht wird und mit denen man sich wohl fühlt, nicht jene, die heranwachsende Girlies „heiß“ finden. Da schimmert noch immer zu viel Steinzeit-DNA hindurch. Der starke, fiese Mammutjäger wird dem gefühlvollen Höhlenmaler vorgezogen. Aber jedes Gespräch mit mir, jedes Darüber-Reden über Respekt und Liebe lässt das Mammut mit dem Jäger immer mehr in der Eiszeit verschwinden. Jedenfalls wird jetzt schon der nette Schauspieler Tom Holland dem Macho Justin Bieber vorgezogen. Wenn ich jünger wäre … Ersterer wäre auch total mein Typ.

Heidi Salmhofer ist freiberufliche Theatermacherin und Journalis­tin. Sie lebt mit ihren Töchtern in Hohenems.