Ausbeutung: Kauf von Wohnungen ungültig

Gerichte hoben in Zivilprozessen Kaufverträge auf: Immobilienhändlerfamilie nützte finanzielle Notlage von Eigentümerin aus und kaufte ihr mehrere Wohnungen zu billig ab.
Zahlreiche der von ihren verstorbenen Eltern geerbten Wohnungen verkaufte die verschuldete Erbin 2018 der Immobilienhändlerfamilie. Die Wohnungen blieben im Eigentum der Käuferfamilie.
Gernot Klocker meint, die Wohnungen seien deutlich zu billig gekauft worden. Die Immobilienhändlerfamilie habe die finanzielle Notlage der Eigentümerin wegen bevorstehender Zwangsversteigerungen von Wohnungen ausgenützt, sagt der Dornbirner Rechtsanwalt der Verkäuferin der Liegenschaften. Damit liege zivilrechtlich verbotener Wucher nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) vor. Deshalb seien die Kaufverträge ungültig und die Wohnungen zurückzugeben. Dazu führe seine Mandantin mehrere Zivilprozesse gegen die Immobilienhändlerfamilie.
Zwangsmäßige Rückerstattung der Wohnungen
Mittlerweile seien, so Klocker, von Zivilgerichten Kaufverträge von vier Wohnungen wegen Wuchers für rechtsunwirksam erklärt und die Rückgabe der Immobilien gegen die Rückzahlung der Kaufpreise angeordnet worden. Bei anderen Wohnungen seien die Klagen abgewiesen worden, weil kein Wucher vorliege. Keines der Urteile sei rechtskräftig.
Die NEUE berichtete über die gerichtliche Aufhebung eines Kaufvertrags über eine Wohnung in Dornbirn, die die Immobilien-GmbH der Familie nach Ansicht des Gerichts viel zu billig gekauft hatte. Abgewiesen wurde die Klage zu einer anderen GmbH-Wohnung.
Inzwischen sei die beklagte Käuferfamilie zur Rückgabe von drei weiteren Wohnungen wegen Wuchers verpflichtet worden, berichtet Klagsvertreter Klocker:
Bei einer Lochauer Wohnung, die einem minderjährigen Buben aus der Immobilienhändlerfamilie überschrieben worden sei, habe der damalige Verkehrswert 142.000 Euro betragen, der Kaufpreis aber lediglich 83.000 Euro. Deshalb habe das Oberlandesgericht Innsbruck dazu seiner Berufung gegen das klagsabweisende Urteil des Landesgerichts Feldkirch Folge gegeben.
Die Wucher-Klagsabweisung bei einer zweiten Wohnung des Minderjährigen in Wolfurt mit einem Kaufpreis von 67,5 Prozent des Verkehrswerts werde wohl beim Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien bekämpft werden, teilte der Anwalt der klagenden Partei mit.
In einem anderen Rechtsstreit nahm das Landesgericht Feldkirch Wucher beim Verkauf zweier Dornbirner Wohnungen an ein minderjähriges Mädchen der Käuferfamilie an. Der Kaufpreis belief sich nach Angaben von Klocker auf 61 Prozent und 62 Prozent des Verkehrswerts.