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„Jede Saison ist ein neues Abenteuer“

02.04.2023 • 07:00 Uhr
Oliver Tschabrun (2.v.l.) und sein Team vom Walgaubad in Nenzing. <span class="copyright">Beate Rhomberg</span>
Oliver Tschabrun (2.v.l.) und sein Team vom Walgaubad in Nenzing. Beate Rhomberg

Im Nenzinger Walgaubad wird gerade an der kurz- und langfristigen Zukunft gearbeitet.

Bei fünf Grad Celsius liegt die Temperatur in Nenzing. Zumindest ist dies auf der Anzeigetafel im Walgaubad zu lesen. Auf den Bergen liegt Schnee. Aus tief hängenden Wolken fällt zwischendurch immer wieder leichter Regen.

An einen Sprung ins kühle Nass denkt wohl noch niemand. Doch Geschäftsführer Oliver Tschabrun und sein Team haben die neue Badesaison schon fest im Blick. In genau vier Wochen – am 30. April – werden sich die Pforten des Freibads öffnen, sodass die Vorbereitungen dafür derzeit auf vollen Touren laufen. Morgen startet zudem der Saisonkartenvorverkauf.

Verschnaufpause

Seit mehreren Jahren ist das Walgaubad das erste Freibad im Land, das seine Pforten öffnet. Anfang März fällt in Nenzing traditionell der Startschuss für die Vorbereitungsarbeiten. Zu Beginn verschaffen sich alle Beteiligten einen Überblick darüber, was zu erledigen ist. Zuerst wird dann vor allem im Innenbereich Hand angelegt. Es werden kleinere Reparaturen durchgeführt oder die eine oder andere Wand neu gestrichen. Danach folgt die Säuberung der Becken. Diese nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Beim Lokalaugenschein der NEUE am Sonntag diese Woche stand gerade das große Erlebnisbecken leer, um gründlich gereinigt und anschließend wieder befüllt zu werden. „Ende der übernächs­ten Woche werden wir wohl mit allem fertig sein“, erklärt der Geschäftsführer. Danach können alle noch einmal eine Woche verschnaufen, um für die folgende Saison Luft zu holen.

Auf den Bergen liegt noch Schnee, aber die Badesaison startet in weniger als einem Monat. <span class="copyright">Rhomberg</span>
Auf den Bergen liegt noch Schnee, aber die Badesaison startet in weniger als einem Monat. Rhomberg

Immer wieder gibt es Meldungen – etwa im vergangenen Sommer aus Deutschland oder jüngst von den italienischen Adria-Stränden –, dass ein Mangel an Bademeistern zu Schwierigkeiten führt. Im Walgaubad sind alle Stellen besetzt, doch Tschabrun weiß, wie herausfordernd es ist, gute Mitarbeiter zu finden. Denn die Tätigkeit im Freibad ist keine, bei der man von Montag bis Freitag jeweils zur gleich Zeit ein- und ausstempelt. Die Arbeitszeiten sind flexibel.

Hallenbad

Der Walgaubad-Chef hat den Vorteil, dass er seinen Bademeistern eine Ganzjahresanstellung anbieten kann. In den warmen Monaten kümmern sie sich um das Walgaubad, im ­Winter werden an mehreren Tagen pro Woche das Hallenbad und die Sauna in Schlins betrieben. Im Sommer spielt zudem das Wetter eine wichtige Rolle. Das Freibad ist zwar täglich geöffnet, allerdings hält sich der Besuch bei kühleren Temperaturen oder Regen in Grenzen. Dann sind natürlich weniger Bademeister im Einsatz als an heißen Tagen, wenn Tausende Besucher sich Abkühlung verschaffen wollen.

Auch die technischen Anlagen unter den Becken müssen für die Saison vorbereitet werden. <span class="copyright">Rhomberg</span>
Auch die technischen Anlagen unter den Becken müssen für die Saison vorbereitet werden. Rhomberg

Diese zeitliche Flexibilität und das Arbeiten am Wochenende sind nicht für jeden etwas. Das weiß auch Tschabrun. Umso mehr bemüht er sich, die Dienstpläne möglichst so zu gestalten, dass seine Mitarbeiter gerade im Sommer immer wieder Zeit zum Verschnaufen haben. Es ist sogar drin, dass die einzelnen Teammitglieder während der Schulferien selbst Urlaub nehmen können, um etwa mit ihrer Familie zu verreisen oder Zeit mit den Kindern zu verbringen. „Den größten Ansturm auf das Bad gibt es – wenn das Wetter passt – im Juni, bevor die Ferien beginnen“, weiß der Geschäftsführer. Nach der Zeugnisverteilung werde es dann vergleichsweise ruhig. Denn viele Familien würden dann auf Urlaub fahren.

Wasser kommt nicht nur aus dem Schlauch, sondern fällt an diesem Tag auch teilweise vom Himmel. <span class="copyright">Rhomberg</span>
Wasser kommt nicht nur aus dem Schlauch, sondern fällt an diesem Tag auch teilweise vom Himmel. Rhomberg

Wie wichtig es ist, nicht nur zu arbeiten, weiß Tschabrun aus eigener Erfahrung. Während er früher durchaus öfters sieben Tage am Stück im Freibad war, achtet er mittlerweile darauf, auch selbst Verschnaufpausen zu nehmen. Dafür hat er einen Camper am Bodensee stehen, wo er mit seiner Familie Zeit verbringt, wenn er einmal frei hat. Den Job als Bademeister und Geschäftsführer möchte Tschabrun dennoch nicht missen. Er liebt die Abwechslung an seinem Beruf und ist damit auch nicht allein.

Ein Bademeister gibt Einblick

Wie abwechslungsreich die Tätigkeit als Bademeister ist, fasst David, der heuer bereits seine siebte Saison im Walgaubad in Angriff nimmt, mit einem Satz zusammen: „Jede Saison und jeder Tag sind ein neues Abenteuer.“ Er ist als Quereinsteiger in den Job gekommen und war vorher unter anderem als 3D-Artist tätig. Als Bademeister ist er nun unter anderem Gärtner, Installateur, Chemiker, Sanitäter oder auch Psychologe, wie er und auch Geschäftsführer Oliver Tschabrun mit einem Lachen es formulieren.

Von vielen werde unterschätzt, welche Aufgaben die Mitarbeiter im Freibad zu bewältigen hätten. Die Becken zu überwachen, für Ordnung zu sorgen oder sich um Wehwechen oder Anliegen der Badegäste zu kümmern, sind nur ein kleiner Teil des Aufgabengebiets. Dazu müssen im Walgaubad auch drei Hektar an Grünfläche gepflegt werden. Unter der Erde haben die Bademeister ebenfalls viel zu tun. Denn verborgen vor den Blicken der Gäste liegt unter den Becken ein großer Keller, in dem die Technik untergebracht ist. Dort stehen große Pumpen und Filter, welche dafür sorgen, dass das Wasser ständig im Fluss und sauber ist. Auch die Anlagen zur hygienischen Aufbereitung des Wassers und weitere Einrichtungen haben hier ihren Platz.

Teamwork spielt im Freibad eine wichtige Rolle. „Jeder hat andere Stärken“, bringt es David auf den Punkt. Dem einen liege es eher mit Holz zu arbeiten und Reparaturen zu erledigen. Der andere kenne sich dafür besser mit technischen Anlagen aus. Entsprechend werde dies bei der Verteilung der Aufgaben berücksichtigt.

Besonders im Gedächtnis geblieben ist dem Bademeister die erfolgreiche Reanimation eines dreijährigen Kindes vor einigen Jahren nach einem Badeunfall: „Wenn einem die Ärzte und Krankenschwestern sagen, dass man richtig gehandelt hat, merkt man, dass man mit seiner Arbeit etwas bewirken kann“.

David bei der Reinigung der Rutschbahn. <span class="copyright">Rhomberg</span>
David bei der Reinigung der Rutschbahn. Rhomberg

Bürgerkraftwerk

Doch im Walgaubad ist mit dem Saisonstart nicht nur die kurzfris­tige Zukunft ein Thema. Es wird auch die längerfristige Zukunft geplant. So sind seit dieser Woche 198 „Sonnenscheine“ für jeweils 600 Euro im Angebot. Interessierte können sich mit dem Kauf an einem Bürgerkraftwerk beteiligen, das auf dem Dach des Walgaubads entsteht. Mit 198 Fotovoltaikmodulen mit einer Gesamtfläche von 360 Quadratmetern sollen 80.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt werden, um die Betriebskosten zu senken. Für die Käufer der „Sonnenscheine“ gibt es im Gegenzug sechs Jahre lang jährlich jeweils Eintrittsgutscheine im Wert von 120 Euro.

Auf dem Gebäude soll eine neue Fotovoltaikanlage entstehen. <span class="copyright">Rhomberg</span>
Auf dem Gebäude soll eine neue Fotovoltaikanlage entstehen. Rhomberg

Die Idee dafür ist bei den Verantwortlichen schon seit drei Jahren gereift. Etwa 60.000 Euro werden jährlich alleine für den Strom fällig, mit dem unter anderem die leistungsstarken Pumpen betrieben werden. Tschabrun rechnet damit, dass dieser Betrag heuer durch die gestiegenen Preise drei Mal so hoch ausfallen wird. Das Bürgerkraftwerk soll Entlastung bringen. Im kommenden Jahr soll zudem ein weiterer Schritt im Sinne der Nachhaltigkeit gesetzt werden: die Anbindung an das Nenzinger Fernwärmenetz.