“Wenn die Nepalesen wegfallen, können wir zumachen”

Alpenverein Vorarlberg
Seit Jahren ist es schwierig, Pächter und Personal für Schutzhütten zu finden. Die Situation hat sich noch verschärft.
Acht Schutzhütten hat der Alpenverein Vorarlberg im Land. Der Großteil davon ist schon geöffnet. Die beiden letzten, die Tilisunahütte und die Totalphütte im Oberland, sperren am kommenden Wochenende auf. „Gottseidank haben wir alle Partner auf Schiene“, sagt Rainer Schlattinger, Geschäftsführer des Alpenverein Vorarlberg. So selbstverständlich ist das schon seit einigen Jahren nicht mehr.
Alle betroffen
Es wird nämlich immer schwieriger, für Schutzhütten – allein der Österreichische Alpenverein hat bundesweit über 240 – Pächter oder Pächterinnen zu finden. Das Problem sei in den vergangenen Jahren immer akuter geworden – schon vor der Coronapandemie – und betreffe den gesamten Alpenbogen, erklärt Schlattinger. Schweizer Kollegen oder der Deutsche Alpenverein würden sich genauso schwer tun.

Nachdem die Gastronomie schon im Tal kein Personal finden würde, sei es in den extremen Lagen, in denen sich die Hütten häufig befinden, noch um einiges schwieriger, stellt der Alpenvereinsobmann fest. Eine Situation, die sich zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung und des Fachkräftemangels auf allen Ebenen noch einmal verschärft habe. Drei- oder Vier-Tage-Woche oder einen Wellnessbereich, wie im Tal manchmal geboten, seien einfach nicht möglich. Daher würde sich der Fachkräftemangel in der Branche in den Bergen potenzieren. Blindbewerbungen für eine Pacht von „Träumern“ gebe es manchmal, erzählt der Geschäftsführer. „Aber wenn da steht ‚Es war schon immer mein Traum …‘ wird es schwierig“.
Viele Voraussetzungen
Pächter von Schutzhütten sollten nämlich einiges können. Grundvoraussetzung ist laut Schlattinger natürlich die Serviceleistung in Hinblick auf Kost und Logis. Aber ein Pächter muss auch handwerklich geschickt sein, weil nicht jederzeit Handwerker gerufen werden können. Zudem ist er zuständig für etwa Trinkwasser und viele andere Dinge und er ist ein selbstständiger Unternehmer. Sprich, wenn der Sommer verregnet ist, könnte es für den Pächter auch finanziell eng werden. „Es ist ein pickelhartes Geschäft, bei dem man Tag und Nacht gebunden ist.“ Alles Kriterien, die eine Pächtersuche nicht einfacher machen. Dazu würden – österreichspezifisch – noch eine Reihe von Behördenauflagen kommen, merkt Schlattinger an.
„Es ist ein pickelhartes Geschäft, bei dem man Tag und Nacht gebunden ist.“
Rainer Schlattinger, Geschäftsführer Alpenverein Vorarlberg
Auch die Arbeitszeit auf einer Schutzhütte ist kaum vergleichbar mit der im Tal. Meistens sind es 16-Stunden-Tage, sagt der Alpenvereinsgeschäftsführer. „Die Leute dort oben arbeiten im Sommer oft mehr Stunden als jemand, der das ganze Jahr über arbeitet.“ Früher hätten sich unter dem Personal noch viele Menschen aus anderen EU-Ländern, darunter Rumänien, die Slowakei und so weiter befunden. „Dieser Markt ist auch schon leer.“ Geblieben sind Nepalesen, die schon seit vielen Jahren auf österreichischen Schutzhütten arbeiten. „Wenn die auch noch wegfallen, können wir zumachen“, sagt Schlattinger.
Investitionen
Der Alpenverein habe in den vergangenen Jahren einiges investiert, um die Bedingungen zu verbessern, informiert Schlattinger. So seien teils Personalunterkünfte mit Duschen errichtet worden oder Investitionen in Materialseilbahnen getätigt. „Dennoch wird die Situation im gesamten Alpenbogen immer prekärer“, so die Erfahrungen. Nicht zuletzt komme aufgrund des Klimawandels auch die Problematik mit der Wasserversorgung dazu.

„Alte Hasen“ gehen. Früher habe es auch Pächter gegeben, die über 30 Jahre lang auf einer Hütte waren. „Aber diese ‚alten Hasen‘ verlassen langsam das Schiff“, erzählt der Geschäftsführer. Und waren es früher noch teilweise die Kinder, die dann übernommen haben, so ist das heute nicht mehr der Fall, weiß Schlattinger.
Unterschiede gibt es auch unter den Hütten. Da sind solche, die aufgrund von Infrastruktur oder Frequenz für einen Pächter wirklich interessant sind. Dann gibt es aber auch noch die kleinen, die weder über Zufahrt noch Seilbahn verfügen und wo vieles mit Rucksack hingetragen werden muss, wie bei der Sarotlahütte in Brand. „Da braucht es dann Leute, die wirklich vom Hüttenvirus infiziert sind“, sagt der Alpenvereinsgeschäftsführer. „Nur aus ökonomischen Gründen macht man das sicher nicht.“