Die Feiertage im Schatten der Gewalt

Ostern, Pessach und Ramadan fallen in diesem Jahr zusammen. Das sorgt im Nahen Osten zu einer weiteren Eskalation.
Die Menschen in Nahost wünschen sich derzeit „Ramadan Kareem“, „Pessach sameach“ oder „Frohe Ostern“. In diesem Jahr fallen die Feiertage aller drei Weltreligionen zusammen. Doch die Festivitäten sind überschattet von blutigen Auseinandersetzungen, Raketen und Terror. Während es eine Zeit des Friedens und der Freiheit sein sollte, eskaliert die Gewalt.
Feuerwerkskörper und Steine
Laut israelischer Polizei hatten sich am Dienstagabend Hunderte muslimische Jugendliche in der Al-Aksa-Moschee auf dem Jerusalemer Tempelberg verbarrikadiert, Feuerwerkskörper gezündet und Steine geworfen. Angeblich seien Versuche, es friedlich zu regeln, fehlgeschlagen. Schließend drang eine große Polizeitruppe in die Moschee ein und nahm rund 350 junge Männer fest. Am Mittwochabend spielte sich ein ähnliches Szenario ab.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu vom rechtskonservativen Likud betonte, dass Israel „den Status quo“ bewahre. „Islamistische Extremisten haben sich in der Moschee eingeschlossen und andere Gläubige daran gehindert, im Innern zu beten.“ Es ist nicht das erste Mal, dass während des muslimischen Fastenmonats Unruhen ausbrechen. 2019 führten gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern auf dem Tempelberg zum Krieg mit Gaza. Um das zu vermeiden, hatten sich Vertreter aus Israel und den Palästinensergebieten mehrfach zu Gesprächen in Ägypten getroffen. Vergebens, wie es scheint.
Hamas mischte sich in Konflikt ein
„In den Monaten vor dem Ramadan haben wir versucht, in Zusammenarbeit mit den USA, Ägypten, den Emiraten und anderen regionalen Partnern, genau diesen Moment zu vermeiden“, so der jordanische Außenminister Ayman Safadi. Mit Bezug auf Israels Einsatz in der Al-Aksa-Moschee fügte er hinzu: „Aber man kann nicht dasselbe tun und eine andere Reaktion erwarten.“
Bereits kurz nachdem Bilder aus Al-Aksa die Runde machten, mischte sich die im Gazastreifen regierende Terrororganisation Hamas in den Konflikt ein, und die ersten Raketen flogen gen Israel. Einen Tag darauf wurde der kleine Nahoststaat auch vom nördlichen Nachbarn Libanon aus angegriffen. Israel und der Libanon befinden sich seit 2006 offiziell im Kriegszustand. 34 Raketen und Mörsergranaten – so viele wie seit dem Ausbruch nicht mehr – seien auf israelisches Territorium gefeuert worden, wahrscheinlich von militanten Palästinensern im Süden, gab die israelische Armee (IDF) an. Eine höchst ungewöhnliche Eskalation, da es an der Nordgrenze Israels seit Jahren ruhig ist.
“Begrenzter Schachzug”
In der südlichen Region des Levantestaates erfordert jede Aktivität normalerweise die Zustimmung der Hisbollah. Auch wenn es den Anschein hat, dass die Schiitenmiliz die Raketen nicht direkt abfeuerte, autorisierte sie sie mit großer Wahrscheinlichkeit. Die Hisbollah will damit ihre Solidarität mit der palästinensischen Sache zum Ausdruck bringen, während die Hamas ihre Position als wichtigste palästinensisch-islamistische Widerstandsbewegung behauptet.
Gleichwohl schätzen israelische Sicherheitsexperten das Raketenfeuer als einen „begrenzten Schachzug“ ein. Die Ziele waren Ortschaften im Grenzgebiet und keine strategischen Einrichtungen wie Armeestützpunkte, was eine eindeutige Kriegserklärung gewesen wäre. So aber hielt sich auch die militärische Reaktion Israels bis Freitagabend in Grenzen, obwohl Netanyahu sagte: „Israels Antwort, heute und in der Zukunft, wird einen heftigen Preis verlangen“. Die Luftwaffe habe Vergeltungsangriffe auf „Stellungen der Hamas im Süden Libanons“ geflogen. In der Nacht flog Israels Armee zudem Angriffe auf den Gazastreifen. Kampfjets bombardierten nach Militärangaben unter anderem Waffenfabriken sowie Angriffstunnel der islamistischen Hamas. Ein Kinderkrankenhaus wurde nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums beschädigt.
Ein gefährlicher Funken
Die Friedensmission der Vereinten Nationen UNIFIL erklärte derweil, „beide Seiten geben an, dass sie keinen Krieg wollen“. Die Gruppe, die die Grenze zwischen Israel und Libanon überwacht, forderte alle Beteiligten auf, die Angriffe zu stoppen“.
Am Freitagmittag gab es weitere Schreckensnachrichten: Die Polizei meldete, bei einem vermutlichen palästinensischen Terroranschlag in der Nähe einer jüdischen Siedlung im Westjordanland seien zwei junge Israelinnen getötet und eine weitere Frau lebensgefährlich verletzt worden.
Es bedarf nur eines Funkens, und die Hardlinepolitik in Jerusalem, gepaart mit der Aggression der Hamas, könnte zu einem umfassenden Krieg führen. Während israelische Medien über französische und ägyptische Vermittlungsversuche für eine Waffenruhe berichteten, rief gleichfalls der IDF-Stabschef Herzl Halevi Reservisten strategischer Einheiten ein – kein gutes Omen für friedliche Feiertage.