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Direkt vom Feld ins Supermarktregal

04.06.2023 • 23:00 Uhr
Klaus Kramer auf dem Gemüsefeld. <span class="copyright">Klaus Hartiger</span>
Klaus Kramer auf dem Gemüsefeld. Klaus Hartiger

Durch das neue Projekt Kramers Feld liegen im Spar in Doren Salate im Regal, die einen Kilometer entfernt wachsen.

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Regionalität definiert jeder anders. Im „Spar“ in Doren bedeutet regional, dass in den Supermarktregalen seit wenigen Wochen Salate angeboten werden, die einen Kilometer entfernt auf dem 0,5 Hektar großen Feld des Filialleiters Klaus Kramer angebaut werden. Er hat gemeinsam mit Claudia Gölz im März ein neues Projekt auf die Beine gestellt: Kramers Feld.

Wo der 50-Jährige am 17. März noch eine bis dahin verpachtete Fläche für Heuanbau pflügte und eine Woche später fräste, wachsen nun schon 9000 Pflanzen in diversen Grün- und Rottönen in Reih und Glied. Darunter sind 13 Kohl- und Salatsorten, wie unter anderem Kohlrabi, Lauch, Fenchel, Blumenkohl, Eisbergsalat, Brokkoli und Kopfsalat, die auf 700 Meter Seehöhe mit Blick auf die weiten Wiesen, Hügel und Berge des Bregenzerwaldes gedeihen. Sonst ist bei Bauernhöfen im Umfeld vorwiegend das Läuten von Kuhglocken zu hören. Kramer wollte gerade in einer derart stark von Milchwirtschaft geprägten Gegend aufzeigen, was mit geringen Mitteln für die Region möglich ist. „Mich hat es gereizt, in so einer Lage zu versuchen, Gemüse anzubauen“, berichtet der 50-Jährige.

Das Gemüsefeld ist nur 1 Kilometer vom Supermarkt entfernt. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Das Gemüsefeld ist nur 1 Kilometer vom Supermarkt entfernt. Klaus Hartinger

Dabei geht es ihm ums Tun anstatt nur ums Reden: „Ich nehme Dinge selbst in die Hand.“ So packt der Vizebürgermeister von Doren auch beim Setzen und Ernten und anderen anfallenden Arbeiten mit an. Nicht nur das Gemüse ist beim Projekt regional. Unterstützung bekommt er nämlich von Nicole Vögel, ebenso eine Dorenerin.

Die gelernte Floristin war eigentlich auf der Suche nach einem Job in der Sparfiliale. Dann hat sich alles gefügt. So ist sie momentan vor allem mit einer Hacke am Feld aufzufinden, wo sie den Boden von Unkraut befreit, das sich dort ebenso wohl wie der Salat fühlt. Gesellschaft bekommt sie ab und zu von Kramers Mutter, denn die juckt es in den Fingern, weil sie nicht nur zusehen will.

Feld als Ruhepol

Denn sie betrieb früher auch eine Landwirtschaft mit Rindern im Nebenerwerb. So ist das Arbeiten am Feld auch für Klaus Kramer nichts Neues, auch wenn er eigentlich in anderen Branchen bisher tätig war. Er hält auch Ziegen und bewirtschaftet Wald und Wiesen. Außerdem hat er schon als zwölf-jähriger Bub mitgeholfen beim Mähen. Für ihn sindeine derartige Arbeit und das Feld ein Ruhepol. Beim Mähen etwa sei er fokussiert und höre kein Handy mehr. „So leer ist der Kopf selten.“ Der ehemalige langjährige Bankfililaleiter wollte „schaffa“. „Neben dem Alltag ist das Arbeiten auf dem Feld befreiend“, sagt er.

Klaus Kramer besitzt auch Ziegen <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Klaus Kramer besitzt auch Ziegen Klaus Hartinger

Nicht nur das aktuelle Projekt, auch dass er vor fünf Jahren als Filialleiter den Sparmarkt übernommen hat, war für ihn ein wichtiger Beitrag für die Region. Denn für ihn war die fehlende attraktive Nahversorgung mit einem breiten Produktangebot und längeren Öffnungszeiten ein Anliegen: „Wir müssen es schaffen, dass wir die Kaufkraft an den Ort binden.“

Zur Attraktivität gehört auch regionales Gemüse im Sortiment. Die Erfahrung aus seiner Kindheit war ihm für die Pläne nicht genug. Er hat zusätzlich Wissen aus vier Semester Facharbeiterkurs für Gemüsebau der Landwirtschaftskammer bezogen. „Ich hab‘ im Leben noch nie ein breiteres Spektrum als in dem Kurs gelernt“, erzählt er begeistert. Darunter ist etwa Wissen über Boden, Nützlinge, Schädlinge, Maschinen, Pflanzenschutz und Rechnungswesen.

Eine neue Lieferung von frischem Gemüse. <span class="copyright">Klaus Hartinger</span>
Eine neue Lieferung von frischem Gemüse. Klaus Hartinger

So weiß er jetzt, was die Pflanzen brauchen. Geplant ist, dass saisonales Gemüse von März bis November jährlich in Fruchtfolge angebaut wird. Derzeit gibt es erst Salat zu kaufen, die anderen Gemüsesorten werden aber auch bald erntereif sein. Die Setzlinge, die in Höchst produziert werden, wachsen nämlich sechs bis acht Wochen auf dem von seinem Haus nur einen Katzensprung entfernten Feld, bis sie auf den Tellern der Dorer und Riefensberger landen. Diese werden an Kramers zwei Spar-Läden, an Schulküchen, ein Pflegeheim und die Gastronomie geliefert.

Spontaner Nachschub

Am 13. Mai hat er den ersten Salat mit Stolz verkauft. Ein spannender Moment: wie kommt das Gemüse an? Mittlerweile ist er erleichtert, die Resonanz war durchwegs positiv. Manchmal ploppen auf seinem Handybildschirm Nachrichten mit Lob über den Salat auf. Manche Kunden würden sogar überlegen, nun auf den eigenen teuren, zeitaufwändigen und von Schnecken heimgesuchten Hobbygarten zu verzichten. Die Nachfrage ist so groß, dass der Salat bereits Samstags um 10 Uhr ausverkauft war. Aber kein Problem: Kramer ist einfach schnell zum Feld geeilt und hat Nachschub geholt. Sonst wachsen die Salate meist noch bis am Vorabend oder in der Früh, bevor sie im Supermarkt dann im Regal landen. Frischer geht es kaum.